Gelsenkirchen. Kehrt Clemens Tönnies zu Schalke zurück? Wer ihn unterstützt, welche Gegner es gibt und wie die Klubführung reagiert - ein Faktencheck:

Als hätte Schalke 04 in der Zweiten Liga vor dem Kellerduell gegen Eintracht Braunschweig (Samstag, 13 Uhr/Sky) nicht schon genug Schwierigkeiten – seit Dienstagabend schwebt der Name des langjährigen Aufsichtsrats-Vorsitzenden Clemens Tönnies (67) wieder über der Arena. Tönnies würde sich wegen falscher Vereinspolitik jetzt einschalten, titelte Bild. Die folgenden Diskussionen zeigten, wie konträr Schalkes Mitglieder und Fans Tönnies gegenüberstehen. Viele lehnen eine Rückkehr von „CT“ kategorisch ab – er habe den Niedergang der Königsblauen mit seinen Entscheidungen bis zum Rücktritt im Juni 2020 eingeleitet. Die anderen wünschen sich in der aktuellen Krise eine Rückkehr des Milliardärs. Doch was ist dran an diesen Protesten? Sind sie mehr als nur Säbelrasseln? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

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Was ist passiert?

Dass es eine Oppositionsgruppe gibt, die Ideen diskutiert, um gegen die aktuelle Vereinsführung um den Aufsichtsratsvorsitzenden Axel Hefer zu protestieren, ist seit Monaten bekannt, auch diese Zeitung hat darüber berichtet. Wollte die Gruppe im Jahr 2023 noch eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen, ist nun aber nur noch von einem offenen Brief mit einer Rücktrittsforderung die Rede.

Wer bildet die Oppositionsgruppe auf Schalke?

Vor allem Personen, die das „alte“ Schalke repräsentieren – genannt wurden im Bild-Artikel Ex-Mannschaftsarzt und -Aufsichtsrat Dr. Armin Langhorst, Eurofighter Ingo Anderbrügge, der ehemalige DFB-Generalsekretär Helmut Sandrock und Ex-Trainer Peter Neururer. Auch Vertreter großer Sponsoren wie Veltins, Hagedorn, Stölting, HRS und Böklunder sollen sich eingeschaltet haben – viele davon sind seit Tönnies-Zeiten dabei.

Clemens Tönnies blickt bei einer Pressekonferenz in die Runde. Seine Zeit auf Schalke endete 2020. Nun schwebt sein Name wieder über der Veltins Arena.
Clemens Tönnies blickt bei einer Pressekonferenz in die Runde. Seine Zeit auf Schalke endete 2020. Nun schwebt sein Name wieder über der Veltins Arena. © dpa | Ina Fassbender

Wie ist Clemens Tönnies beteiligt?

Tönnies ist über alle Vorgänge informiert, nimmt es hin, dass sein Name in den Schlagzeilen als Zugpferd steht, hat aber noch keine aktive Rolle. Den Brief hat er zum Beispiel nicht formuliert. Im Fußballgeschäft ist er immer noch blendend vernetzt, beobachtet die Entwicklungen auf Schalke mit Sorge. Dass sich Tönnies und Hefer nicht mögen, ist seit Jahren bekannt. Dennoch saßen sie an einem Tisch, als sich der neue Vorstandsvorsitzende Matthias Tillmann den wichtigsten Sponsoren vorstellte.

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Wie lauten die Kritikpunkte?

Beinahe jede Entscheidung der aktuellen Klubführung wird kritisiert – angefangen bei der Personalauswahl für Tillmann, dessen Vorgänger Dr. Bernd Schröder und Ex-Sportdirektor André Hechelmann bis zur mangelhaften Sponsorensuche, fehlender Erfahrung im Fußballgeschäft, kaum vorhandener Kommunikation auf Augenhöhe und zu großer Nähe zu den Ultras Gelsenkirchen. Einen Verkauf der Marketing- und Cateringrechte, den Schalke aktuell diskutiert, lehnen die Hefer-Gegner ab.

Was hat die Rangnick-Gruppe damit zu tun?

In Teilen sind Personen identisch – Langhorst, Sandrock und Anderbrügge gehörten auch der Gruppe „Tradition und Zukunft“ an, die im März 2021 Ralf Rangnick zum neuen starken Mann machen wollte, und die Vorgespräche nicht mit dem Klub abgesprochen hatte. Die damaligen Sprecher der Gruppe gehören nicht zur Opposition – Einigkeit gibt es bei den Gegnern der Klubführung nicht.

Welche Rolle spielt Uli Paetzel?

Einer dieser Sprecher ist Dr. Uli Paetzel, der Vorstandsvorsitzende der Emschergenossenschaft, der 2021 nicht zur Aufsichtsrats-Wahl zugelassen wurde, obwohl er damals sogar als Kandidat für den Vorsitz galt. Paetzel distanziert sich und sagt dieser Zeitung: „Eine organisierte Oppositionsgruppe ist mir nicht bekannt, folglich kann ich auch kein Teil sein.“ Der 52-Jährige steht der aktuellen Klubführung ebenfalls kritisch gegenüber, äußert sich häufig über die sozialen Netzwerke. Er deutete via X (früher Twitter) auch an, vor einer erneuten Kandidatur gewarnt worden zu sein. „Natürlich wurde und werde ich von vielen Seiten - mit unterschiedlichen Meinungen und Positionen - angesprochen, das kann man in den sozialen Medien nachlesen; ich versuche, die konstruktiven Hinweise aufzugreifen“, sagte er dazu. Ob er sich 2024 erneut um ein Mandat bewirbt (im Oktober sind zwei Plätze zu vergeben), verriet er nicht: „Aus meiner letzten Bewerbung habe ich gelernt - und werde mich zu einer eventuellen Kandidatur öffentlich nicht äußern.“

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Welche Möglichkeiten hat eine Opposition?

Keine. Die Hürden, um eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, sind hoch. Zehn Prozent der stimmberechtigten Mitglieder müssten sie schriftlich fordern – und dort wäre eine Abwahl des Aufsichtsrats nicht einmal möglich. Axel Hefers Amtszeit gilt noch bis Oktober 2026. Er könnte nur von selbst aus dem Amt scheiden, indem er zurücktritt. Das ist nicht in Sicht.

Was muss der Schalke-Aufsichtsrat fürchten?

Nicht den offenen Brief, den würden Hefer und seine Mitstreiter lesen – nicht mehr, nicht weniger. Wenn allerdings die millionenschweren Sponsoren ernst machen und ihre Verträge mit Hinweis auf Differenzen mit der Klubführung nicht verlängern, wäre das für den Verein ein schwerer Schlag – und Hefer käme in Erklärungsnot. Deshalb kann er dieses Säbelrasseln nicht müde weglächeln.

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