Gelsenkirchen. Bodo Menze baute die Jugendabteilung des FC Schalke 04 zur legendären “Knappenschmiede“ aus. Nun feiert er seinen 70. Geburtstag.

Wer an diesem Donnerstag Bodo Menze zum 70. Geburtstag gratulieren möchte, wird kein Glück haben. Sein Handy, sagte er dieser Zeitung, würde er ausschalten, sich zurückziehen. Den Tag verbringt er mit seinen Kindern und den kleinen Enkelsöhnen (zwei und vier Jahre alt). Anrufe aber würde er genug bekommen - in seinem Leben, das ganz eng mit Gelsenkirchen-Schalke und dem FC Schalke 04 verknüpft ist, hat er viele Menschen kennengelernt. Und wurde von keinem vergessen.

Am 30. Juni 2019 wird Bodo Menze (l.) vom damaligen Schalker Aufsichtsrats-Vorsitzenden Clemens Tönnies verabschiedet.
Am 30. Juni 2019 wird Bodo Menze (l.) vom damaligen Schalker Aufsichtsrats-Vorsitzenden Clemens Tönnies verabschiedet. © firo

"Was ich mir wünsche? Gesundheit für mich und meine Familie, eine angenehme dritte Lebenshalbzeit - und sportlich in erster Linie, dass wir nicht absteigen", sagt er vor dem Ehrentag. Schalke 04 ist für wenige so sehr "wir" wie für ihn. 48 Jahre lang lebte er auf der Schalker Meile in der Nähe der Glückauf-Kampfbahn. 1964, mit 11, trat er dem Klub bei, durchlief sämtliche Jugendmannschaften. Nach dem Lehramts-Studium, der Fußballlehrer-Ausbildung und einem Trainerjob beim Fußballverband Niederrhein - was er als die erste Halbzeit seines Lebens bezeichnet, in der "es ums Lernen ging, darum, über den Tellerrand zu schauen, Sprachen zu lernen" - kehrte er 1991 zu Schalke zurück. Da war Günter Eichberg noch Präsident. Und er blieb bis zum Eintritt in den Ruhestand.

Menze: Genaue Erinnerungen an erstes Schalke-Jahr 1991

Schalke wurde dann zu seiner zweiten Lebenshalbzeit, und an die Verhältnisse bei seinem Amtsantritt erinnert er sich noch genau. "Es gab das zugige Parkstadion, einen schlechten Rasenplatz für die Profis - mit Aschelaufbahn, aber ohne Flutlicht. Dazu einen Ascheplatz für die Jugend mit einem Meter Gefälle. Der Geröllparkplatz war im Winter von Pfützen übersät. Die Eltern konnten sich nur an einem Kaffeeautomaten aufwärmen", erzählt er. Eine Geschäftsstelle gab es nicht, keine Zusammenarbeit mit einer Schule, und der Begriff "Knappenschmiede" existierte nicht einmal auf dem Papier.

Nun ist das alles anders, es gibt die Arena, das renovierte Parkstadion als Spielstätte für U23 und U19 - plus sieben Trainingsplätze und eine sehr gute Infrastruktur. Menze hat die Entwicklung eng beobachtet und an vielen Jugend-Konzepten mitgeschrieben. "Ich bin glücklich über die Entwicklung, von Stolz will ich nicht reden, weil ich nicht aktiv in alle Entscheidungsprozesse eingebunden war", sagte er. Das ist etwas Understatement.

Kennen sich lange: Bodo Menze (r.) und Schalke-Torwart Ralf Fährmann - hier im Jahr 2015.
Kennen sich lange: Bodo Menze (r.) und Schalke-Torwart Ralf Fährmann - hier im Jahr 2015. © Joachim Kleine-Büning / FUNKE Foto Services

Begonnen beim Wort "Knappenschmiede" - das 2012 aus den Knappenkids-Camps hervorging, die Menze von 1996 bis 2009 in Duisburg, Sylt und einmal in Dubai hatte durchführen lassen. Menze war es, der gemeinsam mit Rudi Assauer Norbert Elgert 1996 zum U19-Trainer machte, als diese noch A-Jugend genannt wurde. Er half maßgeblich dabei, dass die Gesamtschule Berger Feld 2007 zur ersten Fußball-Eliteschule in Nordrhein-Westfalen wurde. Er feierte Meistertitel und Pokalsiege - und er kannte alle späteren Stars.

