Gelsenkirchen. . Die Kritik von Schalke-Kapitän Manuel Neuer trifft auch Felix Magath. Der reagiert gelassen und verzichtet auf Sanktionen.

Die Kiebitze, die sich auf den offiziellen Schalker Trainingsplan verlassen hatten, standen am Montag einfach nur in der Kälte. Für 10 Uhr war das Training angesetzt, doch erst um 12 Uhr kamen die Spieler auf den Platz. Zwei Stunden dauerte die Aufarbeitung des Vorabends – die Spieler mussten sich noch einmal eine Hälfte des Streifens ansehen, den sie bei der 1:2-Pleite beim Tabellenletzten Borussia Mönchengladbach zusammengekickt hatten. Als sie dann am Montag doch noch auf den Platz kamen, trainierten sie sich fast selbst: Co-Trainer Seppo Eichkorn beobachtete nur am Rande, Felix Magath fehlte, weil er einen wichtigen Termin auf der Geschäftsstelle hatte. Er kündigte Michael Boris, dem Trainer der Amateurmannschaft, das baldige Ende der Zusammenarbeit an.

Bedarf zur Kabinen-Aussprache gab es reichlich – schon Manuel Neuer hatte in Mönchengladbach schonungslos offen den Zustand der Mannschaft beschrieben. Die Worte des Kapitäns waren sehr wohl überlegt, hatten aber den Knall von Peitschenhieben: Schalke sei „teilweise vorgeführt worden“, der Auftritt sei „symptomatisch“, die Mannschaft sei „keine Einheit“. Während die meisten Vorwürfe an die Adresse der Mitspieler gingen, traf ein Teil der Kritik aber auch Felix Magath. Neuer wörtlich: „Wenn man sich versteckt und keinen Plan hat, wie man weiter Fußball spielen will, dann verliert man halt so ein Spiel.“

Keine Einheit, keinen Plan – deutlicher kann man es kaum sagen. Und für den Plan der Mannschaft ist im Fußball nun mal der Trainer zuständig.

Felix Magath ging am Montag zunächst auf Tauchstation. Er wolle an diesem Tag keine Interviews geben, hieß es. Am Nachmittag versicherte er im Gespräch mit dieser Zeitung jedoch, dass Neuer für seine Kritik keine Strafe fürchten muss: „Es gibt für mich im Moment keinen Grund, da etwas zu machen. Äußerungen, die nach dem Spiel aus Enttäuschung getroffen werden, sollte man nicht auf die Goldwaage legen.“ Einen ernsthaften Krach mit Neuer, dem Schalker Idol, kann sich Magath aber auch kaum leisten. Da geht es um Kosten und Nutzen – der Nationaltorwart ist Schalkes Kapital. Fraglich jedoch, ob andere genauso glimpflich davon kommen würden. Jermaine Jones etwa ist nach Systemkritik und schwachen Leistungen bereits aus dem Profikader geflogen. Er kickt heute in Blackburn.

Auch interessant

Von DerWesten

Manuel Neuer, der sich auch bei der Kabinen-Aussprache zu Wort meldete und einbrachte, kritisierte in erster Linie die Mannschaft – die aber wiederum von Magath zusammengestellt worden ist. Die Hälfte der Spieler hätte sich „versteckt“. Die Gründe dafür sind vielschichtig: Lukas Schmitz zum Beispiel bleibt eine Notlösung als linker Verteidiger, obwohl in Schalkes Kader noch vier andere Spieler für diese Position herumlaufen. Atsuto Uchida kann derzeit wieder nicht seine Defensiv-Schwächen überspielen. Und Christoph Metzelder hat so viel zu tun mit seiner eigenen Leistung, die mal besser und mal schlechter ist, dass er seine zugedachte Rolle als Chef der Abwehr nicht ausfüllen kann. Neuer sieht da ein strukturelles Problem: „Es kann nicht Sinn der Sache sein, dass ich lange Bälle auf Raúl und Huntelaar spielen muss, weil wir hinten nicht herausspielen können.“

Die Geister, die er rief...

Jefferson Farfan hingegen ist offenbar durch das Theater im Winter die Lust abhanden gekommen: Geradezu entlarvend, dass sein miserabler Auftritt in Gladbach in krassem Gegensatz zu seinem guten Spiel in Valencia stand – denn in der Champions League will er sich für einen neuen Verein empfehlen; als Interessent gilt nun Juventus Turin. Auch Jose-Manuel Jurado hat seine besten Spiele in der Champions League gemacht, während Klaas-Jan Huntelaar manchmal so wirkt, als würde er schon resignieren: Seit 911 Minuten hat der 14-Millionen-Mann in der Bundesliga jetzt kein Tor mehr geschossen.

Wieder glaubt Magath jetzt, dass mit der Sitzung vom Montag das Wichtigste „geklärt“ ist. Doch die Zeiten bleiben nicht nur frostig, sondern auch unruhig. Dazu reichte schon ein Blick auf Magaths Seite bei Facebook, wo die „Freunde“ ja auch Kritik üben können. Die Geister, die er rief...