Dortmund. Der VfL Bochum brachte sich bei Borussia Dortmund selbst um den eigenen Lohn. Desolate Fehler sorgten für die klare 0:3-Niederlage.

Nach dem Schlusspfiff im 81.000-Mann-Rund namens Signal-Iduna-Park, nach dem 0:3 des VfL Bochum bei Borussia Dortmund, versammelte VfL-Trainer Thomas Letsch sein gesamtes Team mitten auf dem Rasen. Sie bildeten einen Kreis. Letsch redete in der Mitte auf sie ein, drehte sich gestikulierend nach links, nach rechts, im Kreis.

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Normalerweise lässt Letsch seine Spieler nach einem Spiel in Ruhe, alle sollen erst einmal die Emotionen runterfahren. In Stuttgart, nach dem 1:4 beim VfB, wich er erstmals von dieser Linie ab. Nun in Dortmund. „Heute“, erklärte Letsch auf Nachfrage dieser Redaktion, „hatte ich das Gefühl, dass ich der Mannschaft trotz der Niederlage und den Fehlern vor den Gegentoren Mut zusprechen muss. Es bleibt nicht viel Zeit bis zum nächsten Spiel am Dienstag gegen Mönchengladbach. Es ist wichtig, dass wir aus diesem Spiel das Positive herausziehen.“

Sein Team sei nach dem ganz schwachen 0:4 beim VfL Wolfsburg „viel kompakter, viel mutiger“ aufgetreten, sagte Letsch. „Wir haben viele Dinge gut umgesetzt, die wir uns vorgenommen hatten, haben die Partie lange Zeit ausgeglichen gestaltet.“ Der Trainer legte sowohl öffentlich als auch im Spielerkreis aber auch den Finger in die Wunden, die Bochum erneut zum klaren Verlierer machten. Entscheidende, tief klaffende Wunden sind es, die bisher offenbar nicht zu heilen sind. „In Dortmund hast du nur eine Chance, wenn alle 100 Prozent abrufen. Das haben wir in entscheidenden Situationen nicht gemacht.“

Zu große Abwehrfehler bei den Gegentoren

Letsch meinte das 0:1, als Ivan Ordets den Ball leicht verlor gegen den überragenden Yousouffa Moukoko, der dann erst mit Tempo und dann mit Wucht den Ball ins Netz hämmerte. Torwart Manuel Riemann bekam die Fäuste nicht hoch – in Top-Form hätte er den Schuss vielleicht gehalten. Vielleicht.

Letsch meinte das 0:2, als der BVB über rechts durchkombinieren durfte und letztlich Vasileios Lampropoulos Donyell Malen zum elfmeterreifen Sturz einlud. Der letzte in der Fehlerkette, meinte Letsch auch zum neunten Elfmeter gegen Bochum in dieser Saison, sei dann immer „die ärmste Sau“. Reyna verwandelte sicher. 0:2 nach nur 12 Minuten – ein Brett.

Letsch meinte das 0:3, das wohl vor allem. Riemann schlug den Ball in der Nachspielzeit (!) der ersten Halbzeit weit nach vorne. Zoller verlor ihn dort, Schlotterbeck beförderte ihn weit nach vorne – und Bochum hatte nur eine Ein-Mann-Absicherung (Danilo Soares) gegen zwei Dortmunder. Das lernt man eigentlich schon in der D-Jugend, dass man so maximal spielen kann in der fünften Minute der Nachspielzeit bei einem Ein-Tore-Rückstand. Und sonst niemals. Der Ball landete also bei Moukoko. Riemann versäumte es, rechtzeitig oder überhaupt in sein Tor zurückzukehren. Moukokos feiner 35-Meter-Heber war dann schon die Vorentscheidung. Auch, weil das Quäntchen Glück fehlte im Abschluss: Der fleißige Philipp Hofmann stand bei seinem sehenswerten Tor eine Fußspitze im Abseits, der sehenswerte Fallrückzieher von Simon Zoller landete auf dem Tornetz, es wäre jeweils das 1:2 gewesen. Und der Schuss von Jordi Osei-Tutu kurz nach der Pause nach klasse Pass von Kevin Stöger klatschte nur an den Pfosten. Der Rest war viel Bochumer Bemühen ohne Durchschlagskraft und viel Dortmunder Verwaltungsarbeit im Schongang.

