Gelsenkirchen. Der hohe Aufwand, den die Revier-Nachbarn S04 und VfL im Nachwuchssektor betreiben, brachte bisher hohen Ertrag. Eine Übersicht.
Am Mittwoch (18.30 Uhr) treffen die U19-Mannschaften von Schalke 04 und dem VfL Bochum in der A-Junioren-Bundesliga aufeinander. Bei beiden Klubs geht es nicht nur um Punkte, sondern in erster Linie um Fördern sowie Ausbilden. Die Stars von übermorgen werden sowohl in der Knappenschmiede als auch im Talentwerk geformt.
Die Zeit der großen Transfers ist beim ehemaligen Champions League-Teilnehmer Schalke 04 nach dem vorletzten Absturz aus der Fußball Bundesliga vorbei. Der Pott-Klub muss sparen – und immer mehr auf das eigene Nachwuchs-Reservoir setzen. Ein Blick auf die mit Eigengewächsen erzielten Transfererlöse aus den letzten zehn Jahren fördert erstaunliche Summen ans Tageslicht. Schalke 04 hat mit Spielern, die in der hoch angesehenen Knappenschmiede ausgebildet wurden, insgesamt 181,5 Millionen Euro an Ablösesummen eingenommen.
Beim VfL Bochum ist die Summe deutlich geringer. Die erzielten rund 23,5 Millionen Euro Ablösesumme sind allerdings ebenfalls ein Beleg für die fundierte Jugendförderung an der Hiltroper Straße.
Schalker Ablöse-Spitzenreiter ist Offensivmann Leroy Sané, der im August 2016 für über 52 Millionen Euro (inklusive Bonuszahlungen) zum englischen Top-Team Manchester City wechselte. Sané spielte als Talent von 2005 bis 2008 in der Knappenschmiede, wechselte zwischenzeitlich in den Nachwuchssektor von Bayer 04 Leverkusen und kehrte 2011 nach Schalke zurück.
Im April 2014 feierte Sané seinen Bundesliga-Einstand bei den Königsblauen. Zwei Spielzeiten später spülte er eine Rekord-Ablöse in die Klubkasse. „Uns allen blutet ein wenig das Herz“, meinte Schalkes Ex-Manager Christian Heidel nach dem Sané-Abgang Richtung England. Das war allerdings nur die halbe Wahrheit: Ohne die Sané-Kohle hätte Heidel 2016 gar nicht auf große Einkaufstour gehen und vermeintliche Hochkaräter wie Nabil Bentaleb (kam für 19 Millionen Euro aus Tottenham) präsentieren können.
Max Meyer verließ Schalke ablösefrei
Trotz der üppigen Transfereinnahmen, die Schalke 04 für ehemalige Knappenschmiede-Spieler in den Jahren 2013 bis 2023 einstrich, gingen nicht alle Rechnungen auf. Der ablösefreie Wechsel von Eigengewächs Max Meyer sorgte 2018 für große Enttäuschung im königsblauen Fan-Lager. Schalke hatte Meyer einen Vier-Jahres-Vertrag mit 5,5 Millionen Euro Jahressalär angeboten. Der Mittelfeldspieler fühlte sich von Schalke nicht genug wertgeschätzt und lehnte das Angebot ab. Meyer ging ablösefrei zu Crystal Palace nach London. Auch die ehemaligen S04-Talente Joel Matip (wechselte 2016 zum FC Liverpool) und Sead Kolasinac (ging 2017 zum FC Arsenal) verließen Schalke ohne Ablösesumme.
