Bochum. Fünf Mal ist der VfL Bochum bereits in die 1. Liga aufgestiegen. 2006 klappte das erneut mit einem Sieg bei Alemannia Aachen.
Selten hat ein Trainer des VfL Bochum ein derart stabiles Bollwerk zustande gebracht wie Marcel Koller. Aber obwohl der Schweizer die Mannschaft 2005/2006 letztlich souverän als Zweitliga-Meister zurück in die Bundesliga führen konnte, war seine Arbeit von Beginn an umstritten. Noch im November 2005 – nach der 1:4-Heimniederlage gegen Alemannia Aachen – gingen sich die Befürworter und Gegner des ehemaligen Nationalspielers aus dem Land der Berge auf der Osttribüne an den Kragen.
Als schließlich der Aufstieg bereits am 30. Spieltag mit einem 2:0-Erfolg in – natürlich – Aachen klar gemacht wurde, bekam die Angelegenheit in weiten Fan-Kreisen den Status der Selbstverständlichkeit. Welch‘ ein Trugschluss. Es blieb schließlich, wie wir alle wissen, bis zum heutigen Tag der letzte Aufstieg der Bochumer.
Koller hatte nach seinem Köln-Intermezzo und einjähriger Pause Peter Neururer beim VfL als Cheftrainer abgelöst. Charakterisiert wurde er vor seinem Start im Ruhrgebiet in einer Überschrift der Ostsee-Zeitung mit wenig schmeichelhaften Worten: „In Bochum folgte dem Lautsprecher Peter Neururer der Leisetreter Marcel Koller.“ Dass dieser „Leisetreter“ länger als drei Jahre bleiben sollte, war damals noch nicht abzusehen. Obwohl die personelle Basis für die sofortige Rückkehr ins „Oberhaus“ durchaus vorhanden war.
Zdebel und Misimovic als herausragende Stützen
Mit Tomasz Zdebel, dem vielleicht cleversten „Sechser“, der jemals für den VfL gespielt hat, mit Marcel Maltritz, Sören Colding und nicht zuletzt mit dem technisch brillanten Zvjezdan Misimovic, der später mit Wolfsburg Deutscher Meister werden sollte, verfügte die Mannschaft über herausragende Stützen, die auch nach dem Abstieg geblieben waren. Verlassen hatten den VfL allerdings auch einige, wenngleich nicht unumstrittene, Stammspieler. Vratislav Lokvenc (Salzburg), Peter Madsen (Köln), Aleksander Knavs (Salzburg) und Raymond Kalla (Sivasspor) traten den Gang in die 2. Bundesliga nicht mit an.
Viele Fans empfanden den Koller-Stil zwar als langweilig, aber der Erfolg gab ihm recht. Zumal in dieser Saison die Statistik im Hinblick auf die Defensive einen besonderen Wert bekam: Unglaubliche 21 Mal spielte das Bochumer Team nämlich zu Null, fünfmal sogar in Folge. Nur 26 Gegentore ließ die Defensive zu, sieben weniger als Mitaufsteiger Cottbus und der SC Freiburg, der es nur auf Rang vier schaffte. Davon kann selbst der Rekordmeister Bayern München heutzutage nur träumen.
Pavel Drsek, vom MSV Duisburg gekommen, Maltritz, Heiko Butscher, Zdebel und andere leisteten ganze Arbeit vor immerhin drei Torhütern. Denn sowohl Rein van Duijnhoven, der sich den Job fast paritätisch mit dem nicht immer ganz austrainiert wirkenden Dänen Peter Skov-Jensen teilte, als auch Rene Renno, der dreimal einspringen musste, wurden gebraucht. Der holländische Publikumsliebling van Duijnhoven verabschiedete sich mit nur einer Niederlage in 16 Spielen von den Bochumer Fans.
