Doha. Der FC Schalke 04 peilt in der Rückrunde den vierten Platz an - und damit die erneute Qualifikation für die Champions-League-Play-offs. Im Trainingslager in Doha sprachen wir mit Manager Horst Heldt über die Rolle von Trainer Jens Keller und das ungemütliche Geschäft Fußball.
Horst Heldt sieht erholt aus, gut erholt. Schalkes Manager sitzt im Wüsten-Trainingslager des Fußball-Bundesligisten in Katar im 305 Meter hohen Mannschaftshotel „The Torch“, bestellt sich einen Cappuccino und spricht darüber, wie Schalke in der Rückrunde noch in die Champions League kommen will.
Herr Heldt, Sie haben gesagt, als Bundesliga-Manager müsse man sich zwischendurch auch immer wieder mal zurücknehmen, damit man sich in diesem Job nicht verschleißt. Brauchten Sie vor Weihnachten so eine kleine Auszeit?
Horst Heldt: Wir waren schon nahe an der Grenze der Belastbarkeit. Doch das gilt nicht nur für mich, sondern auch für alle anderen. Und am Ende haben wir es ja selbst verschuldet: Wenn man so schwankende Ergebnisse liefert mit dem Ausscheiden aus dem DFB-Pokal gegen Hoffenheim als negativem Höhepunkt, dann kommt Hektik auf im Verein.
Hat man in solchen Phasen Angst, dass die Rechnung in dieser Saison nicht aufgehen könnte?
Heldt: Nein, man denkt in der Gegenwart. Ob die Rechnung aufgeht, sieht man erst am Ende der Saison – bis dahin ist es immer kribbelig. Das letzte Mal bei einem Bundesliga-Spiel von Schalke so richtig entspannt war ich vor fast zwei Jahren: Am 34. Spieltag in Bremen. Da waren wir schon sicher Dritter und konnten alles genießen. Ich wundere mich, dass man denkt, wir könnten bei der Dichte der Liga so einfach da durchmarschieren.
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Vor Weihnachten haben Sie über Trainer Jens Keller diskutiert und mit Thomas Schaaf stand schon ein möglicher Nachfolger in der Tür...
Heldt: Allgemein kann ich nur sagen: In so einem Moment, in dem du gegen Hoffenheim aus dem Pokal fliegst, nach einem 0:3-Rückstand zur Pause, explodiert alles. Dann gehört es zu meinen Aufgaben, Worst-Case-Szenarien durchzuspielen. Natürlich weiß das dann auch der Trainer – ob der Jens Keller oder bei Hannover 96 Mirko Slomka heißt. Jeder, der sich in diesem Geschäft bewegt, weiß, dass es dann ungemütlich wird.
Ist die Position von Jens Keller durch diese Diskussion nicht noch weiter geschwächt worden?
Heldt: Das glaube ich nicht. Er hat schon mehrfach bewiesen, dass er aus kritischen Situationen gestärkt hervorkommen kann. Was hätte ich denn damals sagen sollen? Ich bin kein Freund davon, Aussagen zu tätigen, für deren Bestand ich nicht garantieren kann.
Aussagen wie: Jens Keller bleibt auf jeden Fall bis zum Saisonende – komme, was wolle?
Heldt: Genau. Ich glaube zwar auch nicht an Extremsituationen, aber ich kann sie einfach nicht ausschließen. Wenn alles einigermaßen normal läuft, wird Jens Keller bis zum Ende der Saison unser Trainer bleiben und darüber hinaus hat er noch einen Vertrag, den wir ebenfalls erfüllen wollen. So haben wir es vor.
Also gibt es keinen Plan, die Saison mit Keller zu Ende zu spielen und im Sommer einen Neuanfang mit einem anderen Trainer zu machen?
Heldt: Nein, den gibt es nicht. Wenn Sie sagen, dass ich mich über Weihnachten gut erholt habe, dann gilt das Gleiche auch für den Trainer: Jens Keller macht auf mich hier einen sehr aufgeräumten Eindruck, er ist mit viel positiver Energie ausgestattet.
Muss Jens Keller härter werden?
Heldt: Man verändert sich immer im Leben. Aber Gegenfrage: Warum glaubt man, dass Jens kein harter Trainer ist?
Weil er die Mannschaft schon so oft in die Pflicht nahm, ohne dass es auf Dauer Wirkung gezeigt hätte.
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Heldt: Ja, aber wir sind doch nicht Vorletzter. Wir sind fünf Punkte hinter Platz drei und damit in Reichweite unseres Ziels. Jens hat viele Ziele erreicht: Er hat die Mannschaft zum zweiten Mal hintereinander in die Champions League geführt – das hatte Schalke vorher noch nie geschafft. Wir haben die Gruppenphase überstanden und spielen jetzt im Achtelfinale gegen Real Madrid. Jens arbeitet mit jungen Spielern und trägt damit unsere Philosophie mit. Und Jens hat den drittbesten Punkteschnitt aller Schalker Trainer in den letzten 20 Jahren. Wir sind mit der Hinrunde nicht zufrieden, aber wir dürfen auch nicht den Eindruck erwecken, dass hier alles vor dem Zusammenbruch steht. Das ist nämlich nicht der Fall.
Wird Jens Keller verkannt?
Heldt: Ja, oftmals. Jens ist ein sehr respektvoller Mensch. Er ist nicht bereit, andere in der Öffentlichkeit vorzuführen, um seine eigene Position zu stärken. Das ist eine der guten Eigenschaften, die er als Mensch hat.
Vor einem Jahr hat Jens Keller die Schalker Mannschaft in der Rückrunde noch auf Platz vier geführt. Wird das diesmal schwieriger, weil die Konkurrenz mit Wolfsburg und Mönchengladbach stärker ist als vor einem Jahr Freiburg und Frankfurt?
Heldt: Damit würde man Freiburg und Frankfurt Unrecht tun – die haben damals schon eine klasse Saison gespielt. Aber klar ist, dass es diesmal auch wieder eine enge Kiste wird. Wolfsburg wird im Winter noch mal auf dem Transfermarkt nachlegen. Aber glauben sie mir: Entspannt sind die auch nicht.
Schalke-Manager Heldt hadert mit Huntelaars langer Verletzungspause
Sie wirkten in der Hinrunde oft genervt und enttäuscht...
Heldt: Das ist doch normal, weil wir gerne etwas anderes erleben möchten. Wir dürfen da auch nicht locker lassen bei unserem eigenen Anspruch.
Schalkes eigener Anspruch ist es, im Normalfall sicher unter die ersten Vier zu kommen. Ist die Mannschaft dafür stark genug?
Heldt: Ja klar, wenn unsere Verletzungsproblematik langsam aufhört. Bei Klaas-Jan Huntelaar haben wir mittlerweile ein sehr positives Feedback und auch bei Julian Draxler sieht es wieder besser aus. Nur ein Beispiel: Ich möchte gerne sehen, wie Leverkusen heute dastehen würde, wenn sie ab dem zweiten Spieltag ohne Stefan Kießling hätten auskommen müssen. Vielleicht kriegen sie das aufgefangen – dann ziehe ich den Hut. Uns hat der Ausfall von Klaas-Jan hart getroffen. Aber wenn er und die anderen wieder zur Verfügung stehen, ist unsere Mannschaft selbstverständlich konkurrenzfähig.
Schalke ackert in der Wüste