Bochum. 24 Spieler setzte Trainer Thomas Reis in dieser Saison ein, viele hatten eine besondere Rolle. Die Aufsteiger des VfL Bochum in der Einzelkritik.

Der VfL Bochum hat den Aufstieg geschafft. Nach elf Jahren in der 2. Bundesliga geht es zurück in die Bundesliga. 24 Spieler kamen in dieser Saison beim Aufsteiger zum Einsatz. Es war eine Saison mit vielen Höhepunkten. Die Bochumer schafften die meisten Siege, spielten am wenigsten Unentschieden, erzielten die drittmeisten Tore, bekamen die zweitwenigsten Gegentore.

Es war eine Saison, zu derem Gelingen die jüngste Innenverteidigung und das älteste defensive Mittelfeld der 2. Bundesliga ebenso beitrug wie „Radio Riemann“ und das „ZZ-Top-Duo“. Zum Abschluss gibt es keine Noten, sondern für jeden Akteur eine Beurteilung.

VfL Bochum: Die Torhüter – Radio Riemann und der Held aus der zweiten Reihe

War auch von der Tribüne aus deutlich zu hören: Manuel Riemann, Torwart des VfL Bochum, verpasste die letzten Saisonspiele verletzt und feierte am Sonntag dann mit Schiene am Arm auf dem Rasen mit.
War auch von der Tribüne aus deutlich zu hören: Manuel Riemann, Torwart des VfL Bochum, verpasste die letzten Saisonspiele verletzt und feierte am Sonntag dann mit Schiene am Arm auf dem Rasen mit. © WAZ FotoPool | Udo Kreikenbohm

Manuel Riemann: Radio Riemann war auch in den letzten Spielen zu hören. Der Torwart, der mit einem Mittelhandbruch für die letzten Spiele der Saison ausfiel, versuchte dem Team auch von der Tribüne aus lautstark zu helfen. Zeigte in den Spielen davor, wie hilfreich es ist, wenn ein Torwart fußballerisch stark ist und als elfter Feldspieler agieren kann.

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Riemann zeigte zudem, wie wichtig es ist, dass ein Team einen richtig guten Mann mit gutem Stellungsspiel und Reflexen zwischen den Pfosten hat. Freut sich über die Erfüllung seines Traumes, in der Bundesliga spielen zu können. Die Fans und neutralen Beobachter dürfen sich darauf freuen, wenn Radio Riemann in der nächsten Saison auf den FC Bayern München und Radio Müller trifft. Könnte ein Radio-Highlight werden.

Patrick Drewes: Spielte zum Saisonende mal eben die Hauptrolle im Zweitliga-Film „Helden aus der zweiten Reihe“. Kam am 30. Spieltag nach neun Minuten im Spiel gegen Heidenheim für den verletzten Manuel Riemann ins Tor und lieferte sofort ab. Er spielte und hielt, als wäre er schon lange Stammkeeper und würde nie etwas anderes machen als seiner Mannschaft den Rücken frei zu halten. Hielt sein Team gegen Nürnberg und zum Abschluss auch gegen Sandhausen im Spiel, und zeigte, dass er nicht die Nummer 2, sondern die 1b im VfL-Tor ist.

Drewes fliegt! Als Ersatztorwart saß Patrick Drewes beim VfL Bochum meist auf der Bank – und war dann schnell auf Betriebstemperatur, als er gebraucht wurde.
Drewes fliegt! Als Ersatztorwart saß Patrick Drewes beim VfL Bochum meist auf der Bank – und war dann schnell auf Betriebstemperatur, als er gebraucht wurde. © firo Sportphoto | firo Sportphoto/Marcel Engelbrecht

Paul Grave: Spielte keine Minute und konnte nur im Training zeigen, dass er ein guter Torwart ist.

Die Verteidiger: Zwei Eigengewächse als neue Juwelen des VfL Bochum

Cristian Gamboa: Feierte den Aufstieg nach dem Sieg gegen Sandhausen so, wie er spielte: volle Pulle. Wobei seine Fiege-Flaschen immer sofort leer waren und Gamboa sich wunderte, warum er keinen Schluck nehmen konnte. Fiel für die letzten Spiele verletzt aus, war davor aber in der Viererkette gesetzt. Hat gefühlt immer gute Laune.

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Moritz Römling: Spielte zwölf Minuten gegen Heidenheim und wurde nach dem 14. Spieltag an den Regionalligisten Wuppertaler SV ausgeliehen.

