Tel Aviv. .
Mitten in der größten sportlichen Krise reist Schalke 04 6200 Kilometer für ein Champions-League-Spiel, das von den wirklichen Problemen ablenkt. Mit einem Sieg bei Hapoel Tel Aviv können die Königsblauen zwar das Tor zum Achtelfinale weit aufstoßen, doch viel wichtiger ist der Abstiegskampf in der Bundesliga.
6200 Kilometer, fast neun Stunden im Flieger - die strapaziöse Dienstreise in den Nahen Osten kommt für den abgestürzten Vizemeister Schalke 04 denkbar ungelegen. „Ich kann mich nicht so richtig darauf freuen. Andere Aufgaben sind im Moment sicherlich wichtiger“, sagte Trainer Felix Magath vor dem Flug zum Champions-League-Spiel am Dienstag (20.45 Uhr/Sky und im DerWesten-Ticker) beim israelischen Meister Hapoel Tel Aviv.
Die Asien-Premiere der Gelsenkirchener in der Königsklasse fällt mitten in die größte sportliche Krise des Traditionsklubs seit zwei Jahrzehnten - und birgt die Gefahr, vom Wesentlichen abzulenken. Deshalb mahnte Magath: „Wir fliegen da runter, um schnell durch ein neues Erfolgserlebnis neue Kraft zu kriegen für die nächste Aufgabe, die wichtiger als die Champions League ist.“
Der FC St. Pauli am Freitag (20.30 Uhr/Sky und Liga total!) im Bundesliga-Abstiegskampf hat Vorrang vor der Kür auf der internationalen Bühne. Auch wenn die Perspektiven in der Champions League ungleich rosiger sind. „Da zeigt die Mannschaft ihre Klasse“, sagte Magath mit Blick auf die bisherigen Auftritte in der Königsklasse. Nach zwei Siegen und Platz zwei in der Gruppe B könnten die Schalker mit einem Erfolg in Israel das Tor zum Achtelfinale schon ganz weit aufstoßen, weiteres internationales Renommee erwerben und zusätzliche Millionen-Einnahmen generieren.
Doch das alles interessiert im Moment auf Schalke wenig. Der Absturz auf den vorletzten Tabellenplatz hat bei den Fans Entsetzen, bei den Spielern Angst und beim Trainer Ratlosigkeit ausgelöst. „Dramatisch“ nannte Abwehrchef Christoph Metzelder nach dem 0:1 am Samstag gegen Bayer Leverkusen die Situation, „gefährlich“ sein Verteidigerkollege Benedikt Höwedes, Superstar Raul machte „viel Angst“ aus.
Die Hoffnung, dass ein Erfolg in der Champions League die Trendwende einleiten könnte, ist geschwunden. Den Siegen gegen Benfica Lissabon (2:0) und gegen Tel Aviv (3:1) folgten regelmäßig Rückschläge in der Bundesliga. Dennoch soll im Bloomfield-Stadion, 600 Meter vom Mittelmeerstrand entfernt, wieder das schöne Schalke-Gesicht gezeigt werden. „In der Champions League haben wir auch nach schlechten Bundesliga-Spielen immer gut ausgesehen“, sagte Höwedes, „auf diesen positiven Aspekt hoffe ich auch diesmal.“
Auf der großen Bühne fühlten sich vor allem die Stars bislang viel wohler als im dunklen Bundesliga-Alltag. Raul schrieb im Hinspiel mit seinen Europapokaltoren 69 und 70 Fußball-Geschichte, sein spanischer Landsmann Jose Manuel Jurado glänzte als Vorbereiter und Torschütze. Doch stets folgte der nächste Rückschlag in der Liga. Dort vermisst Raul bislang die angenehme Atmosphäre der Königsklasse. „Wir müssen uns wohl fühlen auf dem Platz“, sagte der 33-Jährige.
In der Wohlfühl-Oase Champions League bei sommerlichen Temperaturen werden Linksverteidiger Lukas Schmitz wegen einer Verletzung des Hüftbeugers, Jermaine Jones (Bänderriss im Sprunggelenk) und Hao Junmin (Blinddarm-Operation) fehlen. Für Schmitz kommt der Spanier Sergio Escudero zum Einsatz, der bislang nur in der ersten Pokalrunde (2:1 in Aalen) auf dem Platz stand. „Er hat sehr gute Fortschritte in den letzten Wochen gemacht und es nach seinen Trainingsleistungen verdient, im Spiel dabei zu sein“, sagte Magath.
Anders als Schalke geht Hapoel mit Rückenwind aus der nationalen Liga ins Spiel. Mit dem 3:2 gegen Hapoel Beer Sheva kletterte der Titelverteidiger auf den zweiten Tabellenplatz. - Die voraussichtlichen Mannschaftsaufstellungen:
Tel Aviv: Enyeama - Kende, Badier, da Silva, Ben Dayan - Vermouth, Toama, Yadin, Zehavi - Tamuz, Sahar. - Trainer: Gutman
Schalke: Neuer - Uchida, Höwedes, Metzelder, Escudero - Kluge - Farfan, Rakitic - Jurado - Raul, Huntelaar. - Trainer: Magath
Schiedsrichter: Frank De Bleeckere (Belgien)