Klagenfurt. Schalkes Mittelfeldmann will auch gerne ein Zehner, aber keine Diva sein. Mit Schalke darf er bald erstmals in der Champions League spielen. Aktuell muss noch geklärt werden, ob der zum Saisonende auslaufende Vertrag verlängert wird. Ein Wechsel in die Premier League ist aber eher Zukunftsmusik.
Lewis Holtby lacht sich kringelig. Er sitzt im Garten des Schalker Mannschaftshotels und erklärt gerade, wie die Saisonvorbereitung aus seiner Sicht läuft, als Julian Draxler ein paar Meter weiter auf dem Ausläufer des Wörthersees in einem Elektroboot vorbeifährt – allerdings rückwärts. Draxler muss selbst lachen, weil er sichtbar Mühe hat, mit diesem widerspenstigen Ding umzugehen. Das Team eines TV-Senders hatte die Idee, mal ein Interview mit dem 18-Jährigen auf dem Wasser zu führen, die Umständlichkeiten bei der Vorbereitung sorgen nicht nur bei Holtby für Heiterkeit.
Niemals könnte Lewis Holtby so eine Situation ignorieren und dabei ernst bleiben, dem 21-Jährigen sitzt der Schalk im Nacken. Er spricht auch gern, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, er legt nicht jedes Wort vorher auf die Goldwaage. Das macht ihn authentisch – eine Seltenheit im heutigen Fußballgeschäft, in dem Berater ihren Klienten Rollenspiele fürs Image einflüstern.
Für das Spiel der U21 gegen Argentinien eingeladen
Er gibt auch zu, dass er am vergangenen Sonntag beim 0:0 im Test gegen Udinese mit sich selbst nicht richtig zufrieden war: „Obwohl ich topfit bin, konnte ich nicht jeden Sprint durchziehen, weil es so brutal heiß war. Das soll jetzt aber keine Ausrede sein.“ Aber eine Erklärung ist es durchaus, die Mannschaft trainiert hart und ist noch in der Vorbereitung. Lewis Holtby will deshalb auch die Diskussion über fehlende Schalker Tore beim 0:1 gegen den AC Mailand und gegen Udine nicht überbewerten: „Sorgen würde ich mir machen, wenn das schon zwei Pflichtspiele ohne Tor gewesen wären. Dann müsste man sich fragen, was wir falsch gemacht haben. Wenn wir die Hütten machen, wenn es wieder richtig losgeht, wird jeder auf Schalke zufrieden sein.“
Auch interessant
Lewis Holtby selbst könnte künftig eine neue Rolle einnehmen: Als „Zehner“ hat er durchaus überzeugt. Aber er fordert nichts, da bleibt er sich treu: „Ich sage es ganz ehrlich – es ist mir absolut wurscht, wo ich spiele. Es gab auch eine Zeit in der vergangenen Saison, als ich zwei-, dreimal draußen war. Ich sage doch nicht wie eine Diva, ich würde nur auf der Zehn spielen, und alles andere wäre Käse. Das ist nicht mein Stil.“
Von der Sechser-Position nach vorne stoßen zu können ist für Lewis Holtby schließlich auch eine attraktive Alternative. Mehr Torgefahr könnte er aber vermutlich weiter vorne ausstrahlen. Bei der U-21-Nationalmannschaft, die er als Kapitän anführt, ist er mit neun Toren der treffsicherste Offensivspieler. Am Donnerstag wurde der Schalker von U-21-Nationaltrainer Rainer Adrion für das Spiel gegen Argentinien am Dienstag in Offenbach eingeladen (20.30 Uhr/Eurosport live).
Spekulationen um Zukunft in England nennt Holtby "Gerüchte"
In Kürze wird die Ebene, auf der er sich international präsentieren kann, aber noch deutlich höher sein. Lewis Holtby darf erstmals in der Champions League auflaufen, er freut sich darauf wie ein kleiner Junge auf die Weihnachtsgeschenke. Er weiß, es ist für ihn die nächste Entwicklungsstufe, und er betont in diesem Zusammenhang, dass es für ihn nach wie vor ein Traum sei, auf Schalke zu spielen.
Spekulationen um eine mögliche Zukunft in England nennt er „Gerüchte“. Den Wunsch, eines Tages in der Premier League zu landen, hat er nie verborgen. Die Frage ist: wann? Derzeit geht es darum zu klären, ob der zum Saisonende auslaufenden Vertrag auf Schalke verlängert wird. „Mein Berater führt Gespräche und kümmert sich um Details“, sagt er. „Ich will mich in der Vorbereitung gar nicht damit beschäftigen, ich will mich auf den Fußball konzentrieren.“
In der Sommerpause hat er sogar mit einem Einzeltrainer gearbeitet, um sich in Details gezielt zu verbessern. Lewis Holtby will vorwärts kommen. Ihn auf den flapsigen Spaßvogel zu reduzieren, würde ihm als Profi nicht gerecht.