Bochum. Er bringt gute Laune und Tempo mit – und muss noch draufpacken. Christopher Antwi-Adjei über seine kuriose Karriere und den Start beim VfL.

Das Training ist naturgemäß besonders intensiv in der Vorbereitung. Das spürt auch Christopher Antwi-Adjei, der neue Mann für den offensiven Flügel beim VfL Bochum. Seine gute Laune, die auch nach der Einheit ansteckend wirkt und ja auch wirken soll auf seine Kollegen, verliert er deshalb nicht. Im Gegenteil: Antwi-Adjei strahlt den Reporter geradezu an, als er von seiner neuen Mannschaft spricht.

Er schwärmt von der „hohen Qualität“, die er bei den ersten Einheiten, bei denen unter Trainer Thomas Reis ja immer auch der Ball im Spiel ist, sofort kennengelernt habe. Hier und da verspringt ihm selbst noch der Ball, hier und da setzt er aber auch bereits Akzente mit seinem Tempo, seinem starken eins gegen eins. „Die Mannschaft hat unheimlich viel drauf“, sagt der 27-Jährige, den alle nur „Jimmy“ nennen. „Das ist noch einmal eine andere Qualität als in Paderborn.“

Paderborn entdeckt ihn mit 23 Jahren bei einem Pokalspiel

In Paderborn ist er zum Profi geworden – und das nach einer Art Wink des Schicksals. Heimatclub, in jungen Jahren Wechsel zu einem Spitzenverein möglichst mit Nachwuchsleistungszentrum, Jugend-Bundesliga, Profivertrag: Diesen Weg nimmt das Gros der Profis von heute. Bei Antwi-Adjei, dem coolen Typen aus Hagen, lief es anders.

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Er spielte als 23-Jähriger noch für den damaligen Regionalligisten TSG Sprockhövel, stand im Westfalen-Pokalhalbfinale vor gut vier Jahren, wegen einer Bänderdehnung aber wollte er sich eigentlich schonen. Für den Abstiegskampf in der Meisterschaft, „das war doch wichtiger“, sagt er. Sein Trainer Andrius Balaika aber überzeugte ihn, die Schmerzen wegzudrücken, und ein bisschen auch gegen die Vernunft lief Antwi-Adjei auf gegen den SC Paderborn, den damaligen Drittligisten. Mit Bandage. Und mit viel Adrenalin. Sprockhövel zeigte beim knappen Aus nach Verlängerung eine starke, Antwi-Adjei eine offenbar beeindruckende Leistung.

Markus Krösche, der damalige Manager des SC Paderborn, rief zwei Tage später an. In dem Moment, als Antwi-Adjei bei der SG Wattenscheid 09 unter Trainer Farat Toku gerade zusagen wollte. „Ich musste nicht lange überlegen“, sagt er heute noch lachend.

Mit dem SC Paderborn startet Antwi-Adjei durch: Doppel-Aufstieg und Stammkraft

In Paderborn nahm seine Karriere schnell an Fahrt auf. Vier Jahre Stammkraft. Aufstieg in die 2. Liga. Aufstieg in die Bundesliga. 34 Partien in der Bundesliga, ein Tor gegen Freiburg. Am Ende stand trotzdem der Abstieg, und nach einem weiteren Jahr beim SCP unter seinem langjährigen Trainer Steffen Baumgart wechselte er nun nach Bochum.

Kontakt zum VfL gab es bereits seit Dezember vergangenen Jahres, erzählt Antwi-Adjei. „Bochum ist ein attraktiver Verein, der VfL hat eine überragende Saison gespielt, hat spielerisch Akzente gesetzt“, sagt er. „Auch gegen uns.“ Zumindest im Hinspiel, als der VfL mit 3:0 gewann. Das Rückspiel ging mit 3:0 aber an den SCP – und Antwi-Adjei erzielte das Tor zum Endstand.

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Das sagt Bochums Trainer Thomas Reis zu seinem schnellen Neuzugang

„Er hat uns im Rückspiel einen eingeschenkt, das hat seine Chance auf einen Platz in der Startelf bei uns natürlich verringert“, scherzt Trainer Thomas Reis, der früh von Charakter und Spielweise des 27-Jährigen überzeugt war. Antwi-Adjei wäre auch zum VfL gewechselt, wenn Bochum nicht aufgestiegen wäre. Sein Vertrag in Paderborn war ausgelaufen, in Bochum erhielt er einen Kontrakt über drei Jahre. „Er hat ein hohes Tempo, ein gutes Dribbling“, sagt Reis. Verbessern müsse er sich vor allem im athletischen Bereich, müsse „seine Körper noch mehr einsetzen. Dabei werden wir ihm helfen.“

Antwi-Adjei kann über beide Flügel angreifen, er selbst bevorzugt die linke Seite, dort hat er meistens gespielt, griff auch im Bundesliga-Jahr meist vorne links an. Tipps zur ersten Liga will er den Kollegen nicht geben, das wäre für ihn vermessen nach nur einer Saison in der Beletage – ein Robert Tesche etwa hat ja deutlich mehr Erfahrung. „Unser Ziel ist der Klassenerhalt, der steht über allem“, sagt Antwi-Adjei. „Ich will helfen, dass wir das gemeinsam schaffen und hoffe auf möglichst viel Einsatzzeit.“

Auf den offensiven Flügeln tobt bereits der Konkurrenzkampf

Auf den offensiven Flügeln hat der VfL seinen Kader, Stand jetzt, beisammen: Mit Gerrit Holtmann, der noch ein bisschen schneller ist, hat er ja in Paderborn schon in der Bundesliga zusammen gespielt – manchmal zusammen, im Zweifel aber erhielt Antwi-Adjei den Vorzug. Danny Blum, derzeit noch im Aufbautraining, ist natürlich ein Konkurrent, Neuzugang Takuma Asano sowieso. Auch Simon Zoller, zunächst eher im Sturmzentrum vorgesehen wie in der Zweitliga-Meistersaison, kann über den Flügel kommen.

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Im Zweifel kann auch der für die defensive Außenbahn eingeplante Herbert Bockhorn eine Reihe weiter vorne attackieren. Hinten dran sind derzeit noch Tarsis Bonga, Milos Pantovic oder auch Baris Ekincier, die einen schweren Stand haben dürften – oder den Klub noch verlassen bis zum Ende der Wechselfrist.

Die Familie spielt für Antwi-Adjei eine sehr große Rolle

Ein lockerer Typ aus der Region, offen und direkt, hungrig und flott: Bringt Antwi-Adjei seine Leistung, hat er das Zeug zum Publikumsliebling. Für einen Wechsel zum VfL sprach für den gebürtigen Hagener ja auch die Nähe zu seiner Familie, seinen Freunden. Seine Eltern stammen aus Ghana, wohnen seit Jahrzehnten in Hagen. Christopher Antwi-Adjei hat auch die ghanaische Staatsbürgerschaft, bestritt für Ghana bisher ein Länderspiel im November 2019. Zurzeit pendelt er noch zwischen Hagen und Castroper Straße, mittlerweile aber habe er in Bochum eine Wohnung gefunden, der Umzug steht an.

Und beim Oberligisten TSG Sprockhövel spielen mittlerweile beide Brüder: der jüngere Stanley und Zwillingsbruder Christian. Christian ist eine Minute älter als „Jimmy“, also der Große im Hause. „Er ist mein größter Kritiker, zugleich aber auch mein größter Supporter“, sagt Christopher Antwi-Adjei. Demnächst wohl in der Ostkurve.