Bochum. Eduard Löwen trifft auf seinen eigentlichen Arbeitgeber Hertha BSC. In Berlin erlebte er eine schwere Zeit. Beim VfL wird er wieder gebraucht.
Zu guter Führung gehört unweigerlich gute Kommunikation. Wer mit Menschen arbeitet, muss mit ihnen reden. So gesehen ist es nicht überraschend, dass sich Eduard Löwen mit tiefer, ruhiger Stimme und klaren Worten ausdrückt. Löwen klingt wie jemand, der weiß, dass er auf andere Menschen wirken kann. Dass es auf den Ton ankommt, der bekanntlich die Musik macht. Dafür haben sie ihn auch für eine Saison zum VfL Bochum geholt: Löwen, gerade mal 24 Jahre alt, soll mit seiner Bundesliga-Erfahrung den Aufsteiger stabilisieren. Der Mittelfeldspieler kennt seinen Auftrag: „Der Trainer erwartet von mir, dass ich die Mannschaft führe und leite.“
Lange sah es allerdings nicht danach aus, dass Löwen den VfL leiten kann. Weil er schlicht nicht da war. Nach seiner Olympia-Reise kämpfte er mit Verletzungen. Zum Heimspiel gegen seinen eigentlichen Arbeitgeber Hertha BSC am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) meldet er sich fit zurück: „Natürlich fehlt mir die Spielpraxis. Die kann man nicht durch Training wettmachen“, sagt der 24-jährige Leihspieler. Er will endlich spielen, so viel wie möglich.
Mit Frust zurück aus Tokio
Der Start in Bochum verlief für Löwen allerdings so, als würde sich die zurückliegende, schwierige Zeit bei Hertha BSC fortsetzen. Statt wie Niklas Dorsch für seinen neuen Arbeitgeber FC Augsburg auf die Dienstreise mit der DFB-Auswahl zu verzichten, entschied sich Löwen für den Trip nach Tokio. Erfahrung sammeln, ein wichtiges Rädchen im Team sein. Doch Löwen kehrte mit dem Frust des Vorrunden-Aus’ zurück und verpasste auch noch große Teile der Vorbereitung. „Es hat mich richtig gequält“, sagt Löwen über die lange Verletzungspause bis zu seinem ersten zaghaften Debüt beim 1:2 gegen Köln. „Ich kam zurück, ich war heiß und wollte spielen. Aber vielleicht ging das auch alles ein bisschen zu schnell. Ich kam her und hatte direkt große Ansprüche an mich, wollte direkt Gas geben.“
VfL-Trainer Reis bemüht sich um Diplomatie
Trainer Thomas Reis versucht, in dieser Angelegenheit diplomatisch zu bleiben. Auch wenn man seinen Sätzen anmerkt, dass er sich einen anderen Verlauf gewünscht hätte. „Er hat die Entscheidung getroffen, wir haben sie respektiert“, sagt der 47-Jährige rückblickend. Anders als andere Bundesliga-Vereine stellte der VfL seinen Spieler für die Goldhoffnung bereit. „Aus Trainersicht hätte ich ihn gerne hier gehabt. So hatten wir einen Spieler des VfL Bochum, der bei Olympia war.“ Und der jetzt selbst nicht recht weiß, ob das nun gut oder schlecht war. „Ich würde auf keinen Fall sagen, dass ich es bereue, zu Olympia gefahren zu sein“, sagt Löwen. Aber er habe sich auch gefragt, ob er es anders hätte besser machen können.
Die Motivation lässt sich womöglich aus seiner Vergangenheit ableiten. Löwen hatte zuletzt nicht mehr das Gefühl, gebraucht zu werden. Nach seiner Rückkehr vom FC Augsburg wollte er bei Hertha BSC an die Bundesliga-Leistungen anknüpfen. Doch die Saison, die unter Bruno Labbadia begann, war ein Reinfall für ihn: Nur auf sieben Einsätze kam der Mittelfeldstratege, in Summe 79 Bundesliga-Minuten. „Ich habe bei Hertha eine sehr schwere Zeit gehabt und wurde benachteiligt aufgrund meiner Leistungen, die ich im Training gezeigt habe“, sagt Löwen. Er sei dadurch in ein Loch gefallen, „völlig menschlich“.
Schwierige Konstellation bei Hertha
In Bochum findet er ein anderes Umfeld vor, spürt, dass er gebraucht wird, fühlt eine Mannschaft, die eine Einheit sein will. Der Hertha-Kader sei gespickt gewesen mit starken individuellen Spielern, die das Trainingsniveau anhoben, sagt Löwen. Die Konstellation sei aber auch schwierig gewesen. „Natürlich hat jeder sein Selbstbewusstsein und möchte sich zeigen, aber jeder muss sich in den Dienst der Mannschaft stellen und die Demut besitzen, von sich nicht höher zu denken als er ist.“ Reis sagt über Löwen: „Er wird uns definitiv dabei helfen, ein paar Punkte zu sammeln.“
Der Bochumer Kader erinnert Löwen an den des 1. FC Nürnberg im Aufstiegsjahr 2018. Damals habe er das richtige Selbstverständnis gehabt, „wo ich mir nicht viele Gedanken mache, sondern einfach mein Spiel mache.“ Für den Moment herrscht Ruhe im Kopf von Eduard Löwen, auch weil er Hertha BSC ausblendet. „Jetzt bin ich Spieler des VfL Bochum und will für Bochum das Maximum herausholen.“ Daran dürfen sich seine neuen Mitspieler orientieren.