Gelsenkirchen/Haltern am See. Welche Rolle der Abschied von Manuel Neuer bei dem rapiden Spannungsverlust des FC Schalke 04 spielt, lässt sich nicht eindeutig belegen. Fakt aber ist: Seit Neuer es unter Tränen offiziell gemacht hat, hat Schalke alle Spiele verloren.

Kurz hinter dem Ortseingang von Haltern weht eine große Fahne des FC Bayern. Das überrascht, weil die Stadt am See eigentlich als Schalke-Hochburg gilt – es gibt allein drei königsblaue Fan-Klubs im Ort. Das Schalker Herz schlägt hier also ganz schön heftig, doch um dorthin zu kommen, muss man zunächst einmal an der Fahne des FC Bayern vorbeifahren. Ein Weg, den auch Manuel Neuer am Sonntag nehmen musste.

Schalkes Torwart war im Rahmen der Spieler-Besuche bei den Anhängern zu Gast beim Fan-Klub „Steht auf“ – ein Termin, der ihm noch vor wenigen Monaten vermutlich das reinste Vergnügen bereitet hätte. Dieses Mal wirkte er im Vorfeld aber angespannt, was schon daran deutlich wurde, dass auf seine ausdrückliche Anordnung hin die Öffentlichkeit nicht erwünscht war. Am Samstagabend, kurz nach der 1:3-Heimniederlage gegen Mainz 05, wurde die Einladung mit dem Ausdruck des Bedauerns zurückgezogen.

Schon nach dem Spiel, das wahrscheinlich sein letztes als Schalker in der Arena war, warf Neuer einen Blick zurück ins Stadion, den Beobachter als extrem genervt interpretierten. Das mag auch mit dem sportlichen Niedergang zu tun haben, denn für Schalke war es die fünfte Niederlage (!) in Folge, und wer wird auf seine letzten königsblauen Tage schon gerne zur Schießbude?

14 Tore in fünf Spielen

14 Tore kassierte Neuer in den vergangenen fünf Spielen – am Samstag schob ihm der Ex-und-bald-wieder-Schalker Lewis Holtby den Ball einmal sogar frech zum 1:2 durch die Beine (82.). Holtby bereitete auch die anderen Mainzer Treffer durch André Schürrle (52.) und Nikolce Noveski (85.) vor. Für Schalke traf Klaas-Jan Huntelaar (47.) – das Comeback des Holländers war immerhin ein Lichtblick.

Trainer Ralf Rangnick interessierte das aber kaum. Ihn trieb die Sorge, dass diese Saison ein ganz böses Ende nehmen könnte, weil am 21. Mai noch das DFB-Pokalendspiel gegen den MSV Duisburg an­steht. „Automatisch“, zürnte Rangnick, „gewinnt man das Pokalfinale nicht.“ Er hatte von den Spielern verlangt, dass diese sich nach dem Aus in der Champions League jetzt wieder am Riemen reißen. Doch stattdessen gebrauchte er nach der schlaffen Vorstellung gegen Mainz das Wort „selbstgefällig“ und sagte: „Es hat mit dem Willen zu tun“. Auch Manager Horst Heldt war vollauf bedient angesichts der Diskrepanzen auf der Leistungs-Skala: „Einige Spieler geraten erheblich in Erklärungsnot.“ Weil sie nur dann gut spielen, wenn sie unter Druck stehen. Manuel Neuer stimmte zu: „Beim Amtsantritt von Ralf Rangnick standen wir unter Druck und mussten uns retten – da waren wir da.“ Doch auch Rangnick hat es nicht geschafft, diesen Druck danach aufrechtzuhalten.

Nur eine Bayern-Frage

Welche Rolle bei diesem rapiden Spannungsverlust der Abschied von Manuel Neuer spielt, lässt sich nicht eindeutig belegen. Fakt aber ist: Seit Neuer es unter Tränen offiziell gemacht hat, hat Schalke alle Spiele verloren, und die Stimmung ist im Eimer. Auch am Samstag gab es wieder Transparente – das größte überspannte fast die Gegentribüne: „1000 Freunde im Stich gelassen für emotionslose Titel und oberflächliche Lackaffen?“ Neuer knurrte nur genervt: „Da sag ich nix zu.“

Im Gegensatz dazu war der Ausflug nach Haltern für ihn fast ein Sonntagsspaziergang. Neuer war locker drauf und blieb fast drei Stunden bei den Freunden von „Steht auf“. Es wurde ihm aber auch nur eine Frage zu den Bayern gestellt – und die umkurvte er locker.