Gelsenkirchen. Schalke legte sich im ersten Champions-League-Heimspiel der Saison mächtig ins Zeug. Doch in der 90. Minute traf Camara zum 2:2-Ausgleich für den französischen Meister Montpellier HSC. Klaas-Jan Huntelaar hatte zwei Minuten zuvor die ganz große Chance zum vorentscheidenden dritten Treffer vergeben.

Benedikt Höwedes verstand die Welt nicht mehr. Schalkes Kapitän kam sich vor wie im falschen Film – wie in einem, den er zuletzt schon beim 2:2 in Düsseldorf erlebt hatte. Auch gegen den französischen Meister Montpellier HSC brachte Schalke gestern Abend in der Champions League eine Führung nicht ins Ziel und kassierte kurz vor Schluss den 2:2-Ausgleich. Eine ganz bittere Pille für die Königsblauen, und Höwedes klagte: „Wir kriegen es einfach nicht rein, dass wir Spiele vorzeitig entscheiden. Das tut weh.“

Souleymane Camara bestrafte die Schalker mit seinem Ausgleichstor in der 90. Minute für ihre Nachlässigkeiten beim Torabschluss. Denn zwei Minuten zuvor hatte Klaas-Jan Huntelaar die Riesenchance zum entscheidenden dritten Treffer verpasst. „Wir spielen zu ängstlich“, sagte Huntelaar. Und so stand Schalke mit langen Gesichtern da: Sechs Punkten aus zwei Champions-League-Spielen hätten es eigentlich sein müssen – und nun stand am Ende doch wieder nur Frust. Und ein unschöner Eklat.

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Denn nach dem Spiel gerieten sich die beiden Trainer, die sich schon während der Partie nicht grün waren, in die Haare. Montpelliers Rene Girard beklagte mangelnden Respekt – ausgerechnet Girard, der nach dem späten Ausgleich den Mittelfinger in Richtung Schalker Bank gestreckt haben soll. Stevens hatte das wohl gesehen, wollte es aber nicht kommentieren: „Das ist nicht mein Niveau.“

Vier Neue hatte Stevens nach dem peinlichen Auftritt beim 2:2 am vergangenen Freitag in Düsseldorf eingebaut. Weil er dem angeschlagenen Jefferson Farfan nach erst einer Trainingseinheit noch keinen Einsatz von Beginn an zutraute, versuchte es der Trainer mit einem 4-4-2-System, in dem er Teemu Pukki eine Chance als Angriffspartner von Huntelaar gab.

Früher Schock für Schalke

Schon in der elften Minute hätte Pukki Schalke in Führung bringen können, als ein erster richtig guter Angriff über die rechte Seite lief und Atsuto Uchida den Ball scharf nach innen brachte: Der Finne hielt nur den Fuß hin – mit Druck wie bei einem Rückpass.

Schon zwei Minuten später war Schalke schockiert. Remy Cabella konnte nahezu ungestört durchs Mittelfeld spazieren, bevor Karim Ait-Fana an der linken Strafraumgrenze an den Ball kam und ein Kunststück vorführte: Er zirkelte den Ball mit Feingefühl unhaltbar in den rechten oberen Winkel.

Eine individuelle Klasseleistung, die aber durch fehlenden Schalker Zugriff begünstigt wurde. Wie man cleverer verteidigt, demonstrierten die Franzosen: Sie machten die Räume eng, bildeten zwei Ketten, die geschickt verschoben wurden. Man konnte ihnen aber nicht vorwerfen, destruktiv gespielt zu haben. Sie suchten auch selbst den Weg in Richtung Schalker Tor.

Schalke kämpfte und grätschte

Vor allem Julian Draxler, der schwierige Wochen hinter sich hatte, übernahm auf Schalker Seite die Initiative. Er versuchte sein Glück mit Dribblings und Schüssen, und es war ihm zu gönnen, dass er dann auch den Ausgleich erzielen konnte. Bedient mit einem traumhaften Steilpass von Klaas-Jan Huntelaar in die knappe Schnittstelle der Abwehr, zog Draxler im Tempo an Torwart Geoffrey Jourdren vorbei. Als der anschließend den Ball aus dem Netz holte, hatte er erstmals an diesem Abend eine Beschäftigung.

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Spielerisch taten sich die Schalker weiterhin schwer, aber: Sie kämpften. Sie grätschten, sie setzten nach, sie halfen sich gegenseitig – das war die Steigerung, die ihr Trainer gefordert hatte. Und deshalb durften sie in der 52. Minute den verdienten Lohn einfahren. Julian Draxler dribbelte sich unaufhaltsam in den Strafraum, bis Gary Bocaly ihn umsenste. Der russische Schiedsrichter Sergej Karasew zeigte sofort auf den Elfmeterpunkt und schickte den französischen Rechtsverteidiger vom Platz. Nervenstark verwandelte Klaas-Jan Huntelaar zum 2:1.

Der beste Schalker aber hatte diesen Erfolg teuer erkauft. Julian Draxler zog sich beim Sturz nach dem Foul einen Unterarmbruch zu. Er wurde sofort ins Krankenhaus gebracht und musste durch Ibrahim Afellay ersetzt werden.

Auch ohne Draxler blieben die Schalker offensiv. Sie versuchten gar nicht, den Vorsprung zu verwalten, sondern erhöhten den Druck. Und Huntelaar hätte in der 88. Minute das 3:1 machen müssen, schoss aber nach Vorarbeit von Farfan am Pfosten vorbei. So brachte sich Schalke um den Erfolg, denn Camara traf in der 90. Minute mitten ins königsblaue Herz.