Gelsenkirchen.
Zu behaupten, er sei wieder hier, in seinem Revier, wäre sicherlich übertrieben. Auch wenn Manager Horst Heldt behauptete, den Trainer an Land gezogen zu haben, „der wieder nach Hause kommt.“ Aber zumindest hatte Ralf Rangnick an seinem ersten Arbeitstag auf Schalke nach sechs Jahren Abwesenheit nicht vergessen, wie man sich stilgerecht zurückmeldet: „Hallo und Glückauf“, meinte der 52-Jährige zur Begrüßung, als sich das Blitzlichtgewitter vor dem Podium kurzzeitig gelegt hatte.
Eigentlich hatten er und Heldt seine Rückkehr erst für den 1. Juli vorgesehen, aber besondere Situationen erfordern nun mal besondere Maßnahmen, und von der Notwendigkeit hatte sich der arbeitslose Fußballlehrer am Sonntag vor dem Fernsehschirm ein erschütterndes Bild machen können. Jedenfalls fiel sein Urteil über den Ist-Zustand seiner neuen alten Mannschaft vernichtend aus: Um zu notieren, wie viele Schalker in Leverkusen den Ball erobert hätten, habe er nicht einmal einen Zettel benötigt. Ja, schlimmer noch: „Ich habe nicht das Gefühl, dass die Mannschaft eine Vorstellung hat, wie sie den Gegner in Bedrängnis bringen soll.“ Das Spiel bei Bayer wäre eine Blaupause zur Niederlage in Mönchengladbach gewesen.
Rund zehn Tage bleiben dem neuen Hoffnungsträger, um für die nächste Auswärtspartie auf St. Pauli eine schlagkräftige Truppe auf die Beine zu stellen. Zehn Tage, in denen in einer Art „Casting Show“ aus dem 38er Kader die Top-Elf herausgefiltert werden soll, wobei auch Rangnick weiß, dass, „wenn alle erscheinen, ein vernünftiges Training gar nicht möglich ist.“ Wobei natürlich nicht alle wieder bei Null anfangen müssen, Rangnick weiß schon, wer seine Stützpfeiler in der Mannschaft sind. Aber es könne nicht sein, dass die Partie „Neuer gegen Leverkusen“ laute, dass es im Drei-Minuten-Takt zu Eins-zu-Eins-Situationen vor dem eigenen Tor komme.
Auch das Mitwirken von Jefferson Farfan wurde in der BayArena schmerzlich von ihm vermisst, denn das Konzept des neuen Trainers fußt vor allem auf Tempo und Teamspirit. Rangnick: „Es muss schon so sein, dass man in St. Pauli die neue Handschrift erkennt.“ Der Neue, der Schalke in Sachen Trainerstationen schon als die Adresse einordnet, „wo ich die meisten Emotionen und Gänsehaut-Situationen erlebt habe“, will in erster Linie, dass wieder ein Team auf dem Platz steht, denn dann würden die Fans zu einer zusätzlichen Waffe, „dann sind sie wie ne Eins da.“ Und die Hilfe können alle Beteiligten sicherlich gut gebrauchen, zwei Siege müssen es aus den letzten sieben Spielen schon sein, um in der Liga nicht noch in Schwierigkeiten zu kommen.
Dann geht es wohl erst an die mittelfristige Planung: Torhüter Manuel Neuer soll zu einer Vertragsverlängerung bewegt werden, auch Jefferson Farfan spiele in Rangnickschen Überlegungen eine gewichtige Rolle. Und die Rückkehrer wie Lewis Holtby und Jan Moravek werden ebenfalls mit offenen Armen empfangen.
Von wem man sich dann trennen wird, ja, trennen muss, weil Schalkes Konto-Dispo endlich ist, werden die kommenden Wochen zeigen.