Bochum. Der VfL Bochum wird mindestens dieses Wochenende auf Platz eins der 2. Bundesliga verbringen. Gegen Nürnberg übersteht der VfL kritische Phasen.
Ein lauter Jubel der Bochumer Spieler, Trainer, Betreuer, Verantwortlichen schallte durchs weitgehend leere Ruhrstadion und übertönte umgehend den langen Schlusspfiff. Der VfL Bochum feierte mit dem vor allem aufgrund der ersten Halbzeit verdienten 3:1 (1:1) gegen den 1. FC Nürnberg den vierten Zweitliga-Sieg in Folge, den fünften Heimsieg in Serie – und damit vorerst den Sprung an die Tabellenspitze. Nur der Hamburger SV kann vor dem letzten Hinrunden-Spieltag noch vorbeiziehen, wenn er am Montag gegen Osnabrück gewinnt.
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Es gibt viele gute Gründe, in Zahlen 32 Punkte, um mal so richtig abzuheben als Bochumer Fußballer. Doch Trainer Thomas Reis lebt vor, was die Profis längst verinnerlicht haben. Freude? Ja. Im Überschwang? Nein. Dass der VfL jetzt Spitzenreiter ist, sei „eine schöne Momentaufnahme“, sagte Reis nach dem „harten Stück Arbeit“ gegen den Club. „Natürlich dürfen die Jungs in der Kabine feiern, darf man sich freuen, dafür spielen wir Fußball. Wir wollen die Freude auch unseren Fans nach Hause bringen, die leider zurzeit nicht ins Stadion kommen können. Aber wichtig ist, dass wir immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkehren, auf dem Teppich bleiben“, erklärte Reis. „Die Liga ist eng, es entscheiden Kleinigkeiten. Heute waren die Kleinigkeiten auf unserer Seite.“
VfL Bochum hat das nötige Matchglück
Von diesem nötigen „Matchglück“ sprachen Trainer Reis und Sport-Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz auch am Samstag. Denn es lief in einem für die 2. Liga sehr ansehnlichen, umkämpften Spiel ja nicht alles rund.
Die Franken brachten gegen spielerisch stärkere, überlegene und letztlich konsequentere Bochumer ihre hohe individuelle Qualität (Robin Hack, Manuel Schäffler) mit ein in die Partie und dazu eine ordentliche, aber für Reis keinesfalls übertriebene oder gar unfaire Härte. Sie führten mit 1:0 und hatten beim Stand von 1:1 die Riesenchance zur Führung Mitte der zweiten Halbzeit. Manuel Schäffler, der Torschütze, vergab sie nach einem Fehler des ansonsten starken Armel Bella-Kotchap.
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Reis sprach auch diese Szenen sofort an, als er den „über die gesamten 90 Minuten gesehen verdienten Erfolg“ einordnete. Vor dem 0:1 gab es ein Foul an Robert Tesche, den Konter vollendete Schäffler. Reis: „Ich weiß nicht, ob es vorher ein Foul war. Aber auch dann musst du es besser verteidigen, das beschäftigt und ärgert mich viel mehr. Wir durften die Innenbahn nicht aufgeben und Robin Hack die Möglichkeit zum Flanken geben“, monierte der VfL-Trainer. Und bei Schäfflers Chance zum 1:2 nach Bella-Kotchaps Fehlpass, den Reis aber ansonsten für seine starke Leistung in den packenden Duellen mit dem „robusten, cleveren“ Schäffler lobte, „hätte die Partie auch in die andere Richtung gehen können“.
Doch der VfL schlägt in den letzten Wochen ja mit dem Selbstbewusstsein eines Seriensiegers stets prompt zurück. „Die Mannschaft hat wieder eine super Reaktion gezeigt, hat sich nicht beirren lassen“, lobte Reis, dass Robert Zulj kurz nach dem 0:1 zum 1:1 ausglich. Und am Ende schlug Robert Tesche zu. Der Mittelfeldmann, der sich dank konsequenter Trainingsarbeit „im zweiten Frühling befindet und sich deshalb auch im höheren Fußballalter belohnt“, schwärmte der Coach vom Charakter Tesches. Der 33-Jährige entschied mit seinen Treffern zum 2:1 und 3:1 (73./83.) die Partie und blieb gewohnt zurückhaltend: „Dass ich zwei Tore gemacht habe, freut mich, so konnte ich der Mannschaft gut helfen.“
Einen unterm Strich verdienten Sieg sah auch Schindzielorz: „Es war ein sehr enges, kompliziertes Spiel. Wir geraten durch einen Ballverlust in Rückstand gegen wirklich eine griffige, gut geordnete Mannschaft aus Nürnberg“, bilanzierte der Sport-Geschäftsführer. „Wir haben dann das Spielglück auf unserer Seite, dass wir zügig zum Ausgleich kommen. In der zweiten Halbzeit hatten wir eine sehr brenzlige Szene zu überstehen, die zum Glück nicht zum Gegentor führte, so dass wir nach hinten heraus noch zwei Tore erzielen und den am Ende nicht mehr gefährdeten Sieg einfahren konnten.“
Die letzten 15, 20 Minuten sind seit Wochen eine Stärke des VfL. Gerrit Holtmann, der mit seinen Tempodribblings und diesmal auch mehr Zug zum Tor, meist über die rechte Seite kommend, für viel Nürnberger Verwirrung sorgte, meinte: „In der zweiten Halbzeit stand die Partie auf Messers Schneide. Wir haben es in der Schlussphase überragend gemacht, die Tore von Tesche waren überragend.“ Holtmann musste zehn Minuten vor Schluss das Feld verlassen. Doch es gab schnell Entwarnung. „Er hatte zum Glück nur einen Krampf“, erklärte Trainer Reis und lobte den Außenangreifer für seine „vielen Sprints, für viel Laufarbeit“. Einem Einsatz des Flügelstürmers in Sandhausen nächste Woche Sonntag dürfte nichts im Wege stehen.
VfL Bochum hält den Ball flach
Danny Blum wird dann noch fehlen. Für ihn spielte Herbert Bockhorn auf dem anderen, meist linken Flügel: Stark in der ersten Halbzeit, nachlassend in Durchgang zwei und mitunter noch einen Haken zu viel schlagend. Der 25-Jährige zeigte aber erneut, dass der VfL auch und gerade offensiv auf ihn zählen kann. Milos Pantovic wurde daher wieder nur eingewechselt, und auch Pantovic hielt nach dem „sehr wichtigen, verdienten Sieg“ den Ball weiter flach: „Wir müssen den Fokus hoch halten und dann in Sandhausen einen guten Hinrunden-Abschluss hinlegen“, sagte er.
Eine Denke, die Manuel Riemann seit jeher verkörpert. Der Torwart, einer der unumstrittenen Anführer beim VfL, sagte in der ARD zum Thema Aufstieg: „Wir tun gut dran, von Woche zu Woche zu gucken, die Fehler bestmöglich abzustellen. Es kann noch so viel passieren in der Liga, wir haben noch nicht einmal Halbzeit. Wenn wir so weiter machen, werden wir am Ende im oberen Drittel stehen. Wozu es dann reicht, sehen wir am Ende. Die Mannschaft, die es schafft, am häufigsten als Team aufzutreten, wird es am Ende schaffen.“