Dortmund. . Die Königsblauen genießen ihren Derbysieg in Dortmund, doch sie träumen jetzt nicht von der Meisterschaft, sondern sehen sich in ihrer Entwicklung auf einem guten Weg. Über ihre Nervenstärke in der Schlussphase waren sie nach den Erfahrungen der vergangenen Wochen selbst überrascht.
Das sah schon lustig aus, als die Schalker in der Nordost-Ecke des Dortmunder Stadions vor ihren Fans tanzten – und einer von ihnen dabei auf einem Bein hüpfte. Lewis Holtby, der in der 86. Minute wegen Wadenkrämpfen vom Feld geholt worden war, gab noch einmal alles, diesen Spaß wollte er auf keinen Fall verpassen. Er war ja so stolz, sogar auf die Verletzung: „Drei Krämpfe in 15 Sekunden – das war ein Zeichen dafür, dass wir heute viel gearbeitet haben.“
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Ohne Frage: Diesmal gab es über die Haltung der Schalker nichts zu meckern, diesen 2:1-Sieg im Derby in Dortmund hatten sie sich durch die Verknüpfung von fußballerischem Können mit hohem Engagement verdient. Sie trumpften selbstbewusst auf, sie verkrochen sich nicht, sie knickten nicht ein. Nach dem 0:2 gegen Bayern München war ihnen berechtigterweise Resignation vorgeworfen worden, nach dem 2:2 in Düsseldorf Arroganz, nach dem 2:2 gegen Montpellier Naivität. An diese Spiele wird Trainer Huub Stevens gedacht haben, als er erfreut bilanzierte: „Man muss in einer Saison auch mal einen Schritt zurück machen. Aber wenn du dann wieder zwei Schritte nach vorne gehst, kannst du mit der Entwicklung zufrieden sein.“
Diesmal vergaßen seine Profis nicht im Laufe des Spiels all das, was er ihnen zuvor eingetrichtert hatte. Sie hatten die richtigen Lehren gezogen aus ihren Blamagen, auch aus den letzten direkten Vergleichen mit den Dortmunder Borussen, in denen ängstliche Schalker klar unterlegen waren.
Clever nutzten sie nun die Schwächen im taktisch neu formierten Dortmunder Defensivverbund aus. Und neben ihrer Willensstärke fiel auch ihre Disziplin auf. „Die Dortmunder konnten nur immer wieder quer oder ganz lang spielen, weil wir kompakt gestanden haben und nie ihr Spiel zugelassen haben“, analysierte treffend der tadellose Torwart Lars Unnerstall, der erst am Samstagvormittag erfahren hatte, dass er den Vorzug vor Rückkehrer Timo Hildbrand bekommen würde.
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Für Ordnung sorgten vor allem zwei Strategen vor der Abwehr, die nicht zu den Zauberern zählen, sondern meistens schnörkellos der Mannschaft dienen: Roman Neustädter und Marco Höger interpretierten die im modernen Fußball so bedeutende Sechser-Rolle perfekt.
Zwei ganz starke Sechser
Die beiden bestachen durch Umsicht, sie stellten die Passwege zu und hatten obendrein noch bemerkenswerte Offensivszenen: Roman Neustädter leitete das 1:0 durch Ibrahim Afellay ein, indem er den spurtenden Rechtsverteidiger Atsuto Uchida mit einem Traumpass aus der Tiefe der eigenen Hälfte bediente. Und der statt Jermaine Jones aufgebotene Marco Höger krönte seine Leistung mit dem 2:0, als er zuerst den Ball eroberte, sich dann einen Reisepass von Lewis Holtby ausstellen ließ und schließlich den Sololauf cool abschloss. „Ich war überhaupt nicht nervös“, versicherte der Torschütze, der sich nur beim Jubeln sorgte: „Ab dem Fünften, der auf mir lag, wurde die Luft langsam dünn da unten.“
Als Joel Matip die Riesenchance zum 3:0 ungenutzt ließ und dem BVB schon kurz danach das Anschlusstor gelang, musste Schalke Schlimmes befürchten. „Trotzdem haben wir die Ruhe bewahrt“, betonte Kapitän Benedikt Höwedes, der über diese Nervenstärke durchaus verwundert war: „Das hat mich beeindruckt, dass wir so weit sind.“
Fünf Punkte vor Dortmund sind schon ein feines Polster, und so ein Derbysieg gibt natürlich Auftrieb. Trotzdem blieben die Schalker angenehm realistisch. „Wir brauchen jetzt nicht mit der Meisterschaft anzufangen, die Bayern werden das Rennen machen“, meinte Benedikt Höwedes. „Wir müssen versuchen, uns dahinter einzureihen.“