München. Eigentlich war Bayer Leverkusen im Jahr 2000 schon Meister – dann kam das Eigentor von Michael Ballack in Unterhaching. Am Ende waren wieder die Bayern Deutscher Meister - Bayer blieb der Spott.

Der Mann ließ seine Jungs barfuß über Glasscherben laufen, was nichts mit Fußball zu tun hatte, aber überall in der Republik mächtig Eindruck machte. Gut ein Jahr vor der Kokainaffäre von Christoph Daum werteten Deutschlands Sportfreunde seinen stechenden Blick noch als Ausdruck der suggestiven Kraft, die selbst die ewigen Zweiten eines ungeliebten Werksklubs in strahlende Gewinner verwandeln könnte.

Schwärzester Tag

Michael Ballack schoss ein Eigentor. Foto: Imago
Michael Ballack schoss ein Eigentor. Foto: Imago

Aber nicht nur das stellte sich als Irrtum heraus. Bayer Leverkusen schien zwar zum Ende der Saison 1999/2000 vor dem Höhepunkt der Vereinsgeschichte zu stehen, doch der 20. Mai entpuppte sich als schwärzester Tag im Leben jedes echten Bayer-04-Fans.

Ein lauer Frühsommertag in der Münchner Vorstadt. Auf der ebenso schmucken wie provinziellen Sportanlage der SpVgg Unterhaching scheint die Spannung beinahe greifbar. Während sich die Stars der Gäste warmlaufen glänzt die Meisterschale am Spielfeldrand in der Sonne. Einen einzigen Punkt benötigt der Tabellenführer, um als Meister nach Hause zu fahren. 20 Kilometer weiter würde dem FC Bayern auch ein Sieg gegen Bremen nichts mehr nützen.

Gespickt mit Stars

Das Bayer-Team ist gespickt mit Stars wie Nowotny, Ballack, Ze Roberto, Emerson, Beinlich oder Schneider. Auf der anderen Seite sollen die Herren Breitenreiter, Straube oder Oberleitner dagegen halten. Und schon nach 21 Minuten trifft Michael Ballack – allerdings ins eigene Tor. 0:1! Die Mannschaft bricht nervlich zusammen, nach dem 0:2 in der 72. Minute leuchtet das Ergebnis der Bayern auf. 3:1 – der Titel geht wieder an die Säbener Straße. Später steht Daum mit seinem Sohn Marcel im Kabinengang und weint.

Christoph Daum gestikuliert verzweifelt. Foto: Imago
Christoph Daum gestikuliert verzweifelt. Foto: Imago

In den Tagen zuvor hatte sich der selbst ernannte Supermotivator weniger kleinlaut gegeben. „Wir sind auf Sieg programmiert, da hält uns keiner mehr auf.” Regelrecht giftig klang die Reaktion des Trainers auf die Frage, ob denn der Druck nicht enorm auf den Spielern laste: „Kinderkram. Wer will uns das einreden? Da lach' ich mich doch kaputt.”

Eine völlige Fehleinschätzung des angeblich so versierten Psychologen. Wochen danach verriet der sonst so coole Manager Rudi Völler, dass er noch nie eine Stimmung erlebt hätte wie vor diesem Spiel – und zwar einschließlich des WM-Finales. Daum schaffte es später trotzdem noch um ein Haar bis zum Bundestrainer. Leverkusen aber erholte sich von dem Trauma nicht mehr und wurde später sogar als Vizekusen abgestempelt.

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