Kick-Start mit elf Spielen ohne Niederlage
Der VfL hatte einen Kick-Start hingelegt und die ersten elf Spiele ohne Niederlage absolviert. Es folgte eine kurze Durststrecke mit drei Niederlagen in fünf Spielen, darunter der Tiefpunkt mit dem 1:4 gegen Aachen, als Zdebel fehlte und mit ihm die Struktur im Bochumer Spiel, und dem 0:3 in Siegen, doch aus der Bahn geworfen wurde die Mannschaft nicht. Der 4:0-Sieg in Burghausen nahe der österreichischen Grenze dürfte den unter erschwerten Bedingungen mitgereisten VfL-Fans nicht nur wegen der ellenlangen und problematischen Busfahrt durch den bayerischen Winter gut in Erinnerung geblieben sein.
Dieser deutliche Erfolg auf tiefgefrorenem Boden und bei eisigen Temperaturen war sozusagen die prompte Antwort auf die zwei Niederlagen zuvor. Joris van Hout, vor der Saison aus Mönchengladbach nach Bochum gekommen, traf zweimal, und Edu, nach früheren Irrungen und Wirrungen inzwischen von den Verantwortlichen klar als Stürmer identifiziert und entsprechend positioniert, erzielte eines seiner zwölf Saisontore.
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Die Konstanz der Mannschaft war erstaunlich. Drei Niederlagen gab es in der Hinrunde, ebenfalls drei in der Rückrunde. 32 Punkte holte das Team noch im alten Jahr, 34 Punkte waren es nach der Jahreswende. Es wären wohl unter dem Strich ein paar Zähler weniger gewesen, hätte Kollers Mannschaft nicht nach der einen oder anderen sehr mauen Anfangsphase im zweiten Durchgang noch ordentlich Dampf auf den Kessel gekriegt.
Wosz spielte keine große Rolle mehr
Zum Beispiel in Paderborn nach einer komplett unambitionierten ersten Hälfte, als „Zwetschge“ Misimovic nach dem Seitenwechsel zwei Treffer gelangen, darunter einer nach einem Sololauf, der jedem alpinen Slalomfahrer zur Ehre gereicht hätte. Da wollte Tomasz Zdebel, der in jungen Jahren bei Rot-Weiss Essen als hoffnungsvoller Stürmer seine Karriere begonnen hatte, nicht nachstehen, hämmerte den Ball in den Winkel und fabrizierte Traumtor Nummer zwei. Fertig war der 3:1-Erfolg – und niemand hatte mehr etwas zu meckern.
Keine große Rolle mehr spielte in dieser Saison Dariusz Wosz. 15 Spiele, oft nur Teileinsätze, kamen für ihn noch zusammen. Und auch wenn der langjährige Mittelfeldlenker der Mannschaft erst ein Jahr später, beim 2:0-Erfolg in Mönchengladbach ganz zum Schluss der Spielzeit seine Karriere mit einem Treffer würdig beendete, war doch bereits in der Aufstiegssaison ein Hauch von Abschied spürbar. Für Marcel Koller war das Kapitel Profifußball in Deutschland erst zweieinhalb Jahre nach dem Aufstieg vorbei. „Ich bin dem VfL Bochum nach der Erfahrung in Köln zu großem Dank verpflichtet“, sagte er noch im Mai 2009. Vier Monate später musste er gehen – nachdem die Mannschaft mit vier Punkten aus sechs Spielen mehr schlecht denn recht in die bis heute letzte Bundesliga-Saison gestartet war.
<<<ERNEUTER AUFSTIEG ALS MEISTER>>>
Der VfL Bochum feierte 2005/2006 erneut die Zweitliga-Meisterschaft - mit 66 Punkten. Auf 65 Zähler brachte es Alemannia Aachen, auf 58 Energie Cottbus. Alle drei Klubs richteten anschließend Aufstiegsfeiern aus, während der SC Freiburg (56 Punkte) als Viertplatzierter in die Röhre guckte.