Bochum. „Wir werden es allein nicht schaffen“: VfL-Vorstand Engelbracht erhielt Applaus für die Pläne des Vereins zur Ausgliederung der Profiabteilung.
- Über 600 Mitglieder hörten sich bei einem ersten Informationsabend des VfL Bochum die Pläne zur Ausgliederung an
- Finanzvorstand Wilken Engelbracht erhielt bei seinem Vortrag Applaus
- Aus der Profiabteilung soll eine GmbH & Co. KGaA werden
75 Prozent der Mitglieder müssen auf der Jahreshauptversammlung im Herbst Ja sagen zu den Plänen des VfL Bochum, sonst wird es nichts mit der geplanten Ausgliederung der Profiabteilung und dem Einstieg von Investoren. Weil 75 Prozent Zustimmung bei einem derart sensiblen Thema eine Menge Überzeugungsarbeit erfordern, lud der VfL am Dienstag zur ersten Informationsveranstaltung in den RuhrCongress. Ein zweites Treffen soll am 7. Juni folgen, ein drittes ist nicht ausgeschlossen.
Mehr als 600 Mitglieder kamen zum ersten Durchgang, der vom Aufsichtsrats-Vorsitzenden eröffnet wurde. „Wir wollen den nächsten Schritt machen - mit Ihnen“, sagte Hans-Peter Villis. Und es gab gleich freundlichen Applaus, als er auf die Lizenzerteilung hinwies, die der VfL erstmals seit Jahren wieder ohne Auflagen erhalten hat im April.
Eine GmbH & Co. KGaA ist das Ziel
Dann war VfL-Finanzvorstand Wilken Engelbracht am Zug. Er erklärte den sehr aufmerksam zuhörenden Mitgliedern die Pläne, sagte, dass man sich für die Gesellschaftsform einer GmbH & Co. KGaA (Kommanditgesellschaft auf Aktien) entschieden habe, dass man aber die Stimmrechte von den Kapitalbeteiligungen trennen werde, womit die Investoren/Gesellschafter nicht bestimmen könnten, wo es lang gehen soll.
Kritiker sehen eine "Wette" mit ungewissem Ausgang
Gegen die geplante Ausgliederung hatte sich bereits im Vorfeld Widerstand formiert. Warum man die Pläne des VfL Bochum für nicht zielführend und sogar für gefährlich hält, hat der Zusammenschluss „echt VfL“, der bereits einen Dialog mit dem Klub geführt hat, digital ausführlich dargestellt.
Es sei „nicht möglich“, so argumentiert „echt VfL“, mit den kalkulierten Summen (20 Millionen Euro Einnahmen sollen, verteilt über fünf Jahre, den Etat deutlich erhöhen) die Lücken zu den Absteigern aus der 1. Liga und zu den Topteams der 2. Liga zu schließen. Das würde in letzter Konsequenz mit großer Wahrscheinlichkeit bedeuten, dass man dem geplanten Aufstieg nicht wirklich näher kommen könnte und damit die Ausgliederung wirkungslos verpuffen würde. Die Kritiker bestreiten, dass die Aufstiegschancen des VfL mithilfe der genannten Summen signifikant steigen würden.
Bei der Ausgliederung handele es sich zudem um eine „Wette“ mit ungewissem Ausgang. Verändere der Klub dank der verkauften Anteile und der entsprechenden Mehreinnahmen die Kostenstruktur, bliebe dann aber der erhoffte sportliche Erfolg aus, käme der VfL schnell unter Zugzwang, frisches Geld zu besorgen. „echt VfL“ befürchtet, dass man, einmal unter Druck geraten, weitere Anteile verkaufen müsste, eventuell sogar dann mit Stimmrecht. Und damit wären die Mitglieder praktisch entmündigt, die Anteilseigner hätten das Sagen.
