Gelsenkirchen. .

Mit den kriselnden Gladbachern kommt ein scheinbarer Aufbaugegner in die Schalker Arena. Doch auch bei Königsblau läuft noch längst nicht alles rund. Insbesondere ein Star-Einkauf macht Sorgen.

Rolf Töpperwien wird heute nicht in Gelsenkirchen sein. Nach 37 Dienstjahren will der ZDF-Mann mit einem Spitzenspiel in den vorzeitigen Ruhestand gehen. Er hat sich vor einigen Wochen für das Nordderby zwischen Werder Bremen und dem Hamburger SV entschieden und muss nun erkennen, dass er damit ein letztes Mal falsch lag. Auch das Spiel zwischen Schalke 04 und Borussia Mönchengladbach klang vor Saisonbeginn vielversprechend, aber Töpperwien hätte sich auch mit dieser Partie verhauen. Denn sie ist das Aufeinandertreffen zweier Vereine, die ihren eigenen Erwartungen meilenweit hinterherlaufen und deshalb zutiefst verunsichert sind.

Auf Schalke hat das 2:1 in Freiburg ja nicht viel mehr bewirkt, als das schlimmste Gespött der Konkurrenz über das Start-Debakel mit vier Niederlagen, darunter der Vorführung durch Borussia Dortmund, verstummen zu lassen. Aber die Kluft zwischen Anspruch und Realität klafft nach wie vor so tief, wie Schalke in der Tabelle gestürzt ist. Da kann von Sicherheit keine Rede sein, und Felix Magath, der ohnehin nicht zu euphorischen Ausbrüchen neigt, hält sich daher bedeckt, wenn es um das Spiel gegen Mönchengladbach geht. Natürlich, die Borussia komme nicht gerade mit Erfolgserlebnissen im Rücken. Was angesichts des Gladbacher Sturzflugs mit einem 0:4 gegen Frankfurt, dem 0:7 in Stuttgart und dem 1:2 gegen Aufsteiger St. Pauli satt untertrieben ist. Aber die Gäste, beharrt Magath, müssten schließlich nicht das Spiel machen: Also eine einfache Aufgabe für Gladbach, eine schwere für Schalke.

System soll Raúl zur Geltung bringen

Diese Meinung muss man nicht teilen. Aber leicht fällt den Schalkern in diesen Tagen nichts, auch das 2:1 in Freiburg ist ihnen nicht zugeflogen. Mit der Umstellung auf ein System mit einer Dreierkette hinter Spielmacher Jurado und zwei Spitzen scheint ein bisschen mehr Grund ins Spiel gekommen zu sein. Das System soll vor allem den Mann zur Geltung bringen, an dem sich die Schalker Krise so trefflich festmachen lässt. „Ich messe ihn nicht an Toren, er ist abhängig vom Mittelfeld. Und er stellt sich immer in den Dienst der Mannschaft“, sagt Magath über Raúl. Wie zur Bestätigung fügt er an, dass der spanische Star, in dem die zahlreicher werdenden Kritiker einen Ex-Star sehen, noch beim Champions-League-Spiel in Lyon die drittmeisten Ballkontakte gehabt habe.

Nur: Raúl, der zentrale Spieler in Magaths gewaltiger Personalrochade, ist ein Mann, der die Fans zum Schwärmen gebracht hat, als er verpflichtet wurde. Der sie träumen ließ. Aber wer träumt schon gerne von den drittmeisten Ballkontakten?

Natürlich hält Magath weiter an Raúl fest, eine Diskussion um seinen Schlüssel- und Wunschspieler kann er nicht gebrauchen. Es geht, im Gegenteil, darum, Sicherheit ins Team zu bringen. Automatismen zu entwickeln. Was dummerweise angesichts einer englischen Woche nach der anderen im Training kaum möglich ist, wie Magath beklagt: „Das muss bei uns in den Spielen passieren.“

Gladbacher rätseln über Misserfolg

Die schockstarren Gladbacher scheinen da gerade rechtzeitig zu kommen. Wie das in der Branche so ist: Der Vertrag mit Trainer Michael Frontzeck mag ja erst im Juli vorzeitig um zwei Jahre bis 2013 verlängert worden sein – vor den wie üblich aufkeimenden Gerüchten schützt dieser Vertrauensbeweis den Gladbacher Coach im Moment nicht.

Über die Ursache ihrer dramatischen Ergebnis-Serie rätseln die Borussen immer noch. Sportdirektor Max Eberl sieht sie im 6:3 in Leverkusen, das der Mannschaft vor drei Wochen den Kopf verdreht habe. Man weiß, was Eberl meint, dennoch klingt es kurios. Schalke hält es da mit Althergebrachtem: Nichts wirkt besser gegen die weichen Knie als der dringend benötigte zweite Saisonsieg.