Danilo Soares: War gegen Ende der Saison mal kurz raus aus dem Team. Hat jetzt daher nur gegen fast jeden Zweitligisten erneut gezeigt, dass er den Elastico kann und wie man gegnerische Konter stoppt, indem man seinen Körper zum richtigen Zeitpunkt gefühlt auf die doppelten Maße vergrößert. Hatte mit seiner Vertragsverlängerung vor der Saison ein echtes Ausrufezeichen gesetzt und freut sich jetzt bestimmt auch darüber, dass er nicht, wie es wohl möglich gewesen wäre, vor der Saison zum FC Schalke 04 wechselte. Freut sich auf die Bundesliga und darauf, auch den Bayern zu zeigen, dass er den Elastico kann.

Saulo Decarli: Erst dauerverletzt, dann Dauer-Reservist. Trainer Reis tat es besonders leid, dass er keinen Dauer-Platz im spielenden Team für ihn fand. Kam aber nicht an Bella-Kotchap und Leitsch vorbei.

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Herbert Bockhorn: Hat das Zeug zum Bochumer Kultkicker, schon allein wegen des Vornamens. War länger verletzt und brauchte daher einen längeren Anlauf, um ins Team zu kommen. Überzeugte dann aber links hinten und vorne und rechts hinten und vorne mit Tempo, Einsatzwillen und hoher Arbeitsrate. Spannend wird sein, auf welcher Position ihn Trainer Reis in der nächsten Saison ausprobiert.

Vasilios Lampropoulos: Der „Griechische Kühlschrank“ verlor seinen Stammplatz am achten Spieltag, da ging es gegen den Hamburger SV, an Armel Bella-Kotchap. Fiel dann über weite Strecken der Saison mit einer Muskelverletzung aus. Konnte dann nicht mehr zeigen, warum die Fans ihm in der Vorsaison den Spitznamen „Griechischer Kühlschrank“ gegeben haben.

Maxim Leitsch: Wirkt immer so, als würde er mit Ruhepuls spielen. Löste die meisten Aufgaben mit dem Motto „Gefahr erkannt, Gefahr gebannt“. Ist körperlich nicht so präsent wie sein Innenverteidiger-Kollege Armel Bella-Kotchap, dafür aber ein paar km/h schneller. Leitsch ist zudem Linksfuß und erfüllt damit schon einmal zwei wichtige Anforderungen an einen gefragten Innenverteidiger der Bundesliga. Darf auch demnächst mit der Nationalmannschaft versuchen, Europameister zu werden. Okay, es ist die U21. Aber immerhin. Einer der Spieler der Saison.

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Armel Bella-Kotchap: Räumte bisweilen in Zweikämpfen auf, als würde er als Oberstufenschüler gegen Grundschüler antreten. Könnte sich in der Bundesliga vielleicht angewöhnen, nach gewonnen Zweikämpfen den Zeigefinger herauszustrecken, seitlich hin und her zu bewegen, so wie es der NBA-Basketballer Dikembe Mutombo tat. Dazu sagte der immer noch: Not in my house. Spannend allerdings zu sehen, wie Bella-Kotchap gegen körperlich gleich starke Akteure wie Erling Haaland aussehen wird. Einer der Spieler der Saison.

Das Mittelfeld: Routine im Zentrum, Highspeed auf den Außen

Erhan Masovic: Der junge Serbe brachte es auf acht Spiele, zweimal stand er in der Startelf. Mit ihm von Beginn an auf dem Feld holte der VfL die maximale Punkteausbeute, konnte aber beides Mal nicht komplett überzeugen. Da Trainer Reis insgesamt wenig wechselte und auch wenig wechseln musste, weil nur wenige Spieler verletzt ausfielen, kam Masovic trotz seiner Siegquote nicht auf mehr Spiele. Hat noch einen Vertrag bis 2023.

Anthony Losilla: Schreibt in der Sommerpause zusammen mit seinem „best buddy“ im defensiven Mittelfeld Robert Tesche den Leitfaden der defensiven Mittelfeldspieler zu Ende. Ein Kapitel unter anderem: Abkürzungen auf dem Spielfeld, wie ich sie finde und nutze. Ein weiteres: Torgefahr auch im Alter. Im Vorwort fasst Losilla kurz zusammen, wie ein Kapitän in einer Aufstiegssaison vorangeht und wie es damals war, als die VW-Werbe-Abteilung bei ihm nachfragte, ob sie sein Fußballer-Motto „er läuft, und läuft und läuft“ übernehmen dürften. Zeigte mit seinem Tor zum 2:1 im letzten Saisonspiel, wie sehr er den Aufstieg und die Erfüllung seines Traumes wollte. Will nun in der Bundesliga mindestens in die Top-Ten der Spieler, die im Spiel am meisten laufen. Einer der Spieler der Saison.

