München. Der FC Schalke 04 konnte die Krise des FC Bayern München nicht nutzen. Die Königsblauen verloren den Bundesliga-Gipfel beim Rekordmeister verdient mit 0:2 (0:1) und bleiben damit Tabellenvierter. Der überragende Franck Ribéry erzielte beide Tore für die Bayern (36./55.).

Sie hatten einen großen Kampf geliefert, am Schluss aber standen die Profis des FC Schalke 04 mit gesenkten Köpfen auf dem Rasen. Denn sie hatten eine für sie ärgerliche Serie fortgesetzt: Gegen die direkte Konkurrenz an der Liga-Spitze gab es wieder nichts zu holen. Bayern München siegte 2:0, weil die Schalker in entscheidenden Momenten nicht abgebrüht genug waren. Sie kleben damit weiterhin auf dem vierten Platz, der am Ende der Saison zwar zur Qualifikation für die Champions League berechtigen würde, aber eben keine Planungssicherheit gewährleistet.

Vor diesem Spiel stellte sich die Frage, wer die Europapokal-Woche besser verkraftet hatte: Schalke war durch die 120 Minuten gegen Pilsen physisch belastet, Bayern nach der Niederlage in Basel psychisch. Die von der eigenen Vereinsführung schwer unter Druck gesetzten Münchener konnten zunächst nicht wie gewünscht umschalten, ihre Verkrampfung war sichtbar. In der ersten halben Stunde hatten sie nur eine große doppelte Gelegenheit, und die resultierte aus einem persönlichen Fehler eines Schalkers: Weil sich Kapitän Benedikt Höwedes hinten rechts eine Nachlässigkeit leistete, konnte Franck Ribéry mit dem Ball am Fuß in den Strafraum sprinten. Er legte zurück auf Thomas Müller: Timo Hildebrand parierte prächtig; Arjen Robben kam zum Nachschuss: Erneut reagierte der Schalker Schlussmann großartig. Hildebrand, erstmals für Schalke in der Bundesliga in der Anfangself, ballte die Siegerfaust.

Pfeifkonzert für Ex-Schalke-Torwart Manuel Neuer bei jeder Ballberührung

Der Torwart auf der anderen Seite wird es nicht gerade als angenehm empfunden haben, dass Schalkes Fans anfangs deutlich lauter waren als die der Bayern. Denn Manuel Neuer dröhnte bei jeder Ballberührung ein Pfeifkonzert vom blau-weißen Oberrang entgegen.

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Schalke verteidigte hochkonzentriert, die Bayern taten sich schwer. Gefährlich wurden die Roten nur, wenn die Königsblauen selbst nach vorne spielten. Wie in der 30. Minute, als Linksverteidiger Christian Fuchs nach vorne gesprintet war, die Münchener aber nach einem Fehlpass von Julian Draxler rasant konterten. Franck Ribéry nutzte die ungewohnte Freiheit auf der rechten Angriffsseite, sein Pass nach innen aber fand keinen Adressaten.

Die Bayern versuchten ihr Glück mit offensivem Verschieben. Mal kam Franck Ribéry über rechts, mal Thomas Müller, der ursprünglich rechts vorne aufgestellte Arjen Robben spielte dann mal links und mal zentral. Typisch aber war diese Szene: Philipp Lahm wollte den Ball hinten heraus spielen, drehte sich, hob verzweifelt die Arme und passte dann quer: Vorne war alles dicht. Schalkes Abwehrarbeit war in den ersten 30 Minuten klasse, besonders die Innenverteidiger Christoph Metzelder und Kyriakos Papadopoulos ließen nichts anbrennen. Und beinahe wären die Gäste sogar in Führung gegangen. In der 35. Minute brachte Jefferson Farfan eine Ecke auf den Kopf von Christoph Metzelder, doch der steuerte den Ball genau auf den Körper des richtig postierten Manuel Neuer.

Eine Minute später aber passierte dann doch das, was sich die Schalker unbedingt ersparen wollten: Sie waren aufgerückt, Luiz Gustavo setzte sich robust und nach Ansicht der Schalker regelwidrig gegen Marco Höger durch und schlug dann einen ganz langen Ball auf Franck Ribéry. Timo Hildebrand stürmte übereifrig aus seinem Strafraum heraus und dem Franzosen entgegen, der hob den Ball gekonnt über den Torwart und schob ihn dann über die Linie. Kyriakos Papadopoulos fiel vor Hildebrand auf die Knie und hob beschwörend beide Arme: Warum nur, warum?

Fuchs zwang Neuer zur Flugshow

Dieses Tor spielte den bis dahin schwer verunsicherten Bayern natürlich in die Karten. Jetzt begann ihre beste Phase. Schalke war ganz offensichtlich geschockt, musste aber etwas für den Angriff tun. Die Bayern wurden dadurch im eigenen Stadion zum Kontern eingeladen, Schalke aber hatte vor der Halbzeit nur noch eine Chance: Julian Draxler legte zurück auf Christian Fuchs, und dessen Fernschuss zwang Manuel Neuer erstmals zur Flugshow.

„Wir spielen zu mutlos, wenn es nach vorne geht“, kritisierte Schalkes Manager Horst Heldt zur Halbzeit. Noch härter aber fiel seine Kritik gegenüber Michael Weiner aus: „Der Schiedsrichter hat aufmerksam zugehört, was von den Bayern in letzten Wochen gekommen ist.“ Bekanntlich hatte sich Bayern-Präsident Uli Hoeneß über die Schiedsrichter-Leistungen der vergangenen Wochen beschwert. Heldt nannte nun Weiners Leistung „katastrophal“ und machte dies vor allem an der Szene vor dem Tor fest. Sogar Bayerns Ehrenpräsident Franz Beckenbauer meinte zu der strittigen Szene von Luiz Gustavo gegen Marco Höger: „Natürlich kann er da pfeifen.“ Ganz anders sah das Bayern-Sportdirektor Christian Nerlinger: „Der Schiri pfeift sehr gut. Bei den teilweise überharten Attacken der Schalker Spieler hat er gut reagiert.“ Zweimal hatte Michael Weiner in der ersten Hälfte Gelb gezückt: gegen Christian Fuchs und Marco Höger.

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Und trotz allem hatte es Schalke selbst in der Hand, den entscheidenden Kontrapunkt zu setzten: Als sich die Bayern direkt nach der Halbzeit einen Augenblick lang zu sicher fühlten, durfte Joel Matip nach tollem Pass von Marco Höger durch die Mitte alleine auf Manuel Neuer zulaufen. Der Abschluss aber muss kläglich genannt werden: Matip schob den Ball neben das Tor.

Die zweite Halbzeit war nicht mehr spannend

Vor allem den jüngeren Schalkern fehlt eben noch die Cleverness, die einen Franck Ribéry auszeichnet. In der 55. Minute wurde er von Thomas Müller eingesetzt – ein Haken nach innen, ein trockener Abschluss, 2:0 für die Bayern.

Damit hatten sie den Schalkern natürlich endgültig den Nerv geraubt, die zweite Halbzeit war nicht mehr spannend. In München herrscht nun zumindest vorübergehend wieder etwas mehr Ruhe. Und auf Schalke herrscht die Gewissheit, dass es bei aller Qualität und allem Willen zu einem Sprung nach ganz oben weiterhin doch noch nicht reicht.