„Charakter“ attestierte Trainer Gertjan Verbeek vom Fußball-Zweitligisten VfL Bochum seinen Spielern nach dem 4:2-Erfolg gegen Dynamo Dresden.

  • Der 4:2-Erfolg gegen Dresden nach 0:2-Rückstand könnte der Auftakt eines erfolgreichen Saisonendspurts sein
  • Mit Mittelfeld-Spieler Thomas Eisfeld kehrte der Erfolg zurück: Sieben Punkte holte der VfL in den letzten vier Spielen
  • Dass Marco Stiepermann endlich sein erstes Pflichtspiel-Tor für die Bochumer erzielt hat, kann sich nur positiv auswirken

Erst zu Tode betrübt, am Ende aber himmelhoch jauchzend - in dieser Reihenfolge lassen sich die emotionalen Ausschläge, die zum Fußball gehören wie das Hefeweizen in einen bayerischen Biergarten, sicher am besten verarbeiten. So gesehen hat der VfL Bochum, der am Freitagabend seine Fans auf eine Achterbahnfahrt ohne Beispiel mitgenommen hatte, alles richtig gemacht.

Dass Gertjan Verbeek nach einer furiosen zweiten Halbzeit und dem 4:2-Erfolg gegen Dynamo Dresden den „Charakter“ seiner Spieler lobte, war so berechtigt wie die Klage des Kollegen Uwe Neuhaus, der die andere Seite der Medaille auslotete: „Ich habe selten ein Spiel erlebt, in dem eine Mannschaft einen Sieg dümmer hergeschenkt hat.“ Gemünzt war das vor allem auf die ersten beiden Bochumer Tore, mit denen der starke erste Durchgang der Dresdener binnen einer Minute praktisch entwertet wurde. Sicher, die Bochumer gingen nun deutlich forscher zur Sache, aber Balleroberungen wie die von Tom Weilandt und Marco Stiepermann eröffnen zwar Gelegenheiten, müssen jedoch nicht zwangsläufig zu Toren führen. Dazu bedarf es schon der unfreiwilligen Hilfe des Gegners, der sich - nach seiner Fußball-Demonstration in der ersten Halbzeit ein wenig verständlich - in diesem Fall offenbar derart überlegen fühlte, dass er vor und im eigenen Strafraum ausgesprochen sorg- und arglos agierte.

Die Anspannung musste raus bei Marco Stiepermann nach dem Treffer zum 2:2.
Die Anspannung musste raus bei Marco Stiepermann nach dem Treffer zum 2:2.

Dass Thomas Eisfeld mit seinem Treffer zum 1:2 kurz nach dem Wiederanpfiff die Ampel auf Grün stellte für den VfL, mag man Zufall nennen, ist aber nicht unbedeutend. Eisfeld erweitert die Möglichkeiten dieser Mannschaft ungemein, seitdem er wieder dabei ist, haben die Bochumer aus vier Spielen sieben Punkte geholt. Von den fünf Toren, die der VfL dabei erzielte, gehen zwei auf das Konto des variabel einsetzbaren Mittelfeld-Mannes, der ja nicht unbedingt als Knipser gilt.

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Ging Eisfeld nach ausgeheilter Knie-Verletzung inklusive Operation vor ein paar Wochen mit vielen positiven Gefühlen wieder ins Rennen, so dürften Marco Stiepermann in der jüngeren Vergangenheit auch ein paar ungute Gefühle beschlichen haben. Der Dortmunder geht nämlich durchaus selbstkritisch mit sich und seiner Leistung um, weiß auch, dass die Erwartungen an ihn besonders hoch waren. So unzufrieden große Teile des Publikums mit ihm waren, so unzufrieden wirkte er selbst. Der Druck, der zuletzt auf ihm lastete, war extrem. Vielleicht hat ja der Systemwechsel von Trainer Verbeek nicht nur der Mannschaft insgesamt, sondern auch Stiepermann persönlich gut getan. Man kann auch auf dem Flügel das Spiel mitgestalten, steht aber nicht immer so im Fokus wie im Zentrum und verfügt außen zumindest gelegentlich über etwas mehr Platz.

Ein besonders wichtiger Treffer

Jedenfalls ist Stiepermann, der bislang in dieser Saison mit seinen Abschlüssen mehrmals am Aluminium gescheitert war, endlich der erste Treffer für den VfL gelungen - in einem sehr wichtigen Spiel zu einem sehr wichtigen Zeitpunkt und mit einer beherzten Einzelaktion. Das sollte dem 26-Jährigen, der selbstironisch anmerkte, dass ja auch „ein blindes Huhn mal ein Korn findet“, Auftrieb geben und die nötige Portion Gelassenheit verschaffen. Der VfL kann von einem selbstbewussten Stiepermann nur profitieren, ebenso wie von einem spielfreudigen Eisfeld - am besten schon Sonntag gegen Bielefeld.