Gelsenkirchen. Nur im Ausnutzen der Standardsituationen war der alte und kommende Meister Borussia Dortmund cleverer als der FC Schalke 04. Das 140. Pflichtspielderby war mit Sicherheit eines der lautesten in der Historie - und der BVB gewann glücklich mit 2:1.

Als hätten sie eine böse Vorahnung: Kyriakos Papadopoulos und Jermaine Jones gingen sich in der 62. Minute mächtig an die Wäsche. Schalkes Bester war stinksauer, dass der Grieche eine gefährliche Situation mit der Hacke klären wollte.

Das Resultat war die folgende Ecke: Christoph Metzelder, ansonsten Ruhepol in der Abwehr, legte unglücklich mit der Hand vor, Sebastian Kehl stocherte die Kugel zum 1:2 aus nächster Nähe über die Linie. Der Ärger war berechtigt.

Das 140. Pflichtspielderby war mit Sicherheit eines der lautesten in der Historie. Die Arena-Schüssel kochte, und wenn es noch einer Initialzündung bedurft hätte, diese Partie unter Strom zu setzen, so kam es von den blau-weißen Rängen.

Die blutleere Vorstellung der Schalker in Nürnberg war vergessen

Vorbei und vergessen war die blutleere Vorstellung aus Nürnberg, Schalke war giftig und griffig von Anpfiff weg, und der mutmaßliche kommende Meister zeigte sich davon nicht unbeeindruckt. Und das Fußball-Schicksal schlug eine prächtige Steilvorlage auf die Gastgeber: Wie Jefferson Farfan in der achten Minute den Schuss verzögerte, der dann unter Kopfball-Mithilfe von Shinji Kagawa hinter dem sich lang machenden Roman Weidenfeller im Netz landete, das war doch die perfekte königsblaue Stimmungsrakete.

Das unverhoffte Glück hielt dann aber nur neun Minuten, als Lukasz Piszczek aus fast identischer Position – unter Geleitschutz des nicht eingreifenden Klaas-Jan Huntelaar – der Ausgleich gelang. Ein besonders kritischer Fernsehreporter wollte hierbei einen Fehler von Lars Unnerstall gesehen haben, diese Meinung vertrat er allerdings exklusiv, was Manager Horst Heldt nach dem Spiel mächtig erboste. Schalkes Nummer eins hatte die beste Sicht auf die Szene, und er erklärt sie so: „Beim ersten Tor trifft Piszczek den Ball gut, ich bin noch dran, kann die Richtung aber nicht mehr verändern.“

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Beim Namen des Dortmunder Torschützen fällt Horst Heldt das zweite Ärgernis des Nachmittags ein. Denn der polnische Nationalspieler hatte als letzter Mann nach acht Minuten Jermaine Jones derart rüde vom Ball getrennt, dass auf der Tribüne nur zwischen der Auswahl Gelber oder Roter Karte geschwankt wurde. Doch Überraschung, Überraschung, Schiedsrichter Manuel Gräfe gab nicht einmal Freistoß für Schalke, sondern lediglich Ecke. „Ich hätte mal gerne gewusst, was passiert wäre, wenn ich das Foul begangen hätte“, meinte Jones später mit trefflicher Süffisanz.

Und dass der immer ein wenig unschuldig dreinblickende Marcel Schmelzer sich nach 38 Minuten im Torraum beim diesmal jagdfieberlosen Torjäger Klaas-Jan Huntelaar einhakte und ihn umriss, war mindestens grenzwertig, denn warum hätte sich der Holländer in dieser aussichtsreichen Einschussposition hinschmeißen sollen?

BVB zog nach dem 2:1 den Stecker aus der Hochvolt-Partie

Alles Szenen einer packenden, unheimlich dichten ersten Spielhälfte. Umso auffälliger, wie der BVB mit dem 2:1-Siegtreffer nach 63 Minuten den Stecker aus dieser Hochvolt-Partie gezogen hatte. „Kompliment an meine Jungs, wie sie gegen den neuen Meister auf einer Ebene gespielt haben“, meinte Schalke-Trainer Huub Stevens und meinte wohl vornehmlich die erste Stunde. Letztlich war es das effektivere Ausnutzen der Standards, „und da war der BVB einfach gieriger, das müssen wir noch lernen“, bekannte Schalkes Coach.

Dass sein Team für den Endspurt der Saison womöglich sein Pulver verschossen habe und nun müde wäre, das befürchtet Huub Stevens nicht: „Nicht nach diesem Spiel, so etwas gibt Selbstvertrauen für die letzten drei Partien.“Und auch Christian Fuchs ist sich sicher: „Das gibt keinen Knacks, wir haben es immer noch selbst in der Hand, den dritten Platz zu sichern.“