Das Herz des Bochumer Spiels: Anthony Losilla und Robert Tesche, die routinierte Mittelfeldzentrale des VfL.
Das Herz des Bochumer Spiels: Anthony Losilla und Robert Tesche, die routinierte Mittelfeldzentrale des VfL. © Ralf Ibing /firo Sportphoto | Ralf Ibing

Thomas Eisfeld: Verdient sich mit YouTube-Tutorials demnächst ein paar Euro dazu. Erklärt darin unter anderem, wie man aus der kalten Hose mit dem ersten Ballkontakt Freistöße in letzter Sekunde gekonnt verwandelt. Ist noch auf der Suche nach der geeigneten Musik. „Chariots of fire“ von Vangelis könnte passen. Dazu in Zeitlupe der Freistoß mit Anlauf und Abschluss und dem Ball der in den Winkel fliegt. Eisfeld hätte gerne mehr gespielt. Hätte seine Sache auch sicher gut gemacht. Hatte das Pech, dass die Herren Tesche, Losilla und gerade Zulj ihre Sache aber auch richtig gut machten.

Raman Chibsah: Der Mann hat schon gegen Christiano Ronaldo gespielt. In dieser Saison durfte er selten zeigen, wie und ob er dem Team helfen könnte.

Robert Tesche: Der Mann weiß, wie man ohne viele Worte Kritiker verstummen lässt. Das defensive Mittelfeld des VfL sei zu langsam, hieß es nach der vergangenen und auch vor dieser Saison. Das defensive Mittelfeld des VfL Bochum sei nicht torgefährlich genug, hieß es außerdem. Tesche hörte sich das an, zuckte kurz mit dem Schultern, ließ ein fast nicht wahrnehmbares Lächeln durch sein Gesicht huschen und machte sich dann auf zu zeigen, dass das so nicht stimmt. Spulte ein irres Programm ab und schoss dann Tore, wenn das Team sie brauchte. Zeigte beim Torjubel, dass eine vernünftige turnerische Grundausbildung hilft.

Ansonsten zurückhaltend, wortkarg und treffsicher wie der Held im Italo-Western. Der Clint Eastwood im Team: Ein Aufstiegsheld ohne Allüren, der sich nach geschaffter Arbeit auf sein Pferd setzt und in den Sonnenuntergang reitet. Demnächst mit seinem „best buddy“ Anthony Losilla Buchautor. Tesche steuert noch die Kapitel „Schöner Jubeln“ und „Weniger reden, mehr machen“ bei. Einer der Spieler der Saison.

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Tom Weilandt: Spielte keine Rolle und keine Minute.

Danny Blum: Wenn der Mann nur nicht so verletzungsanfällig wäre. Ist einer der Unterschiedsspieler im Team. Er ist schnell, hat einen richtig guten linken Fuß und machte beim 3:1 gegen den Hamburger SV eins der schönsten Tore der Aufstiegssaison. Sein Vertrag verlängerte sich durch den Aufstieg automatisch. Kann nun in der Bundesliga für den VfL den Unterschied machen. Wenn der Mann nur nicht so verletzungsanfällig wäre.

Tarsis Bonga: Spät in der Saison durfte er zeigen, warum die Bochumer ihn aus der 3. Liga geholt haben. Er bekam seine Chance in der Startelf allerdings vor allem, weil zum Beispiel Danny Blum verletzt fehlte. Fiel vor allem dadurch auf, dass er trotz seiner Körperhöhe von 1 Meter 96 sehr schnell und trickreich unterwegs ist.

Er ist kaum einzufangen: Gerrit Holtmann war nicht nur der schnellste Spieler des VfL Bochum, sondern überhaupt der Schnellste im deutschen Profifußball.
Er ist kaum einzufangen: Gerrit Holtmann war nicht nur der schnellste Spieler des VfL Bochum, sondern überhaupt der Schnellste im deutschen Profifußball. © Getty Images | Alex Grimm

Gerrit Holtmann: Der schnellste Spieler der beiden deutschen Bundesligen. Wurde in einem Spiel mit mehr als 36 km/h geblitzt. Kam vor der Saison ablösefrei zum VfL. Legte im Saisonverlauf den Titel Chancen-Vernichter ab und ist am Ende der Saison hinter Robert Zulj der Bochumer Spieler, der am häufigsten auf das Tor geschossen hat. Zulj bringt es auf 71 Versuche, Holtmann auf 70. Schaffte es im Saisonverlauf immer häufiger, seine PS Tor bringend einzusetzen. Handelte sich die kurioseste Gelb-Rote Karte der Saison ein, als bei seiner Auswechslung den langen Weg zur Bank wählte. Saß später kaum noch auf der Bank und trug mit seinem Tempo und seinen Toren zum Aufstieg bei. Gibt demnächst in der Nationalmannschaft der Philippinen sein Debüt und wird dann der schnellste Nationalspieler der Heimat seiner Mutter. Einer der Spieler der Saison.