Beim VfL Bochum ist Verteidiger Armel Bella Kotchap Ablösesummen-Spitzenreiter nicht nur der letzten zehn Jahre, sondern der gesamten Vereinsgeschichte. Im Sommer 2022 wechselte Bella Kotchap für rund zwölf Millionen Euro zum Premier League-Klub FC Southampton. Bochums damaliger Geschäftsführer Sport Sebastian Schindzielorz stellte nach dem Transfer-Coup fest: „Bella Kotchap hat beim VfL Bochum eine steile Entwicklungskurve genommen. Er ist bei uns zum U21-Nationalspieler geworden, auch das ist eine Auszeichnung für unsere hervorragende Nachwuchsarbeit und kennzeichnet unsere Durchlässigkeit zu den Profis.“
Mit dem Transfer sei der VfL vor über einem Jahr in noch nie dagewesene Dimensionen vorgestoßen. Im direkten Ablösesummen-Vergleich hatte der VfL im Sommer 2022 gegenüber Schalke sogar knapp die Nase vorne, zumal auch noch rund 3,5 Millionen Euro für den nach Mainz abgegebenen Maxim Leitsch sprudelten. Die Königsblauen strichen für den Verkauf von Abwehrspieler Malick Thiaw „nur“ 8,6 Millionen Euro vom italienischen Spitzenverein AC Mailand und 250.000 Euro für den zu Kiel gewechselten Abräumer Timo Becker ein.
Die Schalker Transfererlöse von 2013 bis 2023 in der Übersicht:
2023: Can Bozdogan (FC Utrecht/1 Mio), Florian Flick (1. FC Nürnberg/450.000), Kerim Çalhanoğlu (Greuther Fürth/150.000)
2022: Malick Thiaw (AC Mailand/8,6 Mio), Timo Becker (Holstein Kiel/250.000 – spielte nach der Schalker U16 zwischenzeitlich bei RW Essen, spielte dann wieder in der U23 und bei den Profis für Schalke).
2021: Weston McKennie (Juventus Turin/20,5 Mio), Matthew Hoppe (RCD Mallorca/3,5 Mio), Ahmed Kutucu (Basaksehir FK/500.000)
2019: Fabian Reese (Holstein Kiel/100.000)
2018: Thilo Kehrer (Paris St. Germain/37 Mio), Benedikt Höwedes (Lok Moskau/5 Mio)
2017: Felix Platte (SV Darmstadt/800.000).2016: Leroy Sané (Manchester City/52 Mio), Marvin Friedrich (FC Augsburg/1 Mio), Kaan Ayhan (Fortuna Düsseldorf/500.000)
2015: Julian Draxler (VfL Wolfsburg/43 Mio), Marcel Sobottka (Fortuna Düsseldorf/200.000), Maurice Multhaup (FC Ingolstadt/500.000)
2014: Philipp Hofmann (1. FC Kaiserslautern/1 Mio), Lars Unnerstall (Fortuna Düsseldorf/200.000), Philipp Max (Karlsruher SC/750.000)
Ablösefreie Wechsel ehemaliger Jugendspieler: Max Meyer (2018/Crystal Palace), Joel Matip (2016/FC Liverpool), Sead Kolasinac (2017/FC Arsenal).
Gesamte Eigengwächs-Transfereinnahmen: 181.5 Mio.
Die Bochumer Transfererlöse von 2013 bis 2023 in der Übersicht:
2022: Armel Bella Kotchap (FC Southampton/12 Mio), Maxim Leitsch (Mainz/3,5 Mio), Tjark Ernst (Hertha BSC/300.000)
2020: Stelios Kokovas (MFK Kavrina/Ablösesumme unbekannt)
2019: Vangelis Pavlidis (Willem II Tilburg/250.000)
2018: Niclas Thiede (SC Freiburg II/200.000)
2016: Onur Bulut (SC Freiburg/1,2 Mio)
2015: Fabian Holthaus (Fortuna Düsseldorf/100.000), Gino Fechner (RB Leipzig U19/100.000)
2014: Lukas Klostermann (RB Leipzig/1 Mio)
2013: Leon Goretzka (Schalke 04/5 Mio)
Ablösefreie Wechsel ehemaliger Jugendspieler u.a.: Daniel Heuer Fernandes (2013/VfL Osnabrück – war zwischendurch eine Saison bei der U19 des BVB), Atakan Karazor (2015/Borussia Dortmund II, heute VfB Stuttgart).
Gesamte Eigengewächs-Transfereinnahmen: ca. 23,65 Mio.