Bochum. Sachlich die Fragen, respektvoll der Umgang - die Führung des VfL Bochum bedankte sich nach dem ersten Infoabend zum Thema Ausgliederung.
- Keine lauten Töne, keine Zwischenrufe - der erste Infoabend des VfL Bochum zum Thema Ausgliederung verlief harmonisch
- VfL-Finanzvorstand Wilken Engelbracht versprach: „Wer auch immer investiert, er wird weniger Einfluss haben als die Banken“
- Der Klub wird nicht alle anwesenden Mitglieder überzeugt haben, aber Reviersport ermittelte 82 Prozent Zustimmung
Man hat VfL-Versammlungen auch schon ganz anders erlebt: Tumultartige Zustände im Saal, empörungsbereite Menschen, die offensichtlich noch ein Hühnchen zu rupfen hatten, und am dramatischen Ende sich zutiefst beleidigt zurückziehende Funktionsträger. Nichts davon war am Dienstag im RuhrCongress zu spüren, als der VfL seinen Mitgliedern erklären wollte, warum man jetzt unbedingt die Tür aufmachen sollte für Investoren.
Auch interessant
Konzentriert hörten die Mitglieder zu, stellten anschließend viele kluge und kritische Fragen und bekamen Antworten. Und das alles in einer Atmosphäre, die von gegenseitigem Respekt geprägt war. Ein gelungener Abend, der dem Image dieses Vereins sicher keinen Schaden zufügen wird.
Im Gegenteil. Vielleicht wirkt diese erste Infoveranstaltung ja sogar als Vehikel, um mögliche Investoren von diesem Klub, seinen Mitarbeitern und seinen Mitgliedern zu überzeugen. Denn das war eine Frage, die den meisten im Saal Kopfzerbrechen bereitete: Wer könnte bereit sein, in den VfL Bochum zu investieren, der doch, um die Mitgliederrechte zu wahren, Bremsen (Halteverpflichtung der Anteile, Vetorecht des Klubs bei Veräußerung, kein Stimmrecht für Investoren im Präsidium nach Berufung in dieses Gremium) verankern will im Vertragswerk? „Wer auch immer investiert, er wird weniger Einfluss haben als die Banken“, sagte Finanz-Vorstand Wilken Engelbracht. Und weiter: „Wir wollen uns so unabhängig wie möglich machen.“
Gut, gut, aber wer könnten denn nun die potenziellen Investoren sein, wird beharrlich gefragt ? Gibt es sie vielleicht sogar schon? Jein, meint Engelbracht, der sagt: „Es gibt immer wieder Interessenten. Ich habe schon das Gefühl, dass wir eine faire Chance haben.“ Jedenfalls „will ich nicht in die Situation kommen, es nicht probiert zu haben“. So richtig rückt er, der für derartige Veranstaltungen wie geschaffen zu sein scheint, nicht raus mit der Sprache. Was nicht verwunderlich ist. Wer das Fell des Bären verteilt, bevor dieser erlegt ist, kann sein blaues Wunder erleben.
Weiter wird gefragt. Wie man denn den VfL bewertet und wie man darauf kommt? Das, antwortet Engelbracht, sei eine Melange aus „Betriebswirtschaft und Verhandlungskunst“. Und wird dann doch etwas konkreter: „Wir können den Anspruch haben, 40, 45 oder 50 Prozent des Wertes von Stuttgart zu haben.“ Kleine Rechenaufgabe: Der VfB besitzt für den Investor in spe Daimler in der Bundesliga einen Wert von 400 Millionen Euro, in der 2. Liga fällt dieser Wert auf 200 Millionen Euro. Bezogen auf den VfL wären das bei 50 Prozent also aktuell 100 Millionen Euro. Will man, wie öffentlich geäußert, 20 Millionen Euro und damit ein Fünftel der Bewertung einsammeln, müsste man folglich 20 Prozent seiner Anteile veräußern, dafür aber, wie Wilken Engelbracht einräumt, „sicher mehr Klinken putzen als Stuttgart“.
Zustimmungsquote bei 82 Prozent
Ist das Klinken putzen am Ende von Erfolg gekrönt und schafft es der VfL tatsächlich in die Bundesliga zurückzukehren, drängt sich die Frage nach der Dividende für die Investoren auf, die ja nur im Falle der Erstklassigkeit gezahlt werden soll. Also: Wie werden die Anteile verzinst? „Ob das 4, 5 oder 6 Prozent sein werden“, vermag Engelbracht noch nicht abschließend zu sagen, doch „in dieser Größenordnung“ wird sich die Dividende (nur im Fall eines Bilanzgewinns) bewegen.
Der Abend endet harmonisch, auch wenn nicht bei allen sämtliche Zweifel ausgeräumt werden können. Die VfL-Führung bedankt sich und darf sich in ihrer Arbeit bestätigt fühlen: Eine Reviersport-Umfrage ergibt einen Zustimmungswert von fast 82 Prozent.