Gelsenkirchen. . Huub Stevens, der Trainer des FC Schalke 04, hat neuerdings ein Luxusproblem: Der Niederländer muss auch prominente Spieler auf die Bank setzen. Nationalspieler und Kapitän Benedikt Höwedes ist der erste Härtefall – und er wird sicher nicht der letzte bleiben.

Donnerstagmorgen auf Schalke, Training im Nieselregen bei zehn Grad. Teemu Pukki scheint dieses fiese Wetter zu mögen, der finnische Mittelstürmer trifft mehrmals. Einmal entwischt er vorher Benedikt Höwedes. „Was soll ich da machen?“ ruft der Abwehrspieler und zeigt auf Christian Fuchs, dem er deutlich zu verstehen gibt, dass er sich in dieser Szene im Stich gelassen fühlte. Höwedes kann es sich derzeit nicht leisten, im Training auch mal schlecht auszusehen. Denn nur über starke Alltagsarbeit kann er sich zurück in die Mannschaft kämpfen.

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Er ist gerade erst von der Nationalmannschaft zurückgekehrt, in seinem Klub aber muss er sich wieder hinten anstellen. Die beiden jüngeren Innenverteidiger Kyriakos Papadopoulos und Joel Matip scheinen auch vor dem Spiel am Samstag beim Aufsteiger Fürth (18.30 Uhr, live im DerWesten-Ticker) im Vorteil zu sein. Eine Situation, die Höwedes so angenehm findet, als hätte ihm ein Klitschko in die Magengrube geschlagen. Benedikt Höwedes ist momentan der prominenteste Leidtragende des neuen Schalker Konkurrenzkampfes, er ist der Kapitän. Natürlich schmerzte es den 24-Jährigen, als er vor dem Heimspiel vor zwei Wochen gegen Augsburg einen Appell gegen Rassismus und Gewalt vorlesen und sich dann auf die Ersatzbank hocken musste. Grummelnd verließ er nach dem 3:1-Sieg die Arena.

Afellay drängt ins Team

Huub Stevens mag das Thema nicht, kein Wunder. Für den Trainer ist es ein Luxusproblem, dass ihm neuerdings ein auch in der Breite hochwertiges Aufgebot zur Verfügung steht. „Dass Bene Kapitän ist, ist nicht wichtig“, meint Stevens. „Wir haben einen Kader von 24 Spielern, und wir werden jeden brauchen.“ Der Trainer empfiehlt einen Blick Richtung Süden: „Auch bei Bayern München herrscht Konkurrenz. Wird da jedesmal gefragt, warum der eine spielt und der andere nicht? Bei den Bayern sitzen auch Nationalspieler auf der Bank. Wir wollten es doch so, wir müssen froh darüber sein. Das zeigt doch, dass wir einen starken Kader haben.“

Horst Heldt unterstützt den Trainer. Auch der Manager will kein Gejammer hören, er fordert von den Spielern eine professionelle Haltung: „Ich erwarte von ihnen das Bewusstsein, bei einem großen Verein zu sein.“ Wut und Enttäuschung müssten richtig kanalisiert werden: in Leistungsbereitschaft. Heldt nennt es „positive Energie“.

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Härtefälle wie Höwedes wird es künftig auf Schalke immer wieder geben – falls die meisten Spieler gesund bleiben. Wie schnell sich der Wind drehen kann, spürten gerade erst wieder die Torhüter. Timo Hildebrand, kurz vor dem Saisonstart zur Nummer eins befördert, ist von einer Verletzung ausgebremst worden und wird nach seiner Genesung nicht automatisch seinen Platz zurückfordern können, wenn Lars Unnerstall in der Zwischenzeit einen ordentlichen Job macht. Und ins Mittelfeld ist durch den Last-Minute-Transfer von Ibrahim Afellay aus Barcelona so viel Bewegung gekommen, dass sich niemand mehr sicher fühlen darf.

Afellay drängt schon gegen Fürth ins Team, Stevens testete ihn am Donnerstag zuerst als Zehner und später in einem System mit zwei Spitzen als Partner von Klaas-Jan Huntelaar. Weil die Verfassung des Peruaners Jefferson Farfan, der noch nicht von seiner strapaziösen Länderspielreise zurück war, erst überprüft werden muss, wurde Jermaine Jones als Rechtsaußen ausprobiert. „Das ist neu, aber das kann er auch“, meint Stevens und hat damit eine weitere Option.

Da sich Afellay für alle offensiven Stellen anbietet, könnten auch Klasseleute wie Farfan, Lewis Holtby und Julian Draxler ab und zu auf der Bank sitzen. Durch Holtbys Flexibilität sind zudem die Abräumer Jones und Roman Neustädter nicht ständig gesetzt. Und Spieler wie Tranquillo Barnetta, Chinedu Obasi, Marco Höger oder Teemu Pukki müssen sich mächtig strecken, um Anschluss zu halten.

Für den Trainer ist dies ideal: Die Profis treiben sich zu Top-Leistungen an, und er kann auf jede Situation reagieren. Dass das Gerangel um die Plätze nicht zu Verstimmungen in der Gruppe führen muss, betont Joel Matip: „Wir haben doch von klein auf gelernt, dass man auch mit seinen Freunden konkurriert“, erklärt der direkte Rivale von Benedikt Höwedes. „Unser Verhältnis untereinander trübt das ganz sicher nicht.“