Gelsenkirchen. In der Fußball-Bundesliga hat Felix Magath zuletzt nichts und niemand stoppen können. Gestern war das anders, da trat der Mann, der mit dem VfL Wolfsburg Meister geworden ist, seinen neuen Job als Trainer und Manager des FC Schalke 04 an. Und zwar mit Verspätung.
Über eine Stunde lang standen Magath und Schalkes Aufsichtsratschef Clemens Tönnies, der ihn nach Gelsenkirchen gelotst hat, auf der Autobahn A 2 an Baustellen und hinter einem ungestürzten Lastwagen im Stau. Man kann darin durchaus ein Zeichen sehen: Magath findet auf Schalke viel Arbeit vor, und es wird Zeit brauchen, bis er den Verein so umgebaut hat, wie es ihm vorschwebt.
Als er dann da war, braungebrannt nach seinem dreiwöchigen Urlaub auf Puerto Rico, entspannt, wie immer tadellos gekleidet, diesmal im dunklen Anzug und mit anthrazitfarbener Krawatte, ließ Magath bei aller Freundlichkeit wenig Zweifel daran aufkommen, was er auf Schalke vorhat. Es wird sich vieles ändern, und das gründlich.
Nach dem FC Bayern, sagt Magath, sei Schalke 04 schließlich der bedeutendste Verein der Bundesliga, auch der mit dem höchsten Emotionspegel. Das macht die Aufgabe, der sich Magath für vier Jahre verschrieben hat, so schwierig, aber auch so reizvoll. Ein mulmiges Gefühl unmittelbar nach der Vertragsunterzeichnung will Magath nicht abstreiten, er hält Schalke für seine „vielleicht schwierigste Mission” als Trainer, er erwähnt kurz, dass ihm durchaus bewusst sei, auf Schalke scheitern zu können.
Aber das ist ein bisschen Taktik, es geht darum, um Geduld zu werben. Magath hatte in seinem Urlaub lediglich Kontakt zu Clemens Tönnies, er hat sich gut einen Monat lang sehr bewusst von Schalke fern gehalten und aus der Distanz nicht eingemischt. Aber zu glauben, dass dieser Trainer nicht ganz klare Vorstellungen davon hat, wie er den Verein in den Griff bekommen will, wäre naiv.
Natürlich, sagt Felix Magath wieder und wieder, werde er in den nächsten Tagen mit allen reden, die derzeit spielen und arbeiten. Das hat er immer so gehalten. Aber wer auf Schalke künftig die Richtung vorgibt, macht Magath sofort unmissverständlich klar: „Ich werde mit jedem sprechen, aber es muss nach meinen Vorstellungen gehen. Jeder kann dann entscheiden, ob er mitmachen will oder nicht.”
Das ist die Grundrichtung, von der Magath keinen Meter abweichen dürfte. Er hat in den letzten Jahren in der Bundesliga Erfolg gehabt wie kein zweiter Trainer, daraus zieht Magath sein Selbstverständnis, in allen Bereichen die Richtung vorzugeben. Schalke war zuletzt das glatte Gegenteil: voller enttäuschter Hoffnungen, mit sich und der Welt hadernd, erfolglos, glücklos bei der Auswahl des Managers und des Trainers. Und wie Magath anmerkt: aus der Ferne gesehen ein Verein, in dem nicht alle in die gleiche Richtung marschierten. Damit, auch das macht der 55-Jährige gelassen, freundlich und ohne große Worte zu benutzen sehr deutlich, hat's vorbei zu sein.
Neuzugänge, Abgänge, Änderungen im Trainer- und Betreuerstab – alles das wird's geben, alles das wird Magath entscheiden, nur eben jetzt noch nicht. Erst wird geredet und geprüft. Dass die finanziellen Mittel für neue Spieler knapp sind - fünf Millionen und eventuell ein Teil der Erlöse aus Verkäufen – ist ihm klar: „Clemens Tönnies hat mich nie im Unklaren darüber gelassen.” Deshalb wird es möglicherweise etwas dauern, bis Schalke da ist, wo es hin soll, seiner Bedeutung entsprechend direkt hinter München und vielleicht auch mal vor dem FC Bayern. Vier Jahre läuft Magaths Vertrag, im Fußball eine unendliche Zeit. „Es geht um Perspektive und Nachhaltigkeit”, nickt Clemens Tönnies.
Er liegt da auf Kurs mit Felix Magath. Irgendwann muss es aber auch genug sein mit Perspektiven. Dann soll ein, dann soll der Titel her, nach dem sich Schalke so sehnt. „Wenn's in den vier Jahren nichts mit der Meisterschaft wird”, sagt Magath, „dann gute Nacht, auf Wiedersehen. Dann habe ich auch nicht verdient, weiter Trainer auf Schalke zu sein.”