Bochum. Thomas Letsch steht mit seinem neuen Klub VfL Bochum vor einer schweren Aufgabe. Es geht Samstag zu RB Leipzig. Bei der Aufstellung pokert er.
Thomas Letsch strahlt bei seinen öffentlichen Auftritten jenen Mut und Optimismus aus, den man sich als Verein von einem neuen Trainer wohl nur wünschen kann. Zugleich gibt sich der redegewandte Nachfolger von Thomas Reis und Interimstrainer Heiko Butscher aber auch als Realist. Bei seiner Premiere als Chefcoach des sieglosen Tabellenletzten VfL Bochum geht es zum Champions-League-Klub RB Leipzig (Samstag, 1. Oktober, 15.30 Uhr/Sky).
Das ist mal eine Hausnummer für eine Premiere.
VfL Bochum: RB Leipzig für Thomas Letsch besser als BVB
Für Letsch ist Leipzig der Gegner, der anhand der „individuellen Qualität des Kaders nach dem FC Bayern die zweitbeste Mannschaft in Deutschland ist“, sagte er bei der Pressekonferenz am Donnerstag – vor dem Revierrivalen und Abo-Vizemeister Borussia Dortmund also, dem derzeitigen Tabellenplatz 12 von Leipzig (8 Punkte) zum Trotz. „Wir als VfL Bochum werden selten der Favorit sein, wenn überhaupt einmal“, so Letsch recht entspannt. „Wir müssen uns auf das konzentrieren, was wir trainiert haben und vermeintliche individuelle Defizite als Mannschaft ausgleichen.“
Der 54-Jährige hält in seiner ersten Woche den Konkurrenzkampf natürlich hoch, will auch Leipzig und seinem noch recht neuen Trainer Marco Rose (3:0 gegen den BVB, 0:3 in Mönchengladbach) keine Hinweise auf Ausrichtung und Personal geben. Letsch ließ und lässt auch deshalb von Mittwoch bis Freitag nicht-öffentlich trainieren. Was nicht heißt, dass der ehemalige Kollege von Rose in Salzburger Zeiten nichts sagt zu einzelnen Spielern. Bei einer Position hat er sich denn auch öffentlich bereits festgelegt: „Manuel Riemann“, so Letsch auf Nachfrage, „wird im Tor stehen.“
Die langjährige Nummer eins bleibt die Nummer eins. Über alle anderen Positionen kann man bis eine Stunde vor dem Anpfiff nur spekulieren. Letsch spricht von „14, 15 oder 16 Spielern“, die für die Startelf in Frage kämen. Sie sollen in jedem Fall aktiv verteidigen, unabhängig davon, ob sie höher angreifen oder, in Leipzig zu vermuten, tiefer gestaffelt gegen den Ball arbeiten sollen.
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Personell kann der Trainer zwar nicht ganz aus dem Vollen schöpfen, aber die Ausfall-Liste ist kleiner geworden. Von Jacek Goralski etwa ist Letsch „absolut positiv überrascht“. Seit Montag ist der polnische Nationalspieler wieder komplett im Mannschaftstraining. „Ich hatte nicht auf dem Schirm, dass er schon eine Option sein könnte“, sagte Letsch, der ja am Montag seine Mission Klassenerhalt begonnen hat in Bochum. „Aber er hat gezeigt, dass er eine sein kann.“
Der Trainer schränkte allerdings ein, dass der 30-Jährige nach viel Verletzungspech (Augen-OP, muskuläre Probleme) und erst zwei Liga-Einsätzen für den VfL gegen Bayern und in Freiburg noch nicht „100 Prozent Vollgas über 90 Minuten“ gehen könnte -- was einen Startelf-Einsatz nicht zwingend ausschließt. Letsch: „Er ist ein aggressiver Sechser, scheut keinen Zweikampf, stellt sich in den Dienst der Mannschaft. Er ist ein etwas anderer Typ als die anderen Kandidaten für seine Position, als Philipp Förster, Toto Losilla oder Patrick Osterhage“, so Letsch.
Konstantinos Stafylidis zurück beim VfL Bochum
Perspektivisch hat er sogar bald einen weiteren Spieler im Team, der im defensiven Mittelfeldzentrum ebenso spielen kann wie als Links- oder notfalls auch als Rechtsverteidiger. Konstantinos Stafylidis hat nach wochenlanger Verletzungspause (muskuläre Probleme) am Donnerstag wieder komplett mit der Mannschaft trainiert. „Das ist sehr erfreulich“, sagte Letsch. Das Spiel in Leipzig käme für Stafylidis aber noch zu früh. Vorerst keine Option sind zudem wie gehabt Verteidiger Dominique Heintz (muskuläre Probleme) und Außenstürmer Takuma Asano (Innenbandanriss im Knie).
Noch keine Option für die Startelf ist in Leipzig der Franzose Lys Mousset, der bisher noch gar keine Sekunde für Bochum gespielt hat. „Er hat noch Rückstand. Aber Lys hat sich in dieser Woche in eine gute Richtung entwickelt“, so Letsch. Wichtiger für Samstag: „Alle anderen haben den Eindruck hinterlassen, dass die Power da ist, von Anfang an zu spielen.“
Das gilt auch für Erhan Masovic, den Verteidiger, der nach seiner Länderspielreise mit Serbien erst am Donnerstag Trainer Letsch und seine Ideen kennenlernen konnte. Mit Serbien überzeugte er über die komplette Distanz gegen Schweden, „das gibt auch Selbstvertrauen“, sagte Letsch. Andererseits sei es natürlich nicht optimal, die ersten vier Einheiten unter einem neuen Trainer nicht dabei gewesen zu sein. Aber, so Letsch: „Auch Erhan ist eine Option für Samstag.“
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Die Mentalität, das hatte der Ex-Trainer von Vitesse Arnheim bereits zu Wochenbeginn gesagt auch mit Blick auf die bisherigen Spiele, sei intakt. Nach fünf Einheiten sieht er sich bestätigt. Mehr noch: „Die Mannschaft ist sehr offen für neue Ideen“, sagt Letsch. Sie sei nicht festgefahren in bisherigen Strukturen, das habe auch die Videobesprechung gezeigt. „Das“, relativierte er zwar, „ist Grundvoraussetzung. Es gibt uns aber auch ein sehr gutes Gefühl. Wir haben viele Möglichkeiten, auf einigen Positionen gibt es mehrere Kandidaten.“
VfL Bochum: Für Letsch hat Trainingsleistung mehr Gewicht
In Leipzig wird sich zeigen, wer sich in der ersten Trainingswoche besonders empfohlen hat, in welcher Grundformation Letsch sein Team auf den Rasen schicken wird. Der Trainer stellte klar, dass seine Eindrücke im Training mehr Gewicht haben für seine Planungen als die Leistungen in den bisherigen Spielen.
Aus den sechs Niederlagen und einem Remis in den ersten sieben Saisonspielen sieht er in punkto Neuanfang denn auch einen positiven Aspekt: „Das Schöne daran ist: Kein Spieler kann sich darauf berufen, sich einen Einsatz in den bisherigen Spielen auf jeden Fall verdient zu haben. Keiner muss gesetzt sein.“