Gelsenkirchen. Legendäre Bundesliga-Finals – Teil 4: Wie Schalke aus allen Träumen gerissen und zum „Meister der Herzen” wurde. Am Ende jubelten - wieder einmal - die Bayern.

Oliver Kahn spricht auch heute noch vom „spektakulärsten Finale”, und Stefan Effenberg bemüht den „reinen Wahnsinn”. Mike Büskens befällt hingegen „ein Gefühl der völligen Leere”, und Olaf Thon denkt an „die größte Niederlage meiner Karriere”. So erinnern sich vier frühere Fußballer, zwei vom FC Bayern München und zwei vom FC Schalke 04, an das wohl spannendste Bundesliga-Finish aller Zeiten. An den 19. Mai 2001.

Vier Minuten und 38 Sekunden

Das, was da allen unterschiedlich durch den Kopf geht, reduziert sich letztlich auf vier Minuten und 38 Sekunden. Die Nachspielzeit des Spieles Hamburger SV gegen den FC Bayern München. Im Gelsenkirchener Parkstadion hat der FC Schalke 04 gegen die Spvgg. Unterhaching mit 5:3 gewonnen, hat 62 Punkte auf seinem Konto.

„Wie steht's in Hamburg, wie steht's in Hamburg?”, brüllt Schalke-Manager Rudi Assauer immer wieder. Die Partie der Bayern beim HSV ist noch nicht beendet. 0:0 steht es Sekunden vor Schluss. Das reicht für 63 Punkte und den Titel für den Rekordmeister FC Bayern.

Barbarez trifft, Schalke tobt

Doch diese Annahme wird durch einen Kopfball des Hamburgers Sergej Barbarez jäh pulverisiert. 1:0 für den HSV, die Münchener fielen auf 62 Punkte zurück, Schalke ist dank der besseren Tordifferenz Meister – das Parkstadion tobt, die Fans liegen sich bei gelühender Hitze in den Armen und weinen vor Freude.

Doch die Uhr von Schiedsrichter Markus Merk in Hamburg tickt noch. Ungläubige Blicke auf die Anzeigetafel des Parkstadions, wo Bilder der Partie der Bayern zu sehen sind. Live oder aufgezeichnet? Irritationen! Schon drei Minuten über die Zeit. Der Fernsehsender Premiere verkündet bereits den Abpfiff, kürt Schalke zum Meister. Kapitän Andreas Müller schreit inbrünstig: „HSV, ich liebe euch...”

Andersons trifft ins Schalker Herz

Zu früh, denn in Hamburg lässt Markus Merk noch einen indirekten Freistoß für die Bayern ausführen. Stefan Effenberg berührt den Ball, und Patrik Andersson hämmerte ihn zu seinem ersten und einzigen Tor für die Bayern ins Netz. 1:1! Abpfiff! 63 Punkte für die Bayern und die Meisterschaft.

Entsetzen in Gelsenkirchen, Tränen der Enttäuschung und auch der Wut, während in Hamburg Oliver Kahn seinen legendären Meisterschaftstanz mit der Eckfahne hinlegte. „Das war wie eine Explosion im Kopf”, sagt Bayerns damaliger Trainer Ottmar Hitzfeld noch Jahre später. Und diese Explosion rüttelt seinen Schalker Kollegen Huub Stevens nach wie vor so durch, dass der noch heute sagt: „Das vergisst man nie mehr. Das kriegt man nicht mehr aus seinem Kopf.” Die letzten vier Minuten und 38 Sekunden der Saison 2000/2001 am 19. Mai.