Hamburg. Beim FC Schalke 04 scheppert es auf allen Ebenen: Es fehlt ein CEO, wichtige Verträge enden. Und nun gibt es einen Teamkrach. Ein Kommentar.
So schön hatte sich das die Vereinsführung des FC Schalke 04 ausgemalt: Im Schatten des sportlichen Erfolges - der Wiederaufstieg in die Bundesliga schien in der Sommerpause nur eine Frage der Zeit zu sein, diesen Eindruck vermittelten jedenfalls alle in Königsblau - sollten die zahlreichen offenen Fragen außerhalb des Rasens geklärt werden. Nun sind aber sieben Spieltage vorbei, nichts ist geklärt, und zwei Monate nach dem Saisonstart scheppert es bei den Königsblauen auf allen Ebenen.
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Es geht los beim Aufsichtsrat. Dessen Vorsitzender Axel Hefer hat sich in seiner Amtszeit stets zurückgehalten und darauf verwiesen, dass die Bestellung von Vorständen und deren Kontrolle die Hauptaufgabe des Gremiums sei - und nicht die Öffentlichkeitsarbeit. Doch nun sucht Hefer seit rund zwei Monaten einen Vorstandsvorsitzenden. Vergeblich. Naheliegende Lösungen bevorzugt er offenbar nicht. Er lässt sich Zeit, nachdem er schon mit seinem ersten CEO Bernd Schröder kräftig daneben gelegen hatte.
Der Vertrag von Sportvorstand Peter Knäbel endet im Juni 2024, eine Verlängerung erscheint aktuell unwahrscheinlich. Gleich zwei Vorstandsposten sind deshalb möglicherweise neu zu besetzen. Warum das zum Beispiel wichtig ist: Es gibt aktuell keinen Verantwortlichen für die Suche nach einem neuen Trikotsponsor. Berater, Profis und andere Vereine würden zudem gern wissen, mit wem sie ab Juli 2024 zusammenarbeiten.
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Die Ungewissheit schwächt Knäbels Position. Er hat einen Aufstieg organisiert, aber auch einen Abstieg zu verantworten. Knäbel hat zudem André Hechelmann vom Chefscout zum Sportdirektor befördert - noch fremdelt Hechelmann vor den Kameras ein wenig mit seiner Rolle. Das ist gar nicht schlimm, aber der von ihm zusammengestellte Kader ist aktuell nicht aufstiegsreif. Einen Nachfolger als Chefscout hat er noch nicht gefunden, noch so eine offene Position. Hechelmann hat den beruflichen Aufstieg aktuell nicht zur Zufriedenheit aller bewerkstelligt, Trainer Thomas Reis zum Beispiel hatte sich andere Spieler gewünscht.
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Und zu allem Überfluss gibt es einen erheblichen Konflikt zwischen Reis und den erfahrenen Spielern im Kader. Torwart Ralf Fährmann hat sich von der vor vier Wochen geäußerten Kritik seines Beraters Stefan Backs immer noch nicht distanziert. Nach dem 1:3 beim FC St. Pauli legte Timo Baumgartl nach, kritisierte ungewöhnlich offen Reis' Strategie als "risikobehaftet". Gerade die Routiniers telefonieren auch außerhalb des Trainings und der Spiele viel miteinander, diskutieren über die Taktik, die Trainingssteuerung und die Videoanalysen. Persönlich ist das Verhältnis von Reis zu den Spielern okay, diese haben ein planbares, angenehmes Profileben auf Schalke. Sportlich aber ist der Riss kaum noch zu kitten. Keine Widerworte würde er in der Kabine hören, sagt Reis stets. Baumgartl gab diese Widerworte aber öffentlich.
Doch wer entscheidet jetzt über die Konsequenzen - zum Beispiel eine Geldstrafe oder Suspendierung von Baumgartl oder einen Rauswurf von Reis? Knäbel ist der Verantwortliche und muss es inmitten seiner Vertragsgespräche mit dem Aufsichtsrat moderieren. Für Hechelmann ist es nach wenigen Monaten im Amt seine erste große Prüfung, gleich eine schwierige. Mit einem Trainerwechsel oder Spielerrauswurf wollte er seine Amtszeit nicht beginnen. Der Aufsichtsrat hält sich heraus und verweist auf die sportliche Leitung.
Schalker haben sich in eine schwierige Lage manövriert
Doch wie sollten Knäbel und Hechelmann entscheiden? Baumgartl ist ein erfahrener Profi, der genau weiß, welche Reaktionen Interviews auslösen können. Schmeißen ihn die Schalker raus, und wenn es nur für ein Spiel ist, oder verpassen ihm eine hohe Geldstrafe, sind die älteren Profis noch viel unzufriedener. Und auch die Fans, viele gaben Baumgartl Recht. Sagen die Bosse nichts und vermitteln lediglich eine Alle-haben-sich-lieb-Aussprache, könnte Reis' Autorität leiden - und auch die von Knäbel im Umfeld. Die Fans wünschen sich klare Worte und Konsequenzen. Krempelt Reis seine Spielstrategie auf Wunsch der Mannschaft komplett um, würde er Größe zeigen, aber auch an Macht verlieren. Klar ist: Anpassen muss Reis einiges, nach sieben Spielen hat Schalke 15 Gegentore kassiert und es hätten noch mehr sein können. Warum versucht er es zum Beispiel nicht mit einer Dreierkette? Das passende Personal hat er im Kader.
Die Schalker haben sich in eine schwierige Lage hinein manövriert. Der direkte Wiederaufstieg jedenfalls ist aktuell sehr weit weg.