Hamburg. . Das Bundesligaspiel zwischen dem FC St. Pauli und Schalke 04 wurde 90 Sekunden vor Schluss abgebrochen. Beim Stand von 2:0 für Schalke wurde der Schiedsrichter-Assistent von einem vollen Bierbecher getroffen.
Das Entsetzen stand allen Beteiligten noch lange ins Gesicht geschrieben: Linienrichter Thorsten Schiffner hockte nach Aussage von Schalkes Manager Horst Heldt „benommen“ in der Kabine – er war von einem vollen Bierbecher im Nacken getroffen worden, so dass Schiedsrichter Deniz Aytekin sich gezwungen sah, das Spiel in der 89. Minute abzubrechen. Schalke führte zu diesem Zeitpunkt mit 2:0 beim FC. St. Pauli und steuerte einem gelungenen Einstand unter dem neuen Trainer Ralf Rangnick entgegen – doch davon war danach nur noch am Rande die Rede.
Der Skandal um den Bierbecher-Wurf überschattete alles. Auch St. Paulis Trainer Holger Stanislawski war fassungslos: „Das ist nicht zu erklären. So etwas darf in einem Fußballstadion nicht passieren. Wer mit Gegenständen aufs Feld wirft, gefährdet andere. Das hat mit Fußball nichts zu tun.“ Der Bierbecher-Werfer, ein Anhänger des FC St. Pauli, wurde nach der Tat von der Polizei identifiziert und vorläufig festgenommen. Dies bestätigte St. Paulis Sicherheitsbeauftragter Sven Brux.
Dem Aufsteiger, der auch sportlich geradewegs dem Abstieg entgegen trudelt, drohen jetzt noch empfindliche Strafen durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB). Eine Platzsperre ist möglich; die drei Punkte dürften Schalke am grünen Tisch zugesprochen werden. Davon geht Schalkes Manager Horst Heldt jedenfalls fest aus: „Es wird einen Schiedsgerichts-Termin geben, aber wir können ja nicht bestraft werden für so eine Situation.“
Schalke führte zum Zeitpunkt des Spielabbruchs durch Tore von Raúl (26.) und Julian Draxler (66.) verdient mit 2:0. St. Pauli spielte nach zwei Platzverweisen gegen Jan-Philipp Kalla (68., Gelb-Rot) und Fin Bartels (78., Rot) zum Schluss nur noch mit neun Mann. Schiedsrichter Aytekin hatte sich obendrein den Zorn der Gastgeber zugezogen, weil er in der zweiten Halbzeit einen Treffer von Max Kruse nicht anerkannte, da Fabian Boll im Abseits gestanden hatte - eine höchst umstrittene Entscheidung. Die Emotionen kochten hoch.
Schiedsrichter Aytekin monierte schon beizeiten, dass seine Assistenten mit Feuerzeugen und Münzen beworfen worden waren – er ordnete auch Stadiondurchsagen an. Die Partie schien dennoch über die Bühne zu gehen, bis Aytekins Assistent Thorsten Schiffner in der 89. Minute von dem vollen Bierbecher im Nacken getroffen wurde und zusammenbrach. „Da gibt es überhaupt keinen Spielraum mehr, wir mussten abbrechen“, erklärte Aytekin.
Während sich St. Paulis Manager Helmut Schulte nach dem Spiel bei dem Schiedsrichter-Gespann entschuldigte, hatte St. Paulis Profi Fabian Boll eine andere Sicht: „Es ist unnötig, dass man Gegenstände auf das Feld wirft, aber es ist genauso unnötig, dafür das Spiel abzubrechen, wenn nur noch so wenige Minuten zu spielen sind.“ Eine eigenwillige Sichtweise, für die Schalkes Manager Heldt kein Verständnis hatte: „Der Schiedsrichter hat richtig entschieden.“
Aytekin wird nun einen Sonderbericht anfertigen, in dem er den Vorfall detailliert schildern wird – „alles weitere wird das DFB-Schiedsgericht entscheiden.“ Nach Lage der Dinge dürfte Schalke die Punkte zugesprochen bekommen und sich damit in der Bundesliga aus dem Abstiegskampf heraushalten. Eigentlich ein gelungener Einstand für Trainer Ralf Rangnick, der über den Bierbecher-Skandal am liebsten gar nicht viele Worte verloren hätte: „Es ist traurig, dass so etwas geschehen ist.“