Doha. Mit der Verpflichtung von Sidney Sam ist dem FC Schalke 04 ein echter Transfercoup gelungen. Doch die aktuelle Personalnot wiegt schwerer als die Freude über den Bayer-Neuzugang. Manager Horst Heldt spricht schon von einer kleinen Katastrophe. Plant er bereits einen weiteren Transfer?

Matthias Sammer sah ein wenig blass aus, als er sich in seinem weißen FC-Bayern-Hemd unter die vielen Königsblauen gemischt hatte. Mitten unter den Schalker Fans verfolgte der Sportvorstand des FC Bayern München am Mittwoch, was der Bundesliga-Konkurrent aus Gelsenkirchen auf seinem Trainingsplatz so alles zu bieten hatte.

München und Schalke sind hier im Trainingslager in Katar Nachbarn – da kann ein Blick über den Zaun ja nicht schaden. Dass Sammer dabei etwas käsig wirkte, hatte aber wohl mehr mit der grellen Sonne zu tun, als mit den Nachrichten aus dem Lager des Mitbewerbers. Obwohl Schalkes Manager Horst Heldt durchaus etwas Spektakuläres auf der Pfanne hatte.

Sidney Sam lehnte Angebote aus dem Ausland ab

Heldt bestätigte nämlich seinen Ruf als vorausschauender Einkäufer und verkündete, dass sich Schalke mit Nationalspieler Sidney Sam von Bayer Leverkusen auf einen Vier-Jahres-Vertrag geeinigt habe, der in diesem Sommer zum 1. Juli in Kraft tritt. Damit hat Heldt gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Er hat einen Nationalspieler hinzu gewonnen, der bei Bundestrainer Joachim Löw auch für die WM hoch im Kurs steht. Er hat einen Punktsieg gegen den Mitbewerber Bayer Leverkusen errungen, der einen wichtigen Spieler verliert. Und er hat sich schon jetzt abgesichert, falls Julian Draxler Schalke in diesem Sommer verlassen sollte.

Ein Sam-Paket, das auch noch für verhältnismäßig günstige Konditionen zu haben war: Der Offensivspieler kostet 2,5 Millionen Euro Ablöse – für diese Summe kann Sam im Sommer aus seinem noch bis 2015 laufenden Vertrag in Leverkusen aussteigen. Nachdem diese Zeitung den Wechsel am Montag angekündigt hatte, sagte Heldt am Mittwoch in Doha nun: „Wir freuen uns, dass sich Sidney Sam für uns entschieden hat.“ Dem 25-Jährigen lagen vor allem noch Angebote aus dem Ausland vor.

Sidney Sam ist in dieser Saison zum Top-Spieler gereift: In 13 Bundesliga-Spielen erzielte er sieben Tore und bereitete fünf weitere vor – danach fiel er mit einer Muskelverletzung aus. Die Vorzüge des fünfmaligen Nationalspielers sind vor allem Schnelligkeit und Vielseitigkeit. In Leverkusen kommt er zumeist über die rechte Seite: Da diese Flanke auf Schalke schon von Jefferson Farfan besetzt wird, ist Sam künftig als dessen Gegenstück auf der linken Seite denkbar.

Sam-Coup kann aktuelle Schalker Not nicht lindern

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Und damit wäre Schalke in der Offensive selbst dann gut aufgestellt, wenn Julian Draxler nach der WM von seiner Ausstiegsklausel Gebrauch machen sollte und Schalke für die festgeschriebene Ablösesumme von 45,5 Millionen Euro verlässt. Auch ohne Draxler hätten die Gelsenkirchener mit Jefferson Farfan, Kevin-Prince Boateng, Max Meyer und eben Sidney Sam immer noch eine vorzeigbare Reihe im offensiven Mittelfeld. Bleibt Draxler doch noch ein weiteres Jahr, erhöhen sich durch Sam die Variationsmöglichkeiten. „Er ist auf vielen Positionen einsetzbar“, betont auch Horst Heldt.

So sehr sich Schalkes Manager über diesen Coup mit Perspektive freute, so sehr gilt aber auch: Die aktuelle Not lindert er nicht. Denn nachdem Winter-Neuzugang Jan Kirchhoff am Mittwoch in Tübingen am Syndesmoseband operiert wurde und sicher vier bis sechs Wochen ausfällt, muss möglicherweise noch einmal Geld für die Verpflichtung eines weiteren Defensivspielers locker gemacht werden. „Jans Ausfall ist eine kleine Katastrophe für uns“, klagt Heldt: „Jetzt müssen wir abwarten, ob wir noch etwas tun.“ Kirchhoff war ja gerade erst vom FC Bayern hinüber gewechselt; Matthias Sammer hatte ihn abgegeben, da die Münchner über hinreichend Personal verfügen.

Weitere Anfragen beim Nachbarn in Doha dürften aber zwecklos sein. Und so bleibt alles beim Alten. Die Bayern haben einen Luxuskader, da wird Schalke: ganz blass.