Bochum. Er ist nicht laut und aufdringlich. Aber auch leise versteht es VfL-Interimstrainer Jens Rasiejewski, Selbstbewusstsein zu demonstrieren.
- Der Interimstrainer des VfL will nicht von einem Sehnsuchtsjob und eigentlichem Ziel sprechen
- Sich vom Ergebnisdruck zu befreien und auf den Fußball zu konzentrieren, sei manchmal besser
- Es habe eine große Schnittmenge mit Verbeek gegeben, jetzt ähnelten sich die Systeme
Er poltert nicht, er menschelt nicht, er verspricht nicht das Blaue vom Himmel und überlegt tatsächlich, bevor er auf Fragen antwortet, in der Regel ruhig und überlegt. Ob Jens Rasiejewski jemals in Raserei verfallen könnte, weiß man nicht, aber seine Ruhe scheint dem Team des VfL Bochum, ja vielleicht sogar dem ganzen Klub recht gut zu tun. Mit dem 42-jährigen Nachfolger von Ismail Atalan, aktueller Status Interimstrainer, sprach die WAZ.
Wie war eigentlich Ihre erste Reaktion auf die Frage, ob Sie einspringen bei den Profis. Spürten Sie den Druck der Verantwortung oder ein Gefühl der Freude auf die neue Herausforderung?
Jens Rasiejewski: Keines von beiden. Es war ein Problem da, und ich bin sofort in den Modus von was muss ich tun gewechselt, war lösungsorientiert. Der Fokus lag dabei nicht auf dem nächsten Gegner, sondern auf dem Innenleben der Mannschaft, wo er immer noch liegt.
Was bedeutete Ihnen denn diese Beförderung? War der Trainerjob im Profifußball immer schon das eigentliche Ziel, ist es sozusagen ein Sehnsuchtsjob?
Jens Rasiejewski: Das kann ich gar nicht so sagen. Es kommt, wie es kommt. Entweder es tun sich Möglichkeiten auf oder nicht. Wenn nicht ist es auch nicht schlimm. Verantwortung trage ich doch sowieso genug. Wir haben im Nachwuchs aktuell rund 25 Trainer und zig Leute drumherum. Und wir sind dafür da, die Bedingungen zu schaffen, damit sich diese Leute entwickeln.
Muss man sich in der schwierigen Situation, in der Sie die Profis übernommen haben, selbst beruhigen, um auch den anderen die nötige Ruhe vermitteln zu können?
Jens Rasiejewski: Es ist jedenfalls nicht so, dass ich unruhig geworden bin. Ich kannte schon als Spieler mehrfach so eine Situation, es gibt also Erfahrungswerte. Ein Trainer muss Vorbild sein und ist immer verantwortlich für den ersten Schritt.
Wie würden Sie sich als Trainer denn selbst beschreiben?
Jens Rasiejewski: Ich denke, dass ich eher innovativ bin, mutig, aber auch überlegt und rational abwägend, was das Beste für die Mannschaft und den Erfolg ist. Und ich finde, dass es besser ist, sich manchmal vom Ergebnisdruck frei zu machen. Nach dem Stress der letzten Zeit ist erst einmal Mut zur Entschleunigung gefragt.
Knüpfen Sie denn in Sachen Taktik und System an Gertjan Verbeek an oder schaffen Sie etwas ganz Neues?
Jens Rasiejewski: Anfangs war die Schnittmenge mit Verbeek sehr hoch, jetzt ähneln sich die Systeme, unterscheiden sich aber in Nuancen. Es sind Details und Spielphasen, die anders gesehen und gelehrt werden. Ein System kann sich natürlich entwickeln. Aber die Spieler müssen auf jeden Fall in ihrer Rolle ihr Potenzial entfalten können.
Sie waren als U19-Trainer ausgesprochen erfolgreich in die Saison gestartet. Will man dann nicht am Ball bleiben?
Jens Rasiejewski: Wir sind da schon noch in der Entwicklungszeit, die neuen Trainer brauchen eine Zeit der Anpassung. Erstmals haben sich U19-Spieler bewusst für den VfL und gegen andere Vereine entschieden. Bochum ist auf diesem Gebiet wie eine Hummel: Sie kann zwar anscheinend nicht fliegen, aber irgendwie geht es trotzdem.
Ihnen stehen momentan viele Spieler zur Verfügung. Ist das eher Last oder Luxus?
Jens Rasiejewski: Für die Spieler ist es eher eine Last, wenn 24 auf dem Trainingsplatz stehen, aber schließlich nur maximal 14 spielen können. Und wir Trainer? Wer entscheidet, der verletzt auch irgendwie. Das ist die Kehrseite des Jobs.