Gelsenkirchen. . Mit dem leidenschaftlich erkämpften 2:1-Derbysieg gegen Borussia Dortmund lassen die Königsblauen Krise und Kritik hinter sich. Trainer Jens Keller und Torwart Fährmann genießen den Erfolg besonders. Fährmann. „Es war ein brutal emotionaler Tag für mich.“

Es war alles gesagt in der Kabine. Jens Keller, der Trainer des FC Schalke 04, hatte seine Spieler taktisch und pathetisch eingestimmt, gleich würde das Vereinslied erklingen – für die Profis das Signal zum Einlaufen. Doch einer hielt sie auf: Christian Wetklo wollte auch noch seinen Motivationsbeitrag zum Revierderby liefern. Der königsblaublütige Ersatztorhüter, in Marl geboren, auf Schalke ausgebildet und in Mainz zum Bundesligatorwart gereift, holte tief Luft und ließ dann alles raus, was die Fußballersprache an Einpeitschervokabeln zu bieten hat. „Bei dieser Samstagspredigt wäre mir fast das Trommelfell geplatzt“, erzählte Schalkes Manager Horst Heldt lachend. „Den hätte man nur verhaften können, um das zu verhindern.“

Schalke steht nun vor Dortmund

Auf Schalke wird dieses Engagement eines nicht aufs Grün geschickten Teammitglieds als ein Beleg dafür gewertet, dass die Moral der zu Beginn der Saison häufig und mit Recht kritisierten Mannschaft stimmt. Einen weiteren lieferten die 14 eingesetzten Spieler: Mit ihrem leidenschaftlich erkämpften 2:1-Sieg über den Revierrivalen Borussia Dortmund ließen sie die Krise endgültig hinter sich, sie zogen sogar in der Tabelle am BVB vorbei.

Die Bedeutung dieses Erfolgs ließ sich auch an der Reaktion des Trainers unmittelbar nach dem Abpfiff erkennen: Jens Keller stieg hoch, riss den Arm in die Luft, sprang zuerst Kevin-Prince Boateng und dann allen anderen um den Hals. Eine Eruption der Emotion.

Der Trainer dankt auch den Fans

Dieser Jens Keller ist ein Phänomen. Er beherrscht die Kunst, einem Schlammbad wie frisch geduscht zu entsteigen. Und erneut verzichtete er auf Genugtuungsgehabe – statt Dampf abzulassen und allen Kritikern den Marsch zu blasen, lobte er lieber die Mannschaft und die Anhänger: „Wunderbar, wie sich die Jungs reingeworfen haben. Es macht mich unheimlich froh, dass wir unseren fantastischen Fans diesen Sieg schenken konnten.“

Schalke hatte engagiert begonnen und ging dann mit gütiger Dortmunder Mithilfe mit 2:0 in Führung. Beim 1:0 in der zehnten Minute durch einen kraftvollen Kopfball von Joel Matip hielt der nach seiner Verletzung erstmals in dieser Saison von Beginn an aufgebotene Weltmeister und Borussen-Kapitän Mats Hummels zu viel Abstand, das 2:0 in der 23. Minute durch Eric Maxim Choupo-Moting, ebenfalls nach einer Ecke, bereitete BVB-Angreifer Adrian Ramos mit einer extrem verunglückten Abwehraktion vor.

Danach drehten die Dortmunder wie erwartet auf, sie kamen auch schnell zum Anschlusstreffer durch Pierre-Emerick Aubameyang. In der zweiten Hälfte hätten sie zwar nach einem Foul von Matip an Ramos einen Elfmeter verdient gehabt, doch sie fanden trotz intensiver Anstrengung kaum Lücken in dem geschlossenen Schalker Defensivverbund.

Fährmann macht am Megafon Stimmung

Und was doch durchschlüpfte, wurde zur sicheren Beute des aufmerksamen Ralf Fährmann. Schalkes Torhüter wird den 27. September 2014 nicht mehr vergessen. 26 Jahre alt wurde er am Samstag, nach dem Spiel holten ihn die Fans in den Block, und per Megafon animierte er die auf dem Rasen gebliebenen Kollegen zum Pogo-Tanz.

„Ich muss gestehen, dass ich nach dem Abpfiff Tränen in den Augen hatte“, erzählte Fährmann. „Es war ein brutal emotionaler Tag für mich und ein Geschenk Gottes, dass ich zu meinem Geburtstag einen Derbysieg in unserer Arena feiern durfte. Ich kann mir im Moment nichts Schöneres vorstellen.“

Viel Zeit zum Genießen bleibt allerdings nicht. Am Dienstagabend kommt NK Maribor, Sloweniens Champions-League-Vertreter. „Wir müssen mit dem Derbysieg richtig umgehen“, mahnte Manager Horst Heldt. „Gerade jetzt wird Maribor eine richtig schwere Aufgabe.“ Und falls ihm das keiner glauben sollte, könnte sich vielleicht ja noch mal Christian Wetklo zu Wort melden.

Derby-Sieg für Schalke

1/66