Klagenfurt. Sein Schalker Freund Lewis Holtby hält den Österreicher Christian Fuchs für den besten Linksverteidiger der Bundesliga. Doch auch der Flanken- und Freistoßspezialist muss nun verstärkt mithelfen, mehr Stabilität in die Defensive der Königsblauen zu bekommen.

Beim Vormittagstraining auf dem Vorplatz der EM-Arena von Klagenfurt unterteilte Schalkes Trainer Huub Stevens am Freitag sein Aufgebot. Auf der einen Hälfte bereitete sich die erste Elf vor, die er für das wegweisende Testspiel gegen Sampdoria Genua am Abend in St. Veit auserwählt hatte, auf der anderen Seite befassten sich alle anderen mit Torschussvarianten.

Die Frage, auf welcher Seite des Feldes wohl Christian Fuchs trainierte, ist nicht quiztauglich. Die Trefferquote bei den Antworten dürfte bei hundert Prozent liegen. Der 26-jährige Außenverteidiger ist einer der wenigen unumstrittenen Stammspieler beim FC Schalke.

Beim Training am Morgen musste er gemeinsam mit Julian Draxler, seinem Offensivpartner auf der linken Seite, immer wieder Flanken schlagen. Diese Übung beherrscht Christian Fuchs besonders gut, mit seinem starken linken Fuß kann er die Bälle auf Wunsch mit Gefühl, mit Drall oder mit Wucht bewegen.

Christian Fuchs muss die schwache Defensive der Schalker verstärken

Aber so ein Trainingslager ist keine Kaffeefahrt, deshalb musste der Österreicher, der als Kapitän der Nationalmannschaft in seinem Heimatland bei Fans und Journalisten derzeit besonders gefragt ist, in der Vorbereitungszeit auch schwer arbeiten. Trainer Huub Stevens will unbedingt mehr Sicherheit in die Abwehr bekommen, und dazu gehört auch, dass sich Christian Fuchs weiter steigern muss. Auch er stand in der vergangenen Saison hinten nicht immer sicher, auch er hat es mit zu verantworten, dass Schalke zu viele Gegentore kassierte. In der Bundesliga waren es 44 – eine Zahl, die erst im Vergleich besonders nachwirkt: Meister Dortmund hatte 25 Gegentreffer, Vizemeister Bayern nur 22 und Gladbach als Vierter auch nur 24.

Auch interessant

Also: Latten vom Baumarkt holen und das Tor verriegeln. Oder taktisch klüger verteidigen. „Wir haben in den ersten Wochen der Vorbereitung sehr viel Wert auf die Defensivarbeit gelegt“, betont Christian Fuchs, „und es war auch eine Vorgabe des Trainers, dass wir weniger Flanken zulassen.“ Das ist zu nicht geringen Teilen der Job der Außenverteidiger.

Linksverteidiger Fuchs punktet auf Schalke auch mit seinem Wesen

Ein paar Tage der Vorbereitung verpasste Christian Fuchs im Juli, weil ihn eine schmerzhafte Weisheitszahn-Operation und anhaltende Probleme in der Mundhöhle ausbremsten. „Danach war es anstrengend, wieder in den Rhythmus zu finden“, erzählt er, „das hat mich schon ein bisschen zurückgeworfen. Aber mittlerweile bin ich wieder voll dabei und denke, dass ich auf dem gleichen Stand bin wie alle anderen.“

Eine Saison auf Schalke hat Christian Fuchs jetzt hinter sich, vor genau einem Jahr beim Trainingslager in Stegersbach im Burgenland bestaunte der frühere Bochumer und Mainzer noch vorfreudig aufgeregt die Größe des Klubs, die sich schon allein bei den von Fan-Hundertschaften besuchten Trainingseinheiten erschließt. Heute ist der Österreicher längst eine wichtige Figur bei den Königsblauen – was nicht nur an der sportlichen Leistung, sondern auch an seinem Wesen liegt. Christian Fuchs ist offen, freundlich, humorvoll, mannschaftsdienlich. Sein Stellenwert im Team ist erst in dieser Woche in Klagenfurt deutlich dokumentiert worden, als ihn die Mitspieler in den neuen Mannschaftsrat wählten.

Christian Fuchs will sich nicht durch Worte oder Ämter in Vordergrund drängen

Auch interessant

Die Stimme von Lewis Holtby, seinem Freund und Zimmergefährten im Trainingslager, mit dem er auch schon in Bochum und Mainz zusammen spielte, hatte er sicher. Holtby schwärmt: „Christian hat Erfahrung, er ist ein unangefochtener Stammspieler und einer der besten, wenn nicht sogar der beste Linksverteidiger der Bundesliga.“ Christian Fuchs ist so eine Lobeshymne eher unangenehm, auch die Wahl in den Mannschaftsrat will er nicht überbewerten. „Für mich ändert sich dadurch doch gar nichts“, sagt er. „Mit mir konnte man schon immer jederzeit reden, ich habe immer ein offenes Ohr.“

Von seinen Gesprächspartnern verabschiedet sich Christian Fuchs mit Handschlag und einem ungekünstelten Lächeln. Es gibt unsympathischere Typen im Selbstdarstellungsgewerbe Profifußball.