Bochum. Gegen Köln schwach, gegen Stuttgart stark: die zwei Gesichter von Herbert Bockhorn. Der Bochumer spricht über sein Tief, Vertrauen und Leipzig.

Richtig gute Laune hatte Herbert Bockhorn nach diesem Training nicht. Aber auch keine schlechte Laune. Eben eine „gemischte“ Laune, meinte der Rechtsverteidiger mit dem Blick zurück auf das 0:0 seines VfL Bochum gegen den VfB Stuttgart.

Der 26-Jährige war in die Startelf zurückgekehrt, auf die Position, für die er vornehmlich geholt wurde vor gut einem Jahr vom englischen Zweitligisten Huddersfield. Hinten rechts. Und Bockhorn lieferte. Stabilisierte die Defensive, gewann viele Zweikämpfe, sorgte mit seinem Tempo und Tempodribbling für offensive Akzente. Er zwang gleich zwei Stuttgarter zu mit Gelber Karte geahndeten Fouls, weil er ihnen sonst davon gelaufen wäre.

Was fehlte, bei ihm wie beim gesamten Team: der letzte Pass. Die maßgeschneiderte Flanke. Freud und Leid eben.

Gute Laune, schlechte Laune? Bockhorn über das VfB-Stuttgart-Spiel

In der Struktur, der Leidenschaft, Zweikampfhärte, defensiven Stabilität überzeugten Bochum und Bockhorn. Was für gute Stimmung sorgte. Nach dem 0:7 in München „haben wir eine gute Reaktion gezeigt“, sagt der Ex-BVB-II-Spieler. „Wir waren gut im Spiel, aggressiv, haben wenig zugelassen. Das war das Wichtigste.“ Aber, und das sorgte für schlechte Laune nicht nur bei Torwart Manuel Riemann: „Wir haben leider zu wenig daraus gemacht“, so Bockhorn. „Am Ende nimmt man den Punkt dann mit, es hätten aber auch gerne drei sein können.“

Ein wenig überspitzt formuliert trifft dieses Bild des halbvollen oder eben halbleeren Glases auch auf Bockhorn selbst zu: Es fehlt noch die Konstanz, die Ausschläge nach unten sind zu groß. Vor allem in dieser, allerdings auch noch sehr jungen Saison.

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In Köln zeigt Bockhorn eine ganz schwache Leistung

Nach einer schwierigen Vorbereitung, in der Bockhorn das Trainingslager in Südtirol ohne eigene Trainingseinheit vor Ort in Gais nach einem positiven Corona-Testergebnis abbrechen und daheim in Quarantäne musste, war er zunächst nur Ersatz für Cristian Gamboa.

Nach zwei Einwechslungen gegen Wolfsburg und Mainz aber sollte seine Stunde schlagen, weil Gamboa seitdem wegen einer Verletzung am Arm ausfällt. In Köln aber lief bei Bockhorn fast nichts zusammen. Mit einem unnötigen Dribbling samt Ballverlust im Mittelfeldzentrum leitete er auch noch das späte, vorentscheidende 0:1 ein.

Bockhorn zeigt nach Einzelgesprächen mit Trainer Reis Einsicht

Bockhorn war offenbar in ein Loch gefallen. Trainer Reis kritisierte auch seine Trainingsleistungen und setzte ihn auf die Bank. Gegen Hertha und Bayern verteidigte Konstantinos Stafylidis, ein Linksverteidiger, auf rechts.

Es gab mehrere Einzelgespräche mit Trainer Reis. „Ich habe es ja ähnlich gesehen, ich war in diesen Wochen nicht optimal drauf“, sagt Bockhorn, ohne sein Tief genau erklären zu können. „Das ist manchmal so. Gründe kann ich auch nicht nennen, das wäre toll.“

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Sein Coach lobt seinen Außenverteidiger an dieser Stelle: „Er hat Einsicht gezeigt, das war gut“, sagt Reis. Und spätestens in der Woche vor dem Stuttgart-Spiel habe es Bockhorn im Training wieder „wesentlich besser gemacht“. So sieht es auch der Spieler: „Ich habe die Kritik angenommen und Gas gegeben“, sagt er.

Trainer Reis sah gegen Stuttgart „den Herbert, den wir kennen“

Das Vertrauen zwischen ihm und Trainer sei absolut intakt. Sein Comeback in der Startelf dient ja als bester Beweis dafür. Und Reis ist froh, dass Bockhorn nun sein gutes Gesicht gezeigt hat. „Gegen Stuttgart haben wir den Herbert gesehen, den wir kennen.“

Zu verbessern gibt es freilich immer etwas, immer noch viel. Im Zweikampfverhalten etwa, auch taktisch, in der Antizipation. Und, natürlich: beim letzten Pass, bei den Flanken, dem Thema der Woche in Bochum.

Konkurrent Gamboa gibt sein Comeback im Mannschaftstraining

Mit seinem Tempo und seinen Fähigkeiten im offensiven Eins-gegen-Eins aber sammelt Bockhorn auch Pluspunkte gegenüber seinem eigentlichen Konkurrenten als Rechtsverteidiger, Cristian Gamboa. Der Costa-Ricaner, ein Mentalitätsspieler, hat am Mittwoch erstmals wieder Teile des Mannschaftstrainings absolviert, als freier Mann ohne Zweikampfhärte. „Wir werden Gambo behutsam aufbauen“, sagt Reis. Nach der Länderspielpause, also beim ersten Schlüsselspiel in Fürth, könnte der 31-Jährige wieder eine Option sein. Nachlassen jedenfalls darf Bockhorn keineswegs.

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Das weiß er selbst, damit seiner guten Zweitliga-Rückrunde eine gute Bundesliga-Hinrunde folgt. Mit Verletzungspech in Bochum angekommen Ende Juli 2020, kämpfte sich Bockhorn heran, stand am 10. Januar gegen Regensburg erstmals in der Startelf. In der Vorsaison spielte er auf gleich vier Positionen: hinten und vorne rechts vor allem, aber auch hinten und vorne links. Seine Flexibilität bescherte ihm 24 Zweitliga-Einsätze, davon 17 von Beginn an. Im Meisterschafts-Saisonfinale, in den letzten sechs Partien, spielte er immer von Beginn an.

Bockhorn rechnet damit, gegen Leipzig von Beginn an zu spielen

In dieser Spielzeit aber sind die offensiven Flügel trotz des Ausfalls von Simon Zoller ausreichend besetzt. Bockhorn ist klar als Rechtsverteidiger vorgesehen. Und Bockhorn will zeigen, dass er auf dieser Position auch in Leipzig am Samstag bestehen kann. Bei der Partie gegen den VfB sei es für ihn darum gegangen, „erstmal wieder Sicherheit zu finden. Das war ein guter Schritt in die richtige Richtung“, sagt er. Aber es war auch nur ein Anfang.

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Leipzigs Offensivpower, das brutale RB-Pressing stellen eine noch größere Herausforderung dar, vor der Selbstvertrauen nicht schadet. Bockhorn, in der Öffentlichkeit ein eher zurückhaltender Typ, weicht der Frage, ob er damit rechne, beim Champions-League-Klub erneut von Anfang an zu spielen, jedenfalls nicht mit dem üblichen „Das entscheidet der Trainer“ aus. Er sagt: „Ich gehe davon aus, ja.“ Alles andere wäre auch eine faustdicke Überraschung.