Gelsenkirchen. Christian Wetklo musste keine Sekunde überlegen, als er das Angebot des FC Schalke 04 erhielt. Der 34-Jährige kennt seine besondere Rolle im Verein. Er ist Ersatztorwart und großer Fan zugleich. Im großen Interview verrät er, wie der Kontakt ablief und warum er die Trainerlaufbahn einschlagen will.
Christian Wetklo als ziemlich bekloppt zu bezeichnen, erfüllt auf keinen Fall den Tatbestand der Beleidigung. Denn wer den 34-Jährigen nur danach beurteilt, wie er sich am Spielfeldrand aufführt, wenn seine Mannschaft spielt, tut dem wohl sehnsüchtigsten Schalke-Rückkehrer aller Zeiten Unrecht. Oder auch nicht.
Christian Wetklo, Ihr Kollege Ralf Fährmann hat in der Mixed Zone Folgendes über Sie gesagt: Der Wetklo ist ein total positiver Typ und Schalker durch und durch, der bestimmt in S04-Bettwäsche schläft und auch auf dem Pferd nach Gelsenkirchen geritten wäre, um hier spielen zu dürfen. Stimmt das?
Christian Wetklo: Da hat er recht, da kann ich nicht widersprechen (lacht). Aber das ist auch nicht verwunderlich, wenn man, wie ich, in Hassel ein paar Meter vom Vereinsgelände aufgewachsen ist und die ganze Familie dort lebt. Dann war ich insgesamt 14 Jahre weg und habe in Mainz doch immer davon geträumt, noch einmal für Schalke spielen zu dürfen. Ich weiß nicht, wie oft ich nachts aufgewacht bin und dachte. Schade, war doch nur ein Traum.
Haben Sie denn auf dem Vereinsgelände noch alles wiedergefunden?
Wetklo: Das hat sich hier alles schon unglaublich verändert, aber die Arena kannte ich natürlich von den Spielen mit Mainz – die Heimkabine allerdings leider vorher noch nicht. Als ich hier in der A-Jugend gespielt habe, haben wir noch in der Glückauf-Kampfbahn trainiert und das Abschlusstraining war neben dem Parkstadion auf dem Ascheplatz.
Als der Anruf von Schalke kam, mussten Sie also keine Sekunde überlegen?
Wetklo: Nein! Es war Holger Gehrke (Schalkes Torwarttrainer, die Red.), der mich angerufen hat. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass sich Fabian Giefer verletzt hatte und Schalke noch einen Torhüter suchte. Mein Plan war, nach dem kurzen Intermezzo in Darmstadt, noch ein Jahr in Mainz zu bleiben. FSV-Manager Christian Heidel hatte mir angeboten, eine Rolle im Verein zu übernehmen, aber ich fühlte mich noch zu fit, um aufzuhören. Es ist ja nicht so, dass ich im Rollstuhl zum Training gefahren werden muss, um nochmal eine Stunde zu trainieren. Holger Gehrke sagte mir, dass sich Jens Keller mit mir an einen Tisch setzen und mich kennen lernen würde. Einen Tag danach hatte ich ein Gespräch mit Manager Horst Heldt, aber da war noch nicht klar, dass es klappen würde.
Sie mussten also erst auf die Zusage der Verantwortlichen warten?
Auf den Spuren des Vaters
Christian Wetklos Söhne Romano (10) und Levano (6) spielen beim TSV Marl-Hüls. Der ältere in der E-Jugend, der jüngere bei den Bambinis. Romano ist Torwart, wie der Vater.
„Er hat schon ein wenig Talent, aber ich halte mich da extrem zurück und will mir die Spiele einfach nur angucken“, sagt Wetklo.
Auch wenn Wetklo selbst zuletzt eine Jugendmannschaft trainierte: „Meine Söhne möchte ich aber nicht trainieren, da möchte man immer noch ein wenig mehr als bei anderen und das wäre nicht gut“, sagt er.
