Gelsenkirchen. .
Es gibt, das werden nicht einmal jene Fußball-Anhänger bestreiten, die dem FC Schalke 04 in herzlicher Abneigung zugetan sind, wenig unterhaltsamere Vereine als diesen einen aus Gelsenkirchen.
Vielleicht hatte Horst Heldt das bereits an seinem ersten Arbeitstag verinnerlicht: „Ja, hallo erstmal“, sagte Schalkes neues Vorstandsmitglied zur Begrüßung und bediente sich unbewusst bei Kabarettist Rüdiger Hoffmann. Danach war allerdings schnell Schluss mit lustig: Trainer und Manager Felix Magath nutzte die Gelegenheit und erneuerte seine Forderungen nach kräftigen Investitionen in die Mannschaft. Ein wenig gewagter Tipp: mit Erfolg.
Es gibt da zwei Baustellen, die Magath umtreiben. Die eine ist so etwas wie der Fluch der guten Tat: Weil sein Einstandsjahr auf Schalke mit Platz zwei und der Qualifikation für die Champions League viel erfolgreicher verlaufen ist als gedacht, macht Magath sich wenig Illusionen über steigende Erwartungen an die Mannschaft – und ihn. „Zaubern kann ich nicht“, sagte er gestern dazu, was heißt: Ohne massive Investitionen in den Kader wird sich Schalkes Aufwärtstrend seiner Meinung nach nicht fortsetzen. Vor Wochen bereits hatte Magath 30 Millionen Euro für Transfers ins Gespräch gebracht. Die Gegenposition von Aufsichtsratschef Clemens Tönnies war davon weit entfernt: zehn Millionen als Sockel. Und obendrauf nur das, was Schalke an Ablösesummen durch Verkäufe reinholen kann.
Die andere Baustelle hängt mit der Jahreshauptversammlung zusammen. Im Mai war der – nicht sonderlich professionell vorgetragene – Versuch, Magath von der Zustimmung des Aufsichtsrats bei allen Geschäften über 300 000 Euro Volumen zu entbinden, am Veto der Mitglieder gescheitert. Gestern erweckte der Manager den Eindruck, als habe er das noch nicht verwunden.
Magath offensiv
Und so ging Magath noch einmal schwungvoll in die Offensive. Kernpunkt: Ohne substanzielle Verstärkungen und mit Gegenwind im Verein – von dem für Außenstehende allerdings nichts zu spüren ist – stehe man vor einem „ganz ganz schweren Jahr.“ Wenn Schalke sich oben etablieren wolle, müsse investiert werden. Noch, haderte Magath, wisse er nicht, was ihm an Mitteln tatsächlich zur Verfügung stehe, das Thema müsse schnell geklärt werden.
Das alles ging an die Adresse von Clemens Tönnies, der danach versuchte, die Gemüter zu beruhigen. Felix Magath liege im Grunde richtig, größere Einnahmen seien nur durch größere sportliche Erfolge zu erzielen: „Das habe sogar ich verstanden“, nickte Tönnies und spielte darauf an, dass er nicht aus der Fußball-, sondern aus der Fleischbranche kommt: „Da unten auf dem Platz sind unsere Schnitzel.“ Geschäft ist Geschäft, ohne Investitionen kein Ertrag.
So wird sich Clemens Tönnies wohl trotz der nach wie vor angespannten finanziellen Lage des Vereins auf Magath zubewegen. Es gehe um den Spagat zwischen den Wünschen des Trainers und der ersten, inzwischen offenbar überholten Vorstellung des Aufsichtsrats. „Was wir haben, werden wir ihm in die Hand geben“, bekräftigte Tönnies, „wir werden tun, was möglich und verantwortbar ist.“
Raul wird hoch gehandelt
Damit darf also munter spekuliert werden. Schalke braucht einen Ersatz für den abgewanderten Kevin Kuranyi, dazu einen Mann fürs Mittelfeld, der für die von Magath ersehnte spielerische Verbesserung sorgen kann. Das Interesse an Real Madrids Stürmer Raul dementiert Magath nicht. Öffentlich wird der 33-Jährige, in Madrid eine Ikone mit der Perspektive Ersatzbank, hoch gehandelt, die Rede ist vom konkreten Angebot eines Zweijahresvertrags mit vier Millionen Euro Jahresgehalt plus Handgeld. Intern gibt es allerdings auch Hinweise darauf, dass an der Geschichte doch nichts dran sei. Felix Magath hält sich bedeckt, Raul werde sich in einigen Tagen zu seiner Zukunft äußern.
Und Horst Heldt, den Tönnies „ohne finanzielle Belastung für den Verein“ in Stuttgart losgeeist hat? Der hielt sich am ersten Tag naturgemäß zurück. Sein offizieller Titel lautet „Vorstand Sport und Marketing“, sein Ziel, einen Beitrag zur Schalker Meisterschaft zu leisten – möglichst innerhalb der nächsten drei Jahre. Auch das war übrigens durchaus nicht kabarettistisch gemeint.