Gelsenkirchen. Nach dem Absturz rechnet Schalkes Ex-Kapitän nicht mit einem Husarenritt zum Wiederaufstieg. Auf mehreren Positionen sieht er Handlungsbedarf.

„Ich gehe nicht davon aus, dass eine Mannschaft mit 15 Punkten Vorsprung Zweitliga-Meister wird. Diesen Alleingang gab es im letzten Schalker Zweitligajahr nicht - und den wird es in der Saison 2023/2024 auch nicht geben“, legt sich der 60-Jährige fest.

Dietmar Schacht, der die Königsblauen als Leitwolf 1991 zurück in die Bundesliga führte und anschließend zusammen mit seinen Teamkollegen von tausenden euphorisierten Fans im Parkstadion gefeiert wurde, rechnet mit einem großen Gerangel, was die ersten Plätze angeht. „Hertha BSC wird nach dem Abstieg ein großer Konkurrent für Schalke 04. Berlin ist der Verein aus der Hauptstadt, da wird man automatisch alle Hebel in Bewegung setzen, um sich so schnell wie möglich in der obersten Spielklasse zurückzumelden.“

Schalkes Konkurrenz: Hertha, HSV, Fortuna, St. Pauli

Schacht schiebt nach: „Dazu will der Hamburger SV nach dem Scheitern in der Relegation gegen den VfB Stuttgart offenbar den Etat für die neue Saison erhöhen und noch einmal angreifen. Auch Fortuna Düsseldorf muss man auf dem Zettel haben, dazu wird der FC St. Pauli vorne mitmischen. Mit Wehen-Wiesbaden und der SV Elversberg sind zwei eher kleinere Mannschaften in die 2. Liga aufgestiegen. Aber trotzdem gehe ich davon aus, dass es ein ganz hartes Jahr für Schalke wird.“

Dietmar Schacht trainierte bis zum Saisonende noch den Bezirksligisten GSG Duisburg. Als Klub-Repräsentant nimmt er viele Termine um Schalke 04 wahr.  Foto: Tanja Pickartz / FUNKE Foto Services
Dietmar Schacht trainierte bis zum Saisonende noch den Bezirksligisten GSG Duisburg. Als Klub-Repräsentant nimmt er viele Termine um Schalke 04 wahr. Foto: Tanja Pickartz / FUNKE Foto Services © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Der ehemalige Bundesligaprofi und Derbyheld hat im Hinblick auf die erneute Zweitliga-Spielzeit „kein schlechtes Gefühl“, sagt aber im gleichen Atemzug: „Euphorisch bin ich aber auch nicht, eher realistisch. Der neue Sportdirektor André Hechelmann ist jetzt mit Sportvorstand Peter Knäbel und Trainer Thomas Reis gefordert, eine neue, schlagkräftige Mannschaft zusammenzustellen.“

„Hinten muss noch etwas hinzukommen“

Bedarf sieht „Didi“ Schacht in mehreren Bereichen. In der Innenverteidigung haben mit Marcin Kaminski und Publikumsliebling Henning Matriciani zwei Akteure ihre Arbeitspapiere verlängert. „Da muss sicherlich noch etwas hinzukommen. Dass Kaminski bleibt, finde ich gut. Das ist ein zuverlässiger Abwehrspieler. Henning Matriciani hat in der Bundesliga auch auf der Außenbahn gespielt, da fand ich ihn nicht besonders gut aufgehoben. Wenn er seine Basics macht, ist es für Schalke wegen seiner hohen Einsatzbereitschaft ein guter Spieler. Wichtig finde ich, dass beide Außenbahnen gut besetzt sind. Die linke Seite hat in der Bundesliga überhaupt nicht funktioniert. Thomas Ouwejan, der alleine wegen seiner Standardsituationen ein wertvoller Spieler ist, war lange verletzt. Du brauchst auch in der 2. Liga eine stabile Defensive und schnelle Leute. Schnelligkeit ist heute das A und O im Fußball.“

Wichtige Identikationsfigur: Schalkes Torwart Ralf Fährmann.
Wichtige Identikationsfigur: Schalkes Torwart Ralf Fährmann. © AFP | Ina Fassbender

Schalke im Torwart-Sektor gut aufgestellt

Auf der Torwart-Position sieht der ehemalige Wuppertaler den Traditionsklub gut aufgestellt. „Ralf Fährmann ist eine absolute Identifikationsfigur, der kennt Schalke in- und auswendig und hat seine Leistung in der Bundesliga gebracht. Im Tor brauchst du jemanden, der dir zehn Punkte pro Saison rettet. Alexander Schwolow hat uns in der letzten Serie zehn Zähler gekostet. Mit Ralf Fährmann, Michael Langer, der seinen Vertrag gerade verlängert hat, und Justin Heekeren sind wir im Torhüter-Bereich gut besetzt. Heekeren wird nach seinem Kreuzbandriss bald wieder komplett fit sein. Ihm wird großes Potenzial nachgesagt“, analysiert der Schalker Klub-Repräsentant.

Schalke: Spieler mit Führungsqualitäten

Bei den Leuten, die das neue Schalker Team anführen, fällt Dietmar Schacht neben Ralf Fährmann auch Torjäger Simon Terodde ein. „Das sind Leute, die mitziehen können und die bei den Fans hervorragend ankommen. Wenn Marius Bülter nach seiner guten Saison mit elf Toren bleiben sollte, wäre er auch ein Typ, der vorangeht.“

Wichtig für Schalke: Simon Terodde Foto: David Inderlied/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Wichtig für Schalke: Simon Terodde Foto: David Inderlied/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ © dpa | David Inderlied

In der Offensive wird Thomas Reis auch in der neuen Saison die Frage beantworten müssen, ob eine Variante mit Simon Terodde und Sebastian Polter im Schalker Angriff Sinn macht. „Didi“ Schacht hat die Antwort für sich schon parat: „Auf jeden Fall.“

Schacht: „So einen Spieler brauchen wir“

Die Erklärung liefert der Ex-Profi gleich nach: „Damit hätte Schalke zwei kopfballstarke Zielspieler. Das macht durchaus Sinn, sofern sie das nötige Futter von rechts und von links bekommen. Da muss man natürlich auf den Außenbahnen entsprechende Leute haben. Sowohl Terodde als auch Polter können ihre Stärken einbringen, wenn Schalke offensiv agiert. Und das musst du in der 2. Liga zwangsläufig machen. Dass Simon seinen Vertrag nach dem Abstieg verlängert hat, finde ich toll. So einen Spieler brauchen wir hier.“

Was dem früheren S04-Kapitän ebenfalls positiv auffällt: Die Stimmung im Lager der Königsblauen ist anders als vor zwei Jahren. „Wenn ich mit Leuten oder Fan-Clubs spreche, ist der Tenor meistens: Schalke hat gekämpft und alles probiert. Da ist niemand richtig sauer auf die Spieler. Das Team muss diese Grundstimmung der Fans und das Vertrauen in Trainer Reis vom ersten Spiel an bestätigen.“