Gelsenkirchen. . Der neue Linksverteidiger der Königsblauen geht gestärkt aus der persönlichen Krise beim Hamburger SV hervor. Nach fünf Jahren stand er dort zuletzt im zweiten Glied, mit den Schalkern kann er nun erstmals in der Champions League spielen. Sein Fernziel ist die WM in Brasilien.

Die vergangenen Tage hat Dennis Aogo genutzt, um sich zurechtzufinden. Neue Umgebung, neue Mitspieler, neue Wohnung – und all das ohne Anlaufzeit. Flexibilität sollten Fußballprofis nicht nur auf dem Platz nachweisen können: Am 11. August, als Schalke in die Bundesligasaison startete, wurde Aogo beim 3:3 noch für den Hamburger SV eingewechselt, und wer ihm an jenem Sonntag prophezeit hätte, dass er in Schalkes Arena schon in Kürze in Königsblau vor der Nordkurve gefeiert werden würde, den hätte er entgeistert angeschaut.

Natürlich spürte der 26-Jährige, dass er beim HSV, bei dem er als dienstältester Profi fünf Jahre am Ball war, in Reihe zwei stehen sollte, Trainer Thorsten Fink gab eindeutige Signale. „Aber ich habe zu meinem Berater gesagt, dass ich von Anfragen nichts wissen will“, erzählt Aogo. „Ich bin nämlich keiner, der wegläuft, wenn es gerade mal ein bisschen schwieriger wird.“ Dann aber gab es das 1:5-Heimdebakel gegen Hoffenheim, und Fink gewährte den Spielern zwei freie Tage, die Aogo für einen Kurztrip nach Mallorca nutzte, um seinen Berater zu besuchen.

Als Schalke anklopfte, ging alles ganz schnell

Es gab ein Foto, die mediale Lawine rollte. Aogo wurde suspendiert und fühlte sich ungerecht behandelt: „Ich war enttäuscht, der Verein hätte mich etwas schützen können, zumal ich mich jahrelang immer zu ihm bekannt hatte.“ Als dann Schalke anklopfte, ging alles schnell: Die Königsblauen haben Dennis Aogo für eine Saison mit Kaufoption ausgeliehen, und der gebürtige Karlsruher fühlt sich bestätigt in seiner Ansicht, im Fußball besser keine Pläne zu schmieden: „Es kommt sowieso alles anders, als man denkt.“

Auf Schalke debütierte er mit einer makellosen Leistung beim 2:0 gegen Leverkusen – als Linksverteidiger, auf seiner gelernten Position also, auf der er beim HSV nicht mehr erwünscht war.

Zum ersten Mal in der Königsklasse

Und so ergab sich aus der Krise ein Karrieresprung. „Ich finde hier wesentlich bessere Bedingungen vor als beim HSV“, meint er. „Das muss ich klar sagen: Die Mannschaft ist besser besetzt, und sie spielt Champions League.“ Er selbst hat die Königsklassenbühne noch nie betreten, jetzt will er sie für eine neue Bewerbung bei Joachim Löw nutzen.

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Zwölfmal hat der Sohn eines nigerianischen Vaters und einer deutschen Mutter bereits für Deutschlands Nationalmannschaft gespielt, und natürlich hat er trotz der Skepsis gegenüber langfristigen Projekten die WM 2014 im Blick. Die Elite-Auswahl geht gerade ohne ihn in die WM-Qualifikationsspiele gegen Österreich und die Färöer, und er gibt ehrlich zu: „Ich wäre schon gerne dabei.“ Er sagt, jetzt wolle er sich so schnell wie möglich in Schalke integrieren, er hoffe auf eine kleine Serie in der Liga. Dass nach Mainz der nächste Gegner München heißt, schüchtert ihn nicht ein: „Mit der Qualität, die wir im Kader haben, können wir auch gegen die Bayern gewinnen, wenn alles optimal läuft.“

Ein Bergwerk will er gern besichtigen

Ein Ausdruck von Selbstbewusstsein, nicht von Großmäuligkeit. Dennis Aogo bevorzugt eher die leisen Töne, er befürwortet einen respektvollen Umgang im internen Konkurrenzkampf und bewundert es, wie perfekt es den Bayern bei ihrer Rotation gelungen ist, dass selbst „die großen Stars die Klappe gehalten haben“. Seine Folgerung: „Das zeigt, dass man sich nicht so wichtig nehmen sollte.“

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Starrummel hat er ohnehin so gerne wie Magengeschwüre. „Ich möchte so normal leben wie möglich“, erzählt er, „in Hamburg bin ich deshalb auch oft U-Bahn gefahren“. Er hat schon gehört, im Ruhrpott könne man Bergwerke besichtigen und sogar unter Tage fahren, das will er vielleicht mal ausprobieren. Nicht, um sich bei Schalkes Fans anzubiedern, sondern weil es ihn tatsächlich interessiert.

Vor sechs Wochen hat ihm übrigens Dynamo Moskau ein Angebot gemacht, er hätte in Russland sein Gehalt verdoppeln können. Dennis Aogo hat abgelehnt.