Stuttgart. „Die Serie muss weitergehen.” Mit diesen Worten verabschiedete sich Trainer Heiko Herrlich vom VfL Bochum aus dem Presseraum des VfB Stuttgart. Christian Fuchs erzielte kurz vor Schluss das 1:1.
Dreimal in Folge hatte der VfL Bochum nun nicht mehr verloren, das gab es in dieser Saison bisher noch nicht. Ob Herrlich in diesem Moment daran gedacht hat, wer denn da am Samstag nach Bochum kommt, dass es sich um keinen Geringeren als den deutschen Rekordmeister handelt? Man weiß es nicht.
Unzufrieden sei er nicht mit dem 1:1 in Stuttgart, sagte der VfL-Trainer. Obwohl mehr drin war diesmal, viel mehr. Wohl noch nie in den zweiundzwanzig zurückliegenden und sieglosen Jahren des VfL in Stuttgart wirkte der Gegner dermaßen verunsichert, ja fast gelähmt, wie an diesem kühlen Samstag. Offensichtlich steckte den Spielern des VfB noch lange nach dem Anstoß der Schreck in den Gliedern. Eine Horde so genannter Fans hatte bei der Ankunft am Stadion den Bus blockiert und die Insassen bedroht. „Wenn ihr absteigt, schlagen wir euch tot”, soll nur eine der unsäglichen Hass-Parolen gewesen sein.
Die Stuttgarter Spieler jedenfalls beschäftigten diese Vorgänge noch lange. „Die Fans dürfen uns für schlechten Fußball kritisieren, aber ich kann es nicht akzeptieren, wenn es gegen den Menschen geht”, sagte anschließend Ludovic Magnin.
Der VfL vermochte indes kein Kapital zu schlagen aus der Schockstarre und Hilflosigkeit des Gastgebers. Dass später auf Bochumer Seite allgemein von einer „guten ersten Halbzeit” gesprochen wurde, gilt deshalb nur eingeschränkt - für die anfangs kompakte Defensive und die diesmal vernünftige Anlage des Konterspiels. Was, neben der Schwäche der Hausherren, auch andere Gründe hatte. Joel Epalle zum Beispiel bewegt sich einfach mehr und schneller als Shinji Ono, der in Stuttgart eine defensivere Rolle einnahm. Dadurch ergeben sich zwangsläufig offensive Optionen für die Mitspieler. Und weil auch Zlatko Dedic eine Viertelstunde lang behende auf der linken Seite wieselte, sah es sogar hervorragend aus für den VfL.
Womit wir aber bereits beim Problem wären. Denn wer gewinnen will, muss seine Chancen nutzen. Dedic schaffte das nicht im Duell mit dem abgebrühten Jens Lehmann, was den Slowenen wohl so stark beeindruckte, dass er fortan ausschließlich Ballverluste produzierte. Womit sich das präzise und schnelle Konterspiel des VfL bereits nach einer halben Stunde erschöpft hatte, also zu einem Zeitpunkt, als das ohnehin reservierte Stuttgarter Publikum seinem Unmut freien Lauf ließ und der VfL eigentlich nur noch hätte zupacken müssen.
Später, als sich die Stuttgarter aufrappelten, muteten die Befreiungsversuche der Gäste teilweise kläglich an. Wie ein Bumerang kam der Ball stets zurück. Es war nur eine Frage der Zeit, wann der starke Philipp Heerwagen im VfL-Tor geschlagen sein würde. Nur gut, dass mit Serdar Tascis Führungstreffer sofort wieder Zaghaftigkeit Einzug hielt in den Reihen des Gastgebers, der sich aus Angst vor dem möglichen Ausgleich zurückzog und es dem VfL selbst in Überzahl, nachdem Diego Klimowicz von seinem „Lieblings-Schiedsrichter” Lutz Wagner (siehe Bericht im Hauptsportteil) des Feldes verwiesen worden war, erlaubte zurückzukommen ins Spiel.
Stanislav Sestak, in Szene gesetzt von dem eingewechselten Slawo Freier, vergab aber aus sehr spitzem Winkel. Dass Heiko Herrlich schließlich doch von einer „Serie” sprechen durfte, war dem Kunstschützen Christian Fuchs zu verdanken. Anfang des Jahres hatte der Österreicher mit einem Freistoß dem Cottbuser Gerhard Tremmel keine Chance gelassen, diesmal flog Lehmann vergeblich. Und Herrlich lobte Freier, der das vorausgegangene Foul provoziert hatte: „Das ist der Slawo von früher, vor dem ich Angst hatte.” Schön wäre es ja.