Gelsenkirchen. . Von Geldstrafen bis Seitenwechsel: Schalkes Trainer Jens Keller hat allerhand Maßnahmen ergriffen, um die schon im Vorjahr wackelige Abwehr zu stabilisieren. Beim 3:3 gegen Hamburg noch ohne Erfolg. Die Abwehr blieb Schalkes Achillesferse.

Nicht alle Dinge lassen sich bei Schalke 04 im Moment so rasch erklären, wie die Sache mit der Verletzung von Julian Draxler. Das ist im Grunde genommen ganz einfach: Kaputt ist nichts an der linken Achillessehne des Nationalspielers, aber nun muss man abwarten, ob sich die schmerzhafte Schürfwunde nicht noch entzündet. Bis zum Donnerstag wird man das genau wissen, und danach fällt die Entscheidung, ob Draxler am Samstag für Schalke in Wolfsburg spielen kann. So gut, so einfach.

Und sonst? Da sorgte das 3:3 im ersten Spiel gegen den Hamburger SV doch für das eine oder andere Stirnrunzeln. Vor allem, weil Schalke gleich wieder mit einem Problem konfrontiert wurde, das sich bereits wie ein roter Faden durch die vergangene Saison gezogen hatte. Das Problem in der Abwehr.

Geldstrafe bei Gegentoren nach Standards

Nach stattlichen 50 Gegentoren im Vorjahr hatte sich Trainer Jens Keller in der Vorbereitung zu diesem Komplex allerhand einfallen lassen. Dabei ging es auch um Dinge, die wirklich nur etwas für Fachleute sind: So spielt Joel Matip nun auf der rechten Seite der Innenverteidigung, weil sein Nebenmann Benedikt Höwedes einen besseren linken Fuß für die linke Seite hat. Andere Maßnahmen sind für Außenstehende viel griffiger: Zum Beispiel müssen die Spieler künftig Geldstrafen zahlen, wenn sie Gegentore nach Standardsituationen kassieren. Das klingt nach bösen Zuchtmaßnahmen aus der Magathschen Schule, soll aber in Wirklichkeit nur die Konzentration schärfen – daher werden die Fußballer auch für eigene Tore nach Standardsituationen belohnt.

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Fürs erste Spiel war der für die Defensive angedachte Erfolg aber noch sehr bescheiden: „Es hat nicht wirklich etwas gebracht“, knurrte Jens Keller – sein Team hatte auch gegen den HSV gleich wieder einen Gegentreffer nach einem Eckball kassiert: Das 2:3 durch Lasse Sobiech, den Joel Matip nicht am Kopfball hindern konnte.

Freilich bleibt die Frage: Warum sollte sich Grundlegendes ändern, wo Schalke doch mit der gleichen Abwehr wie im Vorjahr spielt? Der einzige Defensiv-Neuzugang Felipe Santana saß auf der Ersatzbank, weil Joel Matip in der Vorbereitung eben den stärkeren Eindruck hinterlassen hatte: Dass „Jimmy“, wie der Nationalspieler Kameruns genannt wird, gleich im ersten Spiel wieder unter seiner nervlichen Instabilität litt, ist eine andere Geschichte, die Santana womöglich bald eine Chance eröffnet. Und die ins Auge gefasste Verpflichtung des defensivstarken Außenverteidigers Sascha Riether vom FC Fulham scheiterte an einer Differenz von 500 000 Euro Ablösesumme.

Schalkes Abwehrverhalten nicht stimmig

Letztlich war aber das gesamte Defensivverhalten noch nicht stimmig, so dass Kapitän Benedikt Höwedes von einem „chaotischen Spiel“ mit „unheimlich vielen Fehlern“ sprach. Auch vermeintliche Stabilisatoren wie die Sechser Jermaine Jones und Roman Neustädter blieben weit unter ihren Möglichkeiten, und Torwart Timo Hildebrand hat ebenfalls schon mehr Sicherheit ausgestrahlt als ausgerechnet zum Saisonauftakt. „Einige Spieler waren noch nicht auf Top-Niveau“, sagte Manager Horst Heldt, ohne dabei Namen zu nennen. Dass „noch viel Luft nach oben“ ist, wie er anfügte, ist eine banale Erkenntnis, zu der man am Anfang der Saison gerne greift.

Doch in diesem Jahr muss Schalke eben schnell in die Gänge kommen – auch wegen der beiden nun folgenden Auswärtsspiele in Wolfsburg und Hannover, aber vor allem aufgrund der Champions-League-Qualifikation gegen Metalist Charkow. Personell nachgebessert wird vor dem ersten Spiel gegen die Ukrainer nicht mehr, obwohl Schalke bis Ende August noch einen Neuzugang holen wird: Aber das wird ein Spieler für die Offensive auf der linken Seite – nicht für die Abwehr.