Gelsenkirchen. Ob Raúl auch in der kommenden Saison beim FC Schalke 04 spielt, steht noch nicht fest. “Ich glaube nicht, dass das der richtige Zeitpunkt ist, um sich über vertragliche Situation zu unterhalten“, sagte Raúl bei seinem ersten Auftritt bei einer Pressekonferenz in dieser Saison.
Mit einem lauten "Mahlzeit" begrüßte Schalke-Trainer Huub Stevens die Journalisten bei der offiziellen Pressekonferenz vor dem Europa-League-Spiel gegen Steaua Bukarest (Donnerstag, 19 Uhr, live im DerWesten-Ticker). Doch diesmal war es nicht so entscheidend, dass Stevens auf dem Podium saß. Der Mann, der hinter Stevens den Schalker Presseraum betrat, interessierte diesmal mehr: Raúl (34). Der hatte sich bisher in dieser Saison fast komplett zurückgezogen. Statements von Raúl waren selten. Sehr selten. Und wenn, dann kamen sie meist von Raúls Berater.
Deshalb saß Raúl auch gleich in der Mitte, eingerahmt von zwei Dolmetschern auf der einen sowie Huub Stevens und Schalkes Pressesprecher Thomas Spiegel auf der anderen Seite. Stevens nannte Raúl fast schon liebevoll "Rulo", wenn er über seinen Superstar sprach - wenn Stevens überhaupt zu Wort kam. Denn die meisten Fragen gingen an den sonst so schweigsamen Raúl.
Da ging es dann zum Beispiel zuerst um Raúls auslaufenden Vertrag. "Ich glaube nicht, dass das der richtige Zeitpunkt ist, um sich über die vertragliche Situation zu unterhalten", sagte Raúl. Und auch Huub Stevens blieb vage: "Raúl ist unheimlich wichtig für die Mannschaft. Es macht Spaß, mit ihm zu arbeiten. Ich bestimme aber nicht, wie das vertraglich ist. Dafür sind andere zuständig.“ Schalke-Manager Horst Heldt, der bei der Pressekonferenz zu den Zuhörern gehörte, bestätigte wie so oft: "Im Dezember oder Januar setzen wir uns zusammen. Eher im Januar aufgrund der vielen wichtigen Spiele."
Das Thema "Vertragsverlängerung" war schnell abgehakt. Ungemütlich wurde es für Raúl dann aber doch noch. Es ging um die Frage, warum er vor der Saison nicht in den Mannschaftsrat wollte. Und um seinen Medienboykott.
Raúls legendärer Auftritt als Feierbiest
Medienboykott? In der vergangenen Saison unvorstellbar. Unter Felix Magath durfte sich Raúl in der vergangenen Saison auf dem Platz alles erlauben, bei Ralf Rangnick änderte sich das bis zum Saisonende nicht. Raúl bestritt unglaubliche 50 Pflichtspiele, erzielte 19 Tore, gewann den DFB-Pokal. Das war übrigens sein erster nationaler Pokalgewinn. Interviews mit Raúl zu führen, war überhaupt kein Problem, noch vor dem Pokalfinale am 17. Mai 2011 sprach er ausführlich mit DerWesten über sein Jahr auf Schalke, über seinen legendären Auftritt als Feierbiest mit den Fans nach dem Viertelfinal-Spiel in der Champions League gegen Inter Mailand (2:1). "Das war auch für mich ein sehr spezieller Moment. Das war sehr berührend", sagte Raúl in diesem Gespräch.
Mit speziellen Momenten und tollen Bildern ging Raúl in die Sommerpause, feierte im Juni seinen 34. Geburtstag. Nach der Rückkehr war auf einmal alles anders. Mit Ralf Rangnick lag er nicht unbedingt auf einer Wellenlänge, die Wahl in den Mannschaftsrat lehnte er ab - und als im August auf dem Schreibtisch von Schalke-Manager Horst Heldt ein Angebot des Premier-League-Klubs Blackburn Rovers für Raúl lag, sah alles nach einer schnellen Trennung aus. Doch Raúl bekannte sich über seinen Berater klar zu Schalke und blieb in Gelsenkirchen. Interviews verweigerte er aber konsequent - ob im Fernsehen, im Radio, in Zeitungen oder im Internet. Egal wie anstrengend die Bundesligaspiele auch waren: In den Mixed Zones der Republik joggte er an den Journalisten vorbei. "Ich bin doch jetzt hier", sagte Raúl am Donnerstag. "Mir wurde gesagt, dass ich kommen soll. Ich bin nicht jemand, der gern Interviews gibt."
Raúl als Revierderby-Kapitän
Unter Huub Stevens wurde Raúls Laune insgesamt besser. Schon bei seiner ersten Pressekonferenz verkündete Stevens: "Ein Raúl muss bei mir nicht grätschen." Raúl gab nach dem 3:1-Erfolg über 1899 Hoffenheim ein erstes Interview bei Sky - obwohl er sich nur kurz zu seinem mit der Hand erzielten Tor äußerte und auf eine Vertragsfrage ausweichend reagierte. Auch auf der Klub-Homepage gab's Zitate der spanischen Legende wie "Schalke ist für viele unserer Fans - ich weiß nicht, ob ich es jetzt das richtige Wort benutze - wie eine Religion." Nach Benedikt Höwedes' Verletzung trug er in den Spielen gegen Nürnberg (4:0) und im Revierderby in Dortmund (0:2) die Kapitänsbinde - trotz abgelehnter Wahl in den Mannschaftsrat. "Ich bin zurzeit Kapitän, weil es eine bestimmte Situation ergeben hat, dass die Kapitäne im Moment nicht spielen. Der Trainer hat mich gefragt, bedingt durch die Tatsache, dass ich ein erfahrener Spieler bin. Das habe ich akzeptiert, ohne Probleme", lautete Raúls Erklärung.
Nach 45 Minuten Pressekonferenz verschwand Raúl zum Training. Seine sportliche Bilanz ist trotz schwankender Leistungen in dieser Saison ordentlich: 20 Pflichtspiele, 8 Tore, 6 Vorlagen. Am Donnerstag soll mindestens ein Tor dazukommen. Denn in der Europa League hat Raúl bisher noch nicht getroffen. Das weiß er auch, das wurmt ihn. "Ich hoffe, dass ich Donnerstag die Gelegenheit bekomme", sagte er. Das Revierderby hat die Mannschaft abgehakt. Sagt Raúl: "Uns ist klar, dass wir nicht gut gespielt haben. Das war aber Samstag. Ab Sonntag waren wir bei Gedanken beim Spiel gegen Bukarest."