Hamburg. Ex-Paulianer Michael Gregoritsch hatte die Bochumer zwar in Führung geschossen, danach aber wurde es ein Debakel für den VfL am Millerntor.

Sauer stapften die Verantwortlichen, Trainer, auch Spieler des VfL Bochum in die Kabine. Der totale Kollaps nach einer 1:0-Führung und guten 30 Minuten hatte ihnen offenbar die Sprache verschlagen, nur Stefano Celozzi stellte sich zunächst den Medien. “Was nach der Pause los war, kann man nicht erklären”, sagte er ernüchtert. 5:1 gewann der FC St. Pauli gegen in Durchgang zwei zusammenfallende Bochumer. Dennoch haben die Kiez-Kicker den Klassenerhalt noch nicht sicher - im Gegensatz zum VfL. Immerhin.

“KLASSEHALTEN” stand in schwarzen Großbuchstaben auf kahlem Beton der Nordtribüne. In der Ecke wippten auf einem Provisorium die VfL-Anhänger, der Rest der Tribüne blieb leer, der Neubau soll im Sommer fertig werden.

Gregoritsch trifft gegen seinen Ex-Klub - und verzichtet auf Jubel

Doch auch ohne eine “Kurve” herrschte schon vor dem Anpfiff eine Stimmung, die eines Pokalfinales würdig war. Hunderte Fans standen verzweifelt vor den Toren, auf der Suche nach Schwarzmarktkarten. Innendrin tobten 23500 Anhänger, es regnete Konfetti, es dröhnte “Hells Bells”: Pauli rockte. Doch mitten hinein in diesen Orkan der Hoffnung auf den Klassenerhalt schaltete der ja bereits gesicherte VfL auf Spielverderber-Modus - aus Paulianer Perspektive. Bochum begann forsch, und als sich Piotr Cwielong am Boden krümmte nach Foul von Paulis Kapitän Gonther, der kurz darauf verletzt vom Feld musste, ließ Schiedsrichter Aytekin Vorteil gewähren. Simon Teroddes Schuss wurde abgeblockt, im Nachsetzen vollstreckte Michael Gregoritsch aus elf Metern eiskalt. Ausgerechnet Gregoritsch, in der Vorsaison beim Kiez-Klub unter Vertrag, sorgte für das frühe 1:0 in Minute 5 - und verzichtete nach seinem siebten Saisontreffer auf den üblichen Jubel. Eine faire Geste gegenüber seinen Ex-Kollegen.

Doch das Team von Ewald Lienen war beeindruckt. Kaum 180 Sekunden später stand Gregoritsch nach Celozzis Pass erneut völlig frei nahe des Elfmeterpunktes - der Österreicher verzog knapp.

Eisfeld als Latza-Ersatz auf der Sechs

VfL-Trainer Gertjan Verbeek hatte den 21-Jährigen zum ersten Mal ins offensive Zentrum des Mittelfelds postiert, gleich hinter Terodde. Marco Terrazzino kam über links, Piotr Cwielong über rechts. Thomas Eisfeld rückte ein Stück nach hinten, weil Danny Latza verletzt fehlte.

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Maßnahmen, die zunächst wirkten gegen einen FC St. Pauli, der überraschend mit Marc Rzatkowski, dem Ex-Bochumer, loslegte. Der VfL aber beherrschte die ersten 25 Minuten, erst dann konnte der Gastgeber die ununterbrochen lautstarke Unterstützung von den Rängen in Energie auf dem Rasen umsetzen. Ein Kopfball von Lennart Thy prüfte Andreas Luthe erstmals ernsthaft (27.), bei Marcel Halstenbergs Schuss zeigte er Klasse, ehe auch Luthe geschlagen war. Nach einer Standardsituation und langer Flanke herrschte nicht zum ersten und schon gar nicht zum letzten Mal Durcheinander im VfL-Strafraum, Lennart Thy traf zum 1:1 (35.). Pauli war wieder da, das Millerntor bebte - und stürzte fast ein, als in der Nachspielzeit Marcel Halstenberg den Ball unhaltbar in die Maschen drosch. Felix Bastians und Anthony Losilla hatten zuvor die Kopfballduelle verloren, erneut nach einer Standardsituation - die Lufthoheit ging an St. Pauli. Der nun wuchtigere Gastgeber lag gegen lange Zeit dominante Gäste überraschend in Führung.

Bochum verliert die Ordnung

Der Trend setzte sich fort nach dem Wechsel. Pauli blieb präsent, Bochum verlor leichtfertig die Bälle - und dann komplett die Ordnung: Der VfL stürzte ab. Losilla mühte sich im Dribbling in der eigenen Hälfte, Christopher Buchtmann zog auf und davon - 3:1, 48. Minute. St. Pauli kombinierte, der halbe VfL schaute zu, Thy schloss ab. 4:1, 52. Minute. Die Entscheidung.

Verbeek reagierte, brachte nach einer Stunde Mikael Forssell und Yusuke Tasaka für Terrazzino und Losilla. Eisfeld, von Haus aus ja ein Offensiver, war nun einziger Sechser, Forssell und Terodde agierten als Doppelspitze, mehr Offensive geht kaum. Letztlich aber passierte in der lange Zeit spektakulären Partie nicht mehr viel Entscheidendes, ehe der frisch eingewechselte Waldemar Sobota noch ein Törchen draufpacken durfte gegen defensiv torkelnde Bochumer.