Öffne der Klub einmal die „Büchse der Pandora“, so die Ausgliederungs-Gegner, wäre das die Folge: Der VfL Bochum würde zu einem „Spekulationsobjekt“, außerdem gäbe es eine „Statusverschiebung“ weg vom aktiven Mitglied hin zum Konsumenten. „echt VfL“ empfiehlt stattdessen, sich ein Beispiel an Schalke 04, Union Berlin und dem FC St. Pauli zu nehmen, die alle eingetragene Vereine bleiben wollen. (ecki/rari)
Die Mitgliederversammlung, so ist es geplant, wählt weiterhin den Aufsichtsrat, der dann aber Präsidium heißt. Und dieses Präsidium bestellt die Geschäftsführer der GmbH & Co. KGaA, die beiden heutigen Vorstände, namentlich derzeit Christian Hochstätter und Wilken Engelbracht. „In der Geschäftsführungs-GmbH spielt die Musik“, so Engelbracht - einen Einfluss der Investoren gebe es nicht. Einfluss nehmen könnten die Investoren/Gesellschafter nur, indem sie sich ins Präsidium berufen lassen. Sie können dort aber nicht das Zünglein an der Waage sein: Entscheidend sei das Votum der gewählten Präsidiumsmitglieder.
Weitere Eckpunkte des VfL-Plans
Weitere Eckpunkte: Die Investoren/Gesellschafter sollen zu einer fünfjährigen Haltefrist ihrer Anteile verpflichtet werden, der Verein besäß zudem, so Engelbracht, „aus sachlichen Gründen ein Vetorecht“ beim Weiterverkauf der Anteile. Heißt: Die Investoren/Gesellschafter dürften nicht ohne Zustimmung des Klubs an jeden Interessenten verkaufen. Und: Die Gewinnverwendung soll im Konsens geschehen. Dabei handelt es sich allerdings um eine Absichtserklärung. Eine zu verhandelnde Dividende hätten die Gesellschafter nach den Vorstellungen des VfL nur im Falle eines Bilanzgewinns in der 1. Bundesliga zu erwarten.
Vier Millionen Euro als Riesenhebel
„Der Verein führt nach wie vor das Geschäft hier“: Mit diesen Worten hatte der Bochumer Finanzvorstand bei der vorausgegangenen Medieninformation die Dinge aus der Sicht des VfL zusammengefasst. Einen Betrag von etwa 20 Millionen Euro erwarten die Verantwortlichen des VfL, die - anders als zum Beispiel der VfB Stuttgart -, nicht auf einen international agierenden Konzern setzen können. Realistisch wäre das Engagement von „bis zu vier von Inhabern geführten Unternehmen“, so Engelbracht, der vier Millionen Euro mehr pro Jahr - über den Zeitraum von fünf Jahren - als „Riesenhebel in der 2. Liga“ bezeichnete.
Ein Hebel, der dem Verein den Aufstieg bescheren soll. Denn in dieser Saison, so Engelbracht, liege der VfL in der Etat-Tabelle auf Rang zehn mit 9,6 Millionen Euro. Mit vier Millionen Euro mehr pro Jahr würde man, so die Schätzung für die kommende Saison, zu Klubs wie dem potenziellen Absteiger Darmstadt oder (bei Nicht-Aufstieg) Union Berlin zumindest annähernd aufschließen - und könnte „vier bis fünf Top-Verdiener der 2. Liga halten oder holen“. Vereine wie der VfB Stuttgart (Zweitliga-Etat laut Engelbracht: 22 Millionen Euro), Hannover 96 (24) oder der Hamburger SV blieben allerdings unerreicht.
Wichtig sei Klub und Vorstand auch, dass „alle im Verein eine Zukunft haben“, so Engelbracht, was die Zuhörer mit viel Applaus bedachten. Der lauter wurde, als er seine Ausführungen vor der anschließenden, sachlichen Diskussionsrunde so beendete, wie Villis den Abend eröffnet hatte: „Wir werden es allein nicht schaffen.“