Jerez de la Frontera/Spanien. Marc Lettau (37) ist beim VfL Bochum seit Januar mit zuständig für den Kader. Insgesamt stellt sich der Bundesligist noch professioneller auf.

Ein- bis zweimal täglich beginnt in Jerez de la Frontera das hellblaue Treiben. 23 Feldspieler tummeln sich auf dem Platz, wenn wie am sonnigen Donnerstagmorgen kein Spieler vor Ort ausfällt. Darüber hinaus ist Fußball-Bundesligist VfL Bochum mit drei Torhütern in Andalusien, wo noch bis Samstag für den Liga-Wiederbeginn gegen Hertha BSC am 21. Januar in den hellblauen Trainingsshirts geschwitzt wird.

Doch der Reisetross ist viel größer, der Profifußball hat sich in den vergangenen Jahren noch einmal professionalisiert, breiter aufgestellt, er ist komplexer geworden. Auch in Bochum. Co- und Torwarttrainer gibt es schon seit Jahrzehnten, mittlerweile sind Athletik- und Reha-Trainer dabei, Fitnesstrainer, Videonanalysten und eine große medizinische Abteilung. Die Liste ließe sich noch verlängern um die Social-Media-Abteilung des Klubs zum Beispiel.

Viele Aufgaben, mehr Personal: Auch Talentwerk hat Verstärkung

Auch Patrick Fabian hat sein Team verstärkt. Seit September ist der 35-Jährige als Bochums Sport-Geschäftsführer im Job. Einer seiner ersten Aufgaben nach turbulenten Anfangswochen, in denen er unter anderem Trainer Thomas Reis entlassen und Nachfolger Thomas Letsch installiert hatte: eine Strukturreform, um den Klub weiter zu professionalisieren, besser aufzustellen. Der Prozess ist im Gange, erste Zeichen hat Fabian bereits gesetzt.

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Auf der Agenda stand unter anderem schon die Neuausrichtung des Talentwerks, das nun mit Heiko Butscher, Timo Saviano und Dominik Horsch von einem Trio geleitet wird, mit Butscher an der Spitze im sportlichen Bereich.

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Von Ralf Ritter und Christian Woop

Austausch mit dem Trainer und Chefscout nach dem Training

Dieser Tage sieht man Fabian regelmäßig mit dem Telefon am Ohr über die Anlage des Fünf-Sterne-Resorts Barcelo Montecastillo schlendern. Etwa genauso oft steht er leicht abseits der Einheiten neben Marc Lettau und plant mit ihm seit dem 1. Januar 2023 Gegenwart und Zukunft des VfL. Nach den Einheiten und Testspielen tauschen sich die beiden direkt am Platz oft zudem mit Trainer Thomas Letsch und Chefscout Carsten Schüpmann-Haase aus.

Austausch nach dem Training in Jerez: (v.l.) Patrick Fabian, Carsten Schüpmann-Haase, Marc Lettau, Thomas Letsch
Austausch nach dem Training in Jerez: (v.l.) Patrick Fabian, Carsten Schüpmann-Haase, Marc Lettau, Thomas Letsch © WAZ | Ralf Ritter

Am Mittwochnachmittag sitzen Fabian und Lettau auf der Terrasse des Mannschaftshotels und sprechen darüber, wie sie Verein und Team modernisieren wollen. „Es ist gut, jemanden dabei zu haben, der den VfL noch nicht aus dem Innenleben kennt, der Erfahrungen in anderen Klubs gemacht hat und hier sein Wissen einbringen und uns so auch mal spiegeln kann“, sagt Fabian über den neuen Technischen Direktor. Denn: „Sonst droht meiner Meinung nach die Gefahr, bei einem Klub oder auch bei einem Unternehmen, sich im Alltag zu verlieren.“

Darum verließ Lettau Union Berlin

Lettau, 37 Jahre alt, hat zuletzt unter Geschäftsführer Oliver Ruhnert bei Union Berlin gearbeitet, also daran mitgewirkt, dass den Köpenickern der Aufstieg von der Zweiten Bundesliga bis in den Europapokal gelang. „Mir ging es insbesondere darum, dass ich hier in einer Position arbeiten kann, in der ich mich auf meine Stärken fokussieren und diese noch besser einbringen kann – das war bei Union Berlin anders“, erklärt Lettau die Beweggründe für seinen doch ungewöhnlichen Wechsel von der oberen Tabellenregion in die untere.

So erklärt Lettau seine Kernaufgaben in Bochum

Sein erster Eindruck vom „Arbeiterverein“, so Lettau, sei „sehr positiv – sportlich und zwischenmenschlich. Ich bin überzeugt, dass wir einen Kader sowohl in der Spitze als auch in der Breite haben, der Bundesliga spielen kann und die Klasse halten wird. Die Mannschaft zieht an einem Strang, auch das Trainer- und Funktionsteam kommt in der Konstellation gut miteinander aus.“

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Seine Kernaufgaben in Bochum seien, „in Zusammenarbeit mit Patrick den Kader zu planen, Spielerpotenziale und das Gesamtgefüge zu bewerten sowie die Schnittstelle zwischen Trainer, Staff, Scoutingabteilung und Geschäftsführung zu bilden“, sagt Lettau.

In Berlin hätten diese Themen zwar ebenfalls zu seinen Aufgaben gehört, beschäftigen aber musste er sich auch mit Themen, die „nicht unbedingt meiner Kernkompetenz entsprachen. Dadurch bin ich den Themen, bei denen ich meine, sie am besten bearbeiten zu können, nicht immer 100-prozentig gerecht geworden“, meint der frühere Jugendtrainer von Schalke 04.

Gemeinsam diskutieren - am Ende entscheidet Fabian

Klar ist: In Bochum übernimmt Lettau mehr Verantwortung als in Köpenick, sein Fokus liegt insgesamt mehr auf dem Sport, als Direktor hat er eine Führungsperson gleich unterhalb der Geschäftsführung mit Fabian und Ilja Kaenzig (Sprecher/Finanzen). Öffentlich auftreten allerdings wird in sportlichen Fragen weiterhin Fabian als sein direkter Vorgesetzter.

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Dem VfL-Sportchef ist das natürlich bewusst. „Am Ende liegt die Entscheidung bei mir“, sagt er etwa mit Blick auf Transfers. „Ich bin aber ein Freund davon, dass die Entscheidungen aus einer Diskussion heraus entstehen, wobei verschiedene Perspektiven betrachtet werden sollten. Der Weg dahin ist deutlich zielführender, wenn im Team entschieden wird.“