Menze pflegt noch einen guten Kontakt zu Manuel Neuer

Zu einigen pflegt er noch guten Kontakt, zum Beispiel DFB-Kapitän Manuel Neuer. "Er war 20 Jahre lang an meiner Seite - 1991, als ich kam, war er schon da. Und er blieb dann bis 2011. Er hat sich am Besten von allen entwickelt." Ihn habe er ins Herz geschlossen, genau wie den aktuellen Stammtorwart Ralf Fährmann, "der 2003 als 15-Jähriger aus Chemnitz zu uns kam." Als Schalke 2005 Mesut Özil, einen weiteren Weltmeister, von Rot-Weiss Essen holte, übernahm Menze die letzte Sichtung. "RWE spielte gegen RWO auf roter Asche, es war aber eher Schlamm nach einem regenreichen Tag. Mesut war aber so auffällig, das war für mich die letzte Bestätigung." Bei einigen sei eine Profikarriere schon früh vorhersehbar gewesen - beispielhaft nennt er Benedikt Höwedes und Julian Draxler.

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Am 31. Dezember 2013 nahm Menze dann Abschied von der Knappenschmiede, verbrachte die Zeit bis zum Eintritt in den Ruhestand im Juli 2019 als Verantwortlicher für den Bereich "Internationale Beziehungen und Verbände". Er war zum Beispiel hinter Edwin van der Sar, dem legendären niederländischen Torhüter, Vize-Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Nachwuchsleistungsförderung in der European Club Association (ECA) und Kontaktmann von Schalke zur Uefa - in den Europapokal-Jahren eine wichtige Funktion. Spaß machte ihm das, er spricht nicht nur fließend Englisch, sondern durch das Studium und einem Berufsjahr als Sprachlehrer auf der französischen Seite des Genfer Sees in Thonon-les-Bains und Evian-les-Bains war sein Interesse an Sprachen, an Reisen immer vorhanden. "Als Ruhri kommt man sowieso überall in der Welt klar", sagte er.

Und auch nach Eintritt in den Ruhestand blieb er Schalke treu. Er besucht alle Heimspiele der Profis, auch wenn er inzwischen in Gladbeck-Ost wohnt ("Stadtgrenze zu Gelsenkirchen-Buer", wie er betont). Er ist Pate des USA-Projekts "International Soccer Academy". Und bis vor kurzem leitete er alle Sprachkurse für die Profis, die nur die französische Sprache beherrschen; seit dem Abstieg in die Zweite Liga ehrenamtlich.

Menze: "70 Jahre - eine Hürde, die nicht wehtut"

Doch diesen Job will er künftig nur noch überwachen - Studenten werden ihn übernehmen. "Irgendwann muss man den Absprung finden", sagte er dieser Zeitung. "70 Jahre - das ist schon eine Hürde. Aber ich habe mir versichern lassen, dass diese Hürde nicht wehtut. Als Kind habe ich immer gedacht: Einer, der 70 ist, muss alt sein. So fühle ich mich aber nicht."

An der Knappenschmiede ist er "nicht mehr nah dran", er verfolgt die Ergebnisse aber genau. Profitrainer Thomas Reis überzeuge ihn "voll und ganz, weil er einen guten Zugriff auf die Profis zu haben scheint". Doch gelingt auch der Klassenerhalt? "Ich habe wegen des Restprogramms ein schlechtes Gefühl." Sein Fokus aber hat sich im Ruhestand verschoben - besonders gern redet er über die Enkelkinder. Und seinen Geburtstag verbringt er mit ihnen. Ganz in Ruhe.