Gelsenkirchen. Thomas Kruse ist in den 80ern mit Schalke dreimal ab- und zweimal aufgestiegen. Er erinnert sich - und erklärt, was für S04 entscheidend wird.
Thomas Kruse erlebte Anfang der 80er mit Schalke eine wilde Achterbahnfahrt: Er stieg ab, wieder auf, noch einmal ab und abermals auf – eine Blaupause für S04 heute.
Wie sich der Fall in die Zweitklassigkeit anfühlt? „Du bist maßlos enttäuscht, keine Frage“, erinnert sich Thomas Kruse. „Bei uns war es nach den Abstiegen 1981 und 1983 im Prinzip genauso wie am vergangenen Wochenende: Nach Saisonende kommst du als Mannschaft noch mal kurz zusammen und verabschiedest dich von den Kollegen – auch damals verließen ja viele Spieler den Verein, bei anderen wusste man noch nicht, ob man sie nach der Sommerpause wiedersehen würde. Manche wurden später noch mal aus dem Urlaub zurückbeordert, um ihre vertragliche Situation und einen möglichen Verbleib oder Vereinswechsel zu besprechen.“
So ein Abstieg bringe immer auch ein Stückchen Ungewissheit mit sich, erklärt der mittlerweile 63-Jährige, der noch heute für die königsblaue Traditions-Elf am Ball ist.
Schalke 1981: Die gestandenen Spieler waren gleich nach dem Abstieg weg
Thomas Kruse, beim ersten Schalker Abstieg 1981 gerade 20 Jahre jung, hatte damals kaum jemanden in der Mannschaft, mit dem er seine Gefühlslage besprechen konnte: „Mentaltrainer gab’s damals noch nicht. Und die meisten gestandenen Spieler wie Klaus Fischer waren gleich nach dem Abstieg weg. Wirklich anvertrauen konnte ich mich nur meinen Freunden und der Familie.“
Kruse, der bereits als 15-Jähriger vom kleinen SC Recklinghausen in die Schalker Jugend gewechselt war, wandelte Sorgen und Ängste einfach in Antriebsenergie um: „Du musst den Schock des Abstiegs schnellstmöglich abschütteln“, rät der gelernte Rechtsverteidiger auch den heutigen S04-Profis, „denn du hast ja ein klares Ziel vor Augen: die sofortige Rückkehr in die 1. Liga.“
Thomas Kruse kehrte zwei mit Schalke direkt in die erste Liga zurück
Dieses Kunststück schaffte der Blondschopf mit den Knappen gleich zweimal: 1982 und 1984. Ein Patentrezept habe er nicht parat, gesteht Kruse, aber: Neben fußballerischer Qualität und Spielern, die ein gewisses Tempo mitbringen, seien gerade in der 2. Liga eine gewisse Erfahrung und Abgezocktheit sehr wichtig, wenn man oben mitspielen wolle. „Du musst einem gewissen Druck standhalten und am besten von Anfang bis Ende konstant punkten.“
Zur Zweitliga-Saison 1981/82 hatte Königsblau den bereits 30-jährigen Stürmer Norbert Janzon vom FC Bayern verpflichtet, der zum Führungsspieler und mit 13 Ligatreffern auch zum Torgaranten avancierte. 1983/84 waren es der 26-jährige Neuzugang Klaus Täuber (von den Stuttgarter Kickers) und der 30-jährige Jochen Abel, die S04 mit 19 bzw. 14 Treffern maßgeblich zurück in die 1. Liga schossen.
„Solche verlässlichen Leute brauchst du auch in der kommenden Saison“, erklärt Kruse, der bereits ein gewisses Gerüst im aktuellen Kader erkennt: „Hinten hat Schalke mit Fährmann und Kaminski zwei absolute Routiniers, im Mittelfeld Drexler und Latza, und vorne könnte man beispielsweise einen Dreier-Sturm Karaman-Polter-Bülter aufbieten, falls Bülter bleibt. Das könnte sich schon mal sehen lassen.“
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Dennoch müsse Schalke angesichts einer zweistelligen Zahl von feststehenden oder bevorstehenden Abgängen den Kader weiter verstärken und aufstocken, betont Kruse: „In diesem Zusammenhang ist es sehr wichtig, dass man mit André Hechelmann frühzeitig Klarheit auf der Sportdirektor-Position geschaffen hat. Sein Plus: Er kennt Klub und Kader bereits seit zwei Jahren und kann gleich loslegen, so verliert Schalke keine zusätzliche Zeit, nachdem man lange gar nicht wusste, in welcher Liga man kommende Saison spielen würde.“
Viele Fehleinschätzungen dürfe der Verein sich im Transfersommer nicht leisten, mahnt Kruse, der in punkto Personalplanung auch auf Cheftrainer Thomas Reis hofft: „Er hat sich ein gewisses Standing erarbeitet und wird bei Verpflichtungen sicher ein gewichtiges Wörtchen mitsprechen.“
Den Rest müssten dann die Spieler auf dem Rasen erledigen, weiß Kruse aus eigener Erfahrung. „Wobei es nach einem so großen Umbruch im Kader immer zu gewissen Anlaufproblemen kommen kann, so war es auch in der Aufstiegs-Saison 1981/82 bei uns. Wichtig wird sein, dass Schalke in der Winterpause zumindest in Reichweite der Aufstiegsränge platziert ist, dann bin ich zuversichtlich, dass die direkte Bundesliga-Rückkehr gelingt.“
Übrigens: Thomas Kruse stieg 1988 noch ein drittes Mal mit Königsblau ab. Doch bei der abermaligen „Mission Rückkehr“, die erst 1991 abgeschlossen sein sollte, war er nicht mehr an Bord. Zur Saison 1988/89 wechselte der Rechtsfuß, damals 28, zum drittklassigen FC Remscheid. Er sollte nie wieder ein Profi-Spiel bestreiten. „Aber Schalker bin ich bis heute“, betont Kruse, „und ich hoffe von ganzem Herzen, dass der Verein in der kommenden Saison einmal mehr zurückkommt.“