Wetklo: Ja, einen ganzen Tag lang! Ich konnte nicht schlafen und habe, bis auf meiner Frau, auch niemandem, noch nicht einmal meinen Kindern oder meinem Vater, von den Gesprächen mit Jens Keller und Horst Heldt erzählt. Es geht nicht darum, dass ich ihnen nicht vertraut hätte, aber ich wollte unbedingt vermeiden, dass die Sache mit Schalke durch irgendeine unbedachte Äußerung noch platzen könnte. Am Dienstag, es war der 12. August, rief Horst Heldt mich dann an und sagte: ‚Willkommen auf Schalke!‘ Das war so unfassbar schön!
Haben Sie sich in Ihren Vertrag eintragen lassen, dass Sie wenigstens ein Pflichtspiel machen dürfen?
Wetklo: Nein, das geht natürlich nicht. Wenn es so kommen würde, wäre es die Krone auf allem, aber Ralf ist ein überragender Torwart, der uns auch gegen Bayern im Spiel gehalten hat. Meine Position ist klar: Ich genieße jeden Tag und verschwende keine Minute damit, mehr zu wollen.
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Wetklo: Ich bin da schon sehr aufgeregt, aber ich bin ich ja nicht nur Spieler von Schalke 04, sondern eben Fan. Das bin ich schon immer gewesen. Als wir in Hannover das 1:0 gemacht haben, wollte ich schon jubelnd auf den Platz rennen, ehe ich mich doch zurückhalten konnte. Und gegen die Bayern, ja, da hat mich die Bibiana Steinhaus als vierte Offizielle schon ein paar Mal ermahnt, dass ich ruhiger sein soll.
Was ist eigentlich in den nur vier Wochen Darmstadt schief gelaufen?
Wetklo: Das hatte verschiedene persönliche Gründe. Danach ist leider viel Quatsch geschrieben worden, aber ich habe noch nicht einmal eine Abfindung gewollt. Viele Vereine wären doch froh, wenn es Spieler geben würde, die sagen, es passt nicht und dann freiwillig auf ein Jahr Vertrag verzichten.
Warum Wetklo von Schalkes U19-Trainer Norbert Elgert lernen will
In einem früheren Interview haben Sie erzählt, dass Ihr älterer Sohn Romano Sie mal zu Mainzer Zeit gefragt hätte: Papa, warum spielst du nicht auf Schalke? Ist er jetzt glücklich?
Wetklo: Na klar! Er hat mich gefragt, ob ich ihn nach einem Spiel mal mit auf den Rasen nehmen könnte. Er ist riesiger Schalke-Fan. Ich habe ihn mit zum Training genommen und dann stand er plötzlich direkt vor seinen Idolen Julian Draxler, Benedikt Höwedes und Kevin-Prince Boateng. Er war beeindruckt.
Momentan sind Sie die Nummer zwei hinter Ralf Fährmann, da Fabian Giefer verletzt ist. Wird es einen Zweikampf geben, wenn er wieder zurück ist?
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Wetklo: Nein! Das ist klar besprochen. Sobald Fabi fit ist, ist festgelegt, dass ich nach hinten rücke. Ob ich dann weiter bei den Profis bleibe oder hinter Timon Wellenreuther die U23 unterstützen werde, wird man sehen.
Sie haben gerade Ihren Trainer-B-Schein absolviert. Wann und wo werden wir den Trainer Christian Wetklo sehen?
Wetklo: Mal sehen. Meine nächsten Ziele sind die A-Lizenz und dann der Torwarttrainer-Schein. Ich könnte mir aber gut vorstellen, eine Jugendmannschaft im Nachwuchsleistungszentrum zu trainieren. Mit unserem U19-Trainer Norbert Elgert, dem meiner Meinung nach besten Nachwuchscoach in Deutschland, habe ich schon ausgemacht, dass ich ihm mal abends beim Training über die Schulter schauen möchte.