Milos Pantovic: Feierte mit dem FC Bayern München 2015 den Gewinn der Deutschen Meisterschaft und spielte dabei knapp eine Minute. Darf sich jetzt auch Meister der 2. Bundesliga nennen, spielte dabei in 28 Partien und erzielte drei Tore. Darunter das wichtige 1:0 am letzten Spieltag gegen Sandhausen. Er ist nicht der Zauberfuß, sondern eher der Arbeiter. Würde gerne häufiger, so wie gegen Sandhausen, eine der Hauptrollen im Team besetzen. Hat aber auch in Thomas Reis noch nicht den Trainer gefunden, der ihm diese Rolle dauerhaft zutraut.

Die Angreifer: ZZ Top versetzen Bochum regelmäßig in Ekstase

Robert Zulj: Dass er mit dem direkt verwandelten Freistoß den Schlusspunkt unter die überaus erfolgreiche Saison des VfL setzte, passte. Als er in der Vorsaison im Winter zum Team dazu stieß, war er einiges davon entfernt, austrainiert zu sein. Mit verbesserter Fitness gehörte er schon in der Vorsaison zu den auffälligeren Bochumern. Steigerte sich in dieser Saison zum absoluten Anführer und Antreiber. Bildete zusammen mit Simon Zoller das ZZ-Top-Duo, das die 2. Bundesliga rockte. Bester Vorbereiter der Liga, Bochums Mann für die meisten Torschüsse. Endgültig nur noch eine nette Schnurre der Aufstiegssaison, dass Trainer Reis ihm im Hinspiel gegen Greuther Fürth aus dem Kader strich. Einer der Spieler der Saison.

Traumduo: Spielgestalter Zulj und Mittelstürmer Simon Zoller machten für den VfL Bochum oft genug den Unterschied aus.
Traumduo: Spielgestalter Zulj und Mittelstürmer Simon Zoller machten für den VfL Bochum oft genug den Unterschied aus. © Ralf Ibing /firo Sportphoto | Ralf Ibing

Simon Zoller: Hat sich bei Athletiktrainer Jörn Menger bereits erkundigt, wie er seinen Bizeps noch etwas feiner definieren kann. Auch in der Bundesliga wird Zoller diesen Jubel, mit dem nach oben gekrempelten Trikotärmel zeigen können. Es ist längst sein Markenzeichen. Es ist aber wohl nur ein Gerücht, dass er heimlich für einen Start bei „Ninja Warrior“ trainiert und den Machern der Show mit seinem Jubel zeigen will, dass er längst das Zeug dazu hat, dort eine gute Rolle zu spielen. Zeigte im letzten Saisonspiel, warum das ZZ-Top-Duo Zoller/Zulj so oft so erfolgreich performte und warum er im Sturmzentrum dem Team am meisten hilft. Lief und lief und lief, lauerte auf Fehler des Gegners und bereite mit Auge und feinem Fuß das Führungstor von Milos Pantovic vor. Einer der Spieler der Saison.

Soma Novothny: Der Ungar hat schon in Ungarn, Italien, Südkorea und jetzt auch in Deutschland und in Bochum seine Spuren hinterlassen und Tore geschossen. Der VfL ist seine elfte Profistation. Zwischendurch war er in dieser Saison sogar mal kurz als Mittelstürmer gesetzt. Steuerte zwei Tore zum Aufstieg bei.

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Baris Ekincier: Spielte keine Minute und nur im Training eine Rolle.

Silvere Ganvoula: War zu Saisonbeginn nach seinen Leistungen und Toren aus der Vorsaison als erster Stürmer gesetzt. Verlor den Platz mit dem Spiel und dem 3:1-Sieg beim Hamburger SV an Simon Zoller und war danach „nur noch“ die erste Einwechseloption für den Angriff. Ließ sich laut Trainer Reis aber nie hängen und durfte sich regelmäßig in den Schlussminuten der Spiele für weitere Einsätze empfehlen. Schaffte das nur selten und blieb bei zwei Toren, eins aus dem Spiel heraus, eins vom Elfmeterpunkt.

Luis Hartwig: Mit unermüdlichem Einsatz im Training verdiente sich der jüngste Spieler im Team seine ersten Zweitliga-Minuten und später in der Saison seinen ersten Profi-Vertrag. Ist jetzt auch Meister der 2. Bundesliga. Machte „nebenbei“ und trotz Hotel-Quarantäne sein Abitur.