Gelsenkirchen. . Trainer Huub Stevens vom FC Schalke 04 schaltet um auf Champions League: Der Ärger von Düsseldorf soll kein Thema mehr sein. Das Spiel gegen den französischen Meister Montpellier HSC wird auf Schalke zum Stimmungstest.
Dass Huub Stevens Fußballtrainer geworden ist, das passt schon. Ab und zu versucht er sich auch als Schauspieler, aber in diesem Fach würde er bei jeder Prüfung durchfallen. Denn seine Gestik, seine Mimik verrät doch deutlich, wie es in ihm aussieht, auch wenn er genau das verbergen will. Wenn er zum Beispiel Zuversicht verkündet – und doch mit jeder Faser Skepsis übermittelt.
Tacheles hinter verschlossenen Türen
Am vergangenen Freitag hatte ihn seine Mannschaft erstmals in dieser Saison so heftig enttäuscht, dass er nicht mehr dazu bereit war, sie wie sonst üblich in Schutz zu nehmen. Gewöhnlich verweist Stevens bei Leistungsschwankungen darauf, dass vor allem die jungen Spieler noch in der Entwicklung seien und die Erwartungen deshalb nicht zu hoch geschraubt werden dürften. Beim 2:2 in Düsseldorf verzichtete er darauf, weil das gesamte Team leichtfertig eine 2:0-Führung verspielt hatte. Am Samstag wurde dann hinter verschlossenen Türen Tacheles geredet.
Wie hat die Mannschaft auf den Liebesentzug des Trainers reagiert? Oder haben ihn Erklärungen und Entschuldigungen der Spieler überhaupt nicht interessiert? Will er eine Reaktion einzig und allein auf dem Platz sehen, also an diesem Mittwoch im Champions-League-Heimspiel (20.45 Uhr/Sky und im DerWesten-Ticker) gegen den französischen Meister Montpellier HSC? „Ich finde es nicht mehr wichtig, was im letzten Spiel war“, betont Huub Stevens. „Wir freuen uns auf dieses Spiel, weil wir es geschafft haben, uns zu qualifizieren.“ Nur eine Bemerkung gestattete sich der Trainer dann doch zu den Vorfällen vom Wochenende: „Ich hoffe, dass die Jungs die richtige Antwort geben können.“
Also alles abgehakt? Alles vergeben und vergessen? Das System heruntergefahren und neu gestartet?
Wer Huub Stevens genau zuhört und wer ihm vor allem genau zusieht, der erkennt sehr wohl, dass es noch in ihm grummelt. Der Mann ist ein Profi, er weiß, was jetzt auf dem Spiel steht, deshalb wirkt er auch angespannt. Bei einer weiteren Enttäuschung könnte die in den ersten Saisonspielen erzeugte und zuletzt ins Wanken geratene gute Stimmung endgültig kippen, auch der Trainer muss es deshalb verhindern, dass die Ereignisse der vergangenen drei Spiele nachwirken. Gegen Bayern kapitulierte sein Team, gegen Mainz verkrampfte es so sehr, dass einige Fans pfiffen, und in Düsseldorf ließen sich die Spieler zu einer Haltung hinreißen, die sich eine Schalker Mannschaft niemals leisten darf: Überheblichkeit. Weil diese Kette dringend reißen muss, übernimmt Huub Stevens PR-Arbeit, indem er ein positives Klima zu erzeugen versucht.
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Mit den Spielern hat er sich offensichtlich auf eine gemeinsame Sprachregelung geeinigt, Kapitän Benedikt Höwedes wiederholt die Aussagen des Trainers fast wörtlich und fügt dann noch hinzu: „Wir sind heiß, und auch das Publikum wird hinter uns stehen.“ Genau dafür aber hat in erster Linie die Mannschaft selbst zu sorgen. Manager Horst Heldt glaubt zwar, dass sich tatsächlich der Schalter von Bundesliga auf Champions League umlegen lässt und die Festtagsatmosphäre der Königsklasse das Team beflügeln kann. Aber er gibt dann auf Nachfrage doch ehrlich zu, dass er sich nicht ganz sicher ist, ob die Köpfe der Spieler tatsächlich bereits wieder frei sind. „Das hängt auch vom Start in dieses Spiel ab“, glaubt Heldt.
Respekt vor Frankreichs Meister
Auch der Gegner dürfte ein Wörtchen mitzureden haben. Der Meister Montpellier ist zwar derzeit in Frankreich auf Platz 13 zurückgefallen, doch der Erfolg der vergangenen Saison strahlt noch aus. Auch ohne Top-Stars schaffte es das Team, die Neureichen von Paris St. Germain sowie die Champions-League-Routiniers aus Lyon und Marseille hinter sich zu lassen. Huub Stevens hat das imponiert, na klar: „Montpellier hat doch wieder gezeigt, dass du als Kollektiv ganz viel erreichen kannst.“