Bochum. Der Neuzugang soll den Angriff des Bundesligisten VfL Bochum flexibler machen. Stammspieler Polter bekommt dadurch neue Konkurrenz.

Tattoos sind an sich nichts besonderes mehr. Irgendwo hat gefühlt jeder eins, gerade Fußballer. Im Falle von Jürgen Locadia sind sie dann doch auffällig. Beim Training des VfL Bochum ist sein Kopf mit einer Pudelmütze bedeckt, Arme und Beine sind ebenfalls gut verpackt gegen die Wintertemperaturen. Am Hals aber gut sichtbar: sein großzügiges Tattoo. Es ist die berühmte Spitze des Eisbergs, denn der 28-jährige Stürmer ist fast am ganzen Körper tätowiert. Die Bilder erzählen Geschichten aus seinem Leben. Eines erinnert etwa an seine verstorbene Großmutter, bei der der Niederländer aufwuchs, weil seine Mutter immer lange arbeiten musste, wie er in einem Interview mit seinem Ex-Verein TSG Hoffenheim einmal erzählte.

VfL Bochum hofft auf „Win-WIn-Situation“

Die Geschichte mit Bochum fängt gerade erst an. Im Training sticht Jürgen Locadia noch nicht heraus. Seine Laufwege und Abschlüsse deuten aber seine Qualität an. Das Engagement in Bochum soll sich zu einer „Win-Win-Situation“ entwickeln. Der Stürmer, der in der Premier League bei Brighton & Hove Albion kaum zum Einsatz kam, kriegt eine neue Bühne. Und Bochum erreicht im Gegenzug mit ihm das Saisonziel. „Wir hoffen, dass er uns dabei hilft, die Klasse zu halten“, sagt Trainer Thomas Reis. Die technischen Fähigkeiten des Emmeners gefallen dem Coach. Bei ihm habe man „immer das Gefühl, dass er vor dem Tor eine Idee“ hat.

Vergangene Woche trainierte der Neuzugang Jürgen Locadia (links) zum ersten Mal in Bochum mit.
Vergangene Woche trainierte der Neuzugang Jürgen Locadia (links) zum ersten Mal in Bochum mit. © imago images/RHR-Foto | Tim Rehbein/RHR-FOTO via www.imago-images.de

Zuletzt schienen Jürgen Locadia die Ideen ausgegangen zu sein. Weder in den USA, wo er beim FC Cincinnati spielte, noch in England, ragte der Stürmer heraus. Aus Bochumer Sicht gut so, andernfalls wäre der Ersatz für den abgewanderten Soma Novothny nicht zu bezahlen gewesen.

Mit Depay und Wijnaldum bei Eindhoven erfolgreich

Es gibt aber auch zwei Phasen, die aufmerksam machen. Mit der PSV Eindhoven, bei der Locadia mit Memphis Depay (heute FC Barcelona) und Georginio Wijnaldum (heute Paris Saint-Germain) spielte, gewann er zwei Meisterschaften, den Pokal und den niederländischen Supercup. In 176 Spielen traf er 62-mal und bereitete 39 Tore vor. In Hoffenheim spielte er die Hinserie der Saison 2019/20, traf in zwölf Spielen viermal und bereitete einen Treffer vor. Aus seiner Hoffenheimer Zeit kennt er auch Bochums Rechtsverteidiger Konstantinos Stafylidis. Der Grieche arbeitet nach seiner Corona-Infektion an seiner Rückkehr. Am Mittwoch gingen beide Profis Arm in Arm vom Platz und scherzten. Demnächst könnten sie das auch auf dem Feld tun. Möglich schon am Samstag im Bundesliga-Spiel bei Mainz 05 (15.30 Uhr/Sky).

Und noch ein anderer Bochumer kennt Locadia aus dessen Bundesliga-Zeit. Sebastian Polter spielte damals bei Union Berlin. Nun teilen sie sich eine Position.

Offensive des VfL Bochum ist eine Schwachstelle

Polter (ebenfalls tätowiert) ist der kantige Typ, wie Reis jüngst bemerkte, Locadia der Techniker. „Das sehe ich ähnlich“, sagt Polter. „Ich habe ihn damals in der Bundesliga verfolgt und gesehen, was er für Qualitäten hat. Man sieht jetzt auch die Ansätze im Training. Er ist ein technisch sehr versierter Spieler und ein anderer Typ, als wir ihn in der Hinrunde vorne hatten. Diese Flexibilität wird uns in der Rückrunde guttun.“ Mit der neuen Konkurrenzsituation habe er kein Problem. „Für mich ist es ganz normal, Konkurrenz gehört dazu. Wenn man sich auf seiner Position mit zwei, drei Spielern messen kann, wird man nur stärker.“

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Polter ist nach dem Ausfall von Aufstiegsstürmer Simon Zoller die Stammbesetzung im Sturm, Silvere Ganvoula nur Joker. Polters sechs Tore können den 30-Jährigen durchaus zufrieden stellen. Allerdings kommt der VfL insgesamt nur auf 17 Treffer. „Wir sind im Prinzip immer noch in der Entwicklungsphase“, sagt Polter. „Ich glaube, dass viele von uns sich noch in der Bundesliga etablieren wollen und müssen. Ich habe schon ein paar Spiele auf dem Buckel, aber allgemein ist die Bundesliga noch für viele Neuland, das sie betreten.“

Für Jürgen Locadia ist die Bundesliga kein Neuland. Ob sie seine Bühne wird, wird sich zeigen. Und Wer weiß, am Ende hat er vielleicht auch ein Tattoo vom VfL Bochum.