Dortmund. Der VfL Bochum kam nach dem BVB-Spiel aus dem Feiern nicht mehr heraus. Zuvor herrschte Verwunderung wegen Armel Bella Kotchap.

Anthony Losilla hüpfte mit einer blau-weißen Fahne um den nackten Oberkörper immer noch über den Rasen, stürmte dann mit Simon Zoller, Manuel Riemann und Elvis Rexhbecaj im Sprint auf die immer noch pickepackevolle VfL-Bochum-Kurve im Fußballtempel des BVB zu. Sie schmissen sich auf die Knie, machten die Welle mit den Fans und Zeugwart Andi Pahl.

Einmal, zweimal, dreimal - während Thomas Reis und Sebastian Polter ihrem Job bei den TV-Interviews nachgingen gut eine halbe Stunde nach dem Ende dieser denkwürdigen Partie. Um Punkt 18 Uhr schubste Rexhbecaj Coach Reis, der sich für einen Moment mit einer Flasche Bier auf die Bank zurückgezogen hatte und still genoss, dann noch einmal zur vorerst letzten Welle an diesem 30. April 2022 im Signal-Iduna-Park.

Mannschaft macht ganz Bochum glücklich

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Aufsteiger VfL Bochum hat nach einem verrückten Revierderby voller Drehungen und Wendungen, Intensität und Tempo, drei Handelfmetern, sieben Treffern und zahlreichen Glanzparaden von Manuel Riemann den Klassenerhalt geschafft. Nach dem spektakulären 4:3 in Dortmund vor insgesamt 81.365 Fans ist Bochum zwei Spieltage vor Schluss Elfter und hat nach dem Remis von Hertha in Bielefeld sogar Rang 14 praktisch sicher. Und Thomas Reis gestand auf der Pressekonferenz eine Stunde nach der Partie, längst mit heiserer Stimme, dass er die Saison mit der „Krönung“ in Dortmund, so Reis, ein paar Tage sacken lassen müsse. Um zu begreifen, was er mit seinem Team erreicht hat.

Stolz war das Wort, das immer wieder fiel. „Ich spüre puren Stolz. Wir haben beim BVB gewonnen, haben hier alles in die Waagschale geworfen, haben alles investiert, sind nach Rückstand zurückgekommen. Ich bin stolz auf meine Mannschaft, die ganz Bochum heute glücklich gemacht hat.“

Liebeserklärung des Trainers an den VfL Bochum

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Denn „mit einem Sieg in Dortmund den Klassenerhalt zu schaffen, ist die Krönung der Saison“, sagte Reis. „Wir haben ein tolles Ziel erreicht. Als ich zum Verein gekommen bin, war der Verein am Boden. Wir haben uns dann als Mannschaft, als Verein gefunden. Das waren zwei Jahre im Traum. Es macht Spaß, bei diesem Verein zu arbeiten“, gab der Bochumer noch eine Liebeserklärung an seinen Herzensverein ab, bei dem er schon als Profi spielte, als Nachwuchstrainer gearbeitet hatte.

Eine Party, wo auch immer, war nicht geplant nach den Erfahrungen gegen Augsburg, als vor einer Woche ja schon alle mit einer Liga-Erhalts-Feier gerechnet hatten vor dem 0:2. Aber sie fing ja direkt nach dem Schlusspfiff an und wird so schnell auch nicht enden. „Wir haben eine spontane Truppe, die sicherlich etwas auf die Beine stellen wird“, sagte Reis. „Die Jungs haben sich das absolut verdient.“ Und er selbst werde sicherlich auch dabei sein. „Wir sind ein Team, haben auch den Aufstieg gemeinsam gefeiert. Wie lange es gehen wird, wird man dann sehen.“

Pantovic will durchfeiern

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Auch der Coach hat sich den Klassenerhalt ja mit seiner ruhigen, zugleich konsequenten und ehrlichen Art verdient. Er hat, wie schon im Vorjahr, es geschafft, ein Team zu formen, das auch Rückschläge gemeinsam wegsteckt. Unmittelbar nach dem Schlusspfiff rannte Reis völlig losgelöst zur Ostkurve, Arm in Arm mit Elvis Rehxbecaj. Rannte? „Ich würde das eher ein schnelles Gehen nennen“, schmunzelte Reis. „Das waren Emotionen pur, die pure Begeisterung, die pure Erleichterung“, gab er Einblick in seine Gefühlswelt.

Zwei Tage haben seine Profis nun frei. Milos Pantovic, der dem Spektakel mit seinem verwandelten Handelfmeter zum 4:3 die Krönung aufgesetzt hatte für den VfL, kündigte grinsend an, bis zum nächsten Training einfach mal durchzufeiern. Reis blickte aber trotzdem auch schon auf das nächste Spiel: „Wir haben gegen Bielefeld unser letztes Heimspiel und wollen bei aller Euphorie unseren Fans zuhause noch einmal zeigen, dass wir eine tolle Saison spielen.“

Darum spielte Bella Kotchap nicht

Wieder mit dabei sein könnte dann Armel Bella Kotchap. Der Stamm-Verteidiger der Rückrunde zählte überraschend gar nicht zum Kader am Samstag. Reis erklärte seine Entscheidung auf Nachfrage mit sportlichen Gründen. „Man schaut sich das Training an, die letzten Spiele. Ich war der Meinung, dass bei Armel der Fokus ein bisschen verloren gegangen war. Aber es gibt überhaupt kein Problem. Nächste Woche geht es wieder bei Null los“, so Reis.

Möglich, dass Bella Kotchap, in Dortmund bestens „vertreten“ von Erhan Masovic, gegen Bielefeld wieder auf dem Rasen dabei sein wird – und nicht nur bei der Party zum Klassenerhalt, zu dem auch der 20-Jährige viel beigetragen hat „mit einigen starken Spielen“, so Reis. Alle Spieler, die nicht im BVB-Stadion dabei sein konnten, sollen zur Party kommen.

Natürlich auch Robert Tesche, einer der Erfahrenen, der in der Rückrunde nur zweimal zum Einsatz kam, aber immer zum Kader zählte. Tesche feierte im BVB-Stadion mit den Fans ausgiebig den Klassenerhalt, und die Anhänger zeigten ein feines Gespür: „Ohne Tesche wärn wir gar nicht hier“, sangen sie – Tesche hatte mit einer bärenstarken Zweitliga-Saison den Aufstieg maßgeblich mit ermöglicht.

Und damit die Chance für den VfL, sich in der Bundesliga zu etablieren. Die zweite Erstliga-Saison in Folge jedenfalls hat Bochum sich verdient.