Bochum. Mr. VfL plaudert aus dem Nähkästchen: Radioreporter Günther Pohl hat sein Buch „VfL für Klugscheißer“ vorgestellt. Ein Spaß nicht nur für Fans.

Die Geschichte mit dem USB-Fahrservice im Morgengrauen von Hiltrop zum Stadion mag Günther Pohl besonders gern. Als „Triumphfahrt auf dem Müllwagen“ hat sie Einzug in sein neues Buch gehalten. Bestimmt ist es „Nicht nur für die Ostkurve“, wie es auf dem Titel heißt. Stimmt. Die 104 Seiten „VfL für Klugscheißer“ dürften auch Leser außerhalb der blau-weißen Fußballfamilie erfreuen.

Günther Pohl ist 66, seit 1965 Fan des VfL Bochum und seit knapp drei Jahrzehnten dessen unverkennbare Stimme. Als Sportjournalist und Radio-Bochum-Reporter habe er seit 1990 kein einziges Pflicht- und Freundschaftsspiel verpasst, betont er stolz. Mehr als 1000 waren es bisher. Stoff für unendlich viele Geschichten auf und abseits des Fußballplatzes. 51 davon hat Pohl aufgeschrieben. „Populäre Irrtümer und andere Wahrheiten“ rund ums Schmuckkästchen anne Castroper verheißt er den ebenso leidgeprüften wie treuen Vaueffellern. Motto: „Keine Titel, wenig Siege, trotzdem unsere große Liebe.“

An die Geschichte mit der Müllabfuhr erinnerte Günter Pohl (li.) im Gespräch mit UEFA-Cup-Trainer Klaus Toppmöller.
An die Geschichte mit der Müllabfuhr erinnerte Günter Pohl (li.) im Gespräch mit UEFA-Cup-Trainer Klaus Toppmöller. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Warum Hans Walitza beinahe ein Königlicher geworden wäre

Liebe durchdringt sämtliche Storys von „Mr. VfL“. Weniger im ersten Teil des Bandes, der von der (gemeinhin bekannten) Gründung, Chronik und Tradition des VfL kündet. Dafür umso mehr in den Kapiteln, in denen Pohl aus dem Nähkästchen plaudert, mit überlieferten und selbst erlebten Episoden aufwartet, die man so tatsächlich noch nie gehört und gelesen hat.

Da ist zum Beispiel

– der ominöse Nieren-Fund. 1972 steht VfL-Stürmerstar Hans Walitza kurz vor einem Wechsel zu Real Madrid. Beim Torjäger der Königlichen, dem Brasilianer Santillana, war bei einer Untersuchung nur eine Niere diagnostiziert worden. Walitza soll die Lücke bei Real kurzfristig füllen. Doch bei einer Nachuntersuchung wird bei Santillana doch noch die zweite Niere entdeckt. „So blieb Real für unseren Hannes nur ein Traum“, berichtet Günter Pohl.

– der Damen-Besuch im Trainingslager im Allgäu. Im Mannschaftshotels erkundigen sich zwei leicht bekleidete junge Frauen nach zwei (im Buch nicht benannten) VfL-Spielern – just, als Trainer Rolf Schafstall an der Rezeption auftaucht. Die Damen entschwinden. Schafstall klopft oben bei den Jungs an: „Hier ist euer Trainer. Ihr habt Besuch!“ Nur mit Mühe lässt sich Schafstall überreden, die Kicker nicht sofort nach Hause zu schicken.

Berlin-Schlachtruf wird im Ruhrstadion erfunden

– die Trikot-Rückgabe. Andrzej Iwan schießt den VfL mit seinem 2:0 gegen den HSV ins Halbfinale des DFB-Pokals 1988. Der polnische Nationalspieler schenkt Günther Pohl im freudigen Überschwang sein Trikot. Es gibt damals aber nur zwei Kluften. Pohl muss das Leibchen zurückgeben.

– die Schlachtruf-Geburt. Ebenfalls im Pokal-Halbfinale 1988 skandieren die VfL-Fans auf der Osttribüne im Gefühl des sicheren Sieges erstmals „Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“ „Ein Schlachtruf für die Ewigkeit war geboren“, so Pohl.

– die Miss-Wahl. Bei einer Türkei-Reise kehrt die Mannschaft abends in ein Varieté ein. Dort wird die „Miss Istanbul“ gekürt. VfL-Spieler Dirk Eitzert tritt mangels Frauen in der Reisegruppe an – und gewinnt!

– die Prügel-Strafe. Nicht selten rauscht der langjährige VfL-Präsident Ottokar Wüst nach einer schlechten ersten Halbzeit in die Kabine. „Da haben wir von Ottokar auch schon mal eine gewischt bekommen. Da setzte es Backpfeifen“, erinnert sich Ata Lameck.

Müllwagen bringt VfLer zurück zum Stadion

Und was war mit dem Müllwagen? Nach den UEFA-Cup-Triumphen 1997 feiert das Team in der Disco „Sam’s“. Das Katerfrühstück wird am frühen Morgen in einer Metzgerei in Hiltrop aufgetischt. Dort kehrt wenig später auch die Frühschicht des USB ein. Spontan bieten die Müllmänner Trainer Klaus Toppmöller und den Spielern Funny Heinemann und Katze Zumdick an, sie zum Stadion mitzunehmen, wo ihre Autos stehen. Auf den Trittbrettern von zwei Müllwagen geht’s für das VfL-Trio zur Castroper Straße. „Schade“, bedauert Augenzeuge Günther Pohl, „dass es damals noch keine Handyfotos gab.“