15 Gegentore in den letzten vier Auswärtsspielen

„Fußball wird in den Strafräumen entschieden, das war der Knackpunkt“, sagte Letsch. „Da haben wir als Mannschaft eklatante Fehler gemacht, dem Gegner die drei Tore ermöglicht. Unsere Eigenfehler entscheiden das Spiel. Die müssen wir schleunigst abstellen.“ Es sind diese Fehler, die Bochum in dieser Saison ständig sprichwörtlich das Genick brechen, zuletzt gab es 15 Gegentore in vier Auswärtsspielen. Daheim indes gönnte sich Bochum zuletzt kaum Patzer, gewann gegen Frankfurt und Union Berlin -- und am Dienstag kommt Mönchengladbach. Das ist die nahe Hoffnung.

„Dann wollen wir es besser machen mit unseren Fans im eigenen Stadion“, meinte Kevin Stöger. Wie der Coach sahen auch die gefragten Spieler die Partie. „Hier war heute definitiv mehr möglich“, meinte Stöger. „Aber wir verteidigen immer wieder zu naiv. Wir müssen über die ersten beiden Gegentore gar nicht sprechen. Wenn du dann mit einem 0:2 in die Halbzeit gehst, wäre das okay gewesen. Das 0:3 hat uns dann das Genick gebrochen. Uns hat auch wieder das Glück gefehlt. Ich bin sehr, sehr froh, dass wir am Dienstag ein Heimspiel haben“, so der Österreicher. „Wir geben nicht auf, das wäre nicht der VfL Bochum“, sagte der Spielgestalter, der diesmal weiter vorne agieren konnte, weil Konstantinos Stafylidis und Anthony Losilla die Doppel-Sechs bildeten.

Bochum braucht gegen Mönchengladbach und Augsburg noch Punkte

Auch der diesmal nur eingewechselte Christopher Antwi-Adjei haderte mit den Gegentoren und dem Verlauf. „Diese Niederlage hätte in dieser Höhe nicht sein müssen, weil wir insgesamt eine recht ordentliche Partie gemacht haben“, meinte Antwi-Adjei, der im vorläufigen WM-Kader von Ghana steht. „Bei den drei Gegentoren im ersten Abschnitt haben wir Dortmund geholfen. Dortmund war heute effektiv, uns fehlt weiter zudem das Quäntchen Glück.“

Man habe, meinte der Flügelstürmer, „heute teilweise mitgespielt und gegen einen starken Gegner auch immer mal wieder die Kontrolle gehabt. Aber wir haben das Spiel zu früh aus der Hand gegeben. Ich bin froh, dass es am Dienstag wieder weitergeht, da können wir dieses Spiel heute vergessen. Wir wollen im Heimspiel wieder eine gute Leistung zeigen.“

Nach ersten Erkenntnissen kann Letsch dabei auf alle Spieler des BVB-Kaders bauen, auch wenn es nach diversen Zusammenstößen Probleme gab etwa bei Anthony Losilla, der aber durchhielt. Eventuell kehrt auch Verteidiger Erhan Masovic zurück. Anpfiff am Dienstag ist um 20.30 Uhr, am Samstag steigt in Augsburg das letzte Duell vor der WM-Pause. In diesen Spielen, meinte Letsch, wolle, müsse und werde sein Team noch punkten. Mit erst sieben Zählern wäre ansonsten die Aussicht auf den Klassenerhalt verschwindend gering in der langen WM-Pause. Auch, wenn Patrick Fabian, der Geschäftsführer Sport, erneut erklärte, dass es Möglichkeiten gebe, den Kader noch sinnvoll zu verstärken. Sie kämen dann wohl zu spät.