Mannheim. Vor dem Duell seiner Ex-Klubs spricht Marco Höger über spannende S04-Erlebnisse: Nach einem Derbysieg stand ein Geschenk vor seiner Tür...
Schalke 04 besitzt für Marco Höger besonderen Stellenwert. Bei den Königsblauen machte der 33-Jährige, der jetzt bei Drittligist Waldhof Mannheim unter Vertrag steht, seine ersten Schritte in der Bundesliga. Nach fünf Jahren auf Schalke folgten fünf Jahre beim 1. FC Köln. Vor dem Duell zwischen den Königsblauen und den Domstädtern verrät der Allrounder, für wen sein Herz schlägt – und was er auf Schalke erlebte.
Herr Höger, die wichtigste Frage vorweg: Wie geht es Ihnen nach dem Kreuzbandriss?
Marco Höger: Mir geht es so weit ganz gut. Ein Kreuzbandriss ist immer eine langwierige Geschichte und eine zähe Angelegenheit, weil es eben Monate dauert, bis man wieder fit ist. In der Reha gibt es natürlich auch mal Rückschläge. Da sind Ups und Downs dabei. Da muss man mental stark sein und sich immer das Ziel vor Augen halten, irgendwann wieder auf dem Platz zu stehen. Zu meiner Zeit bei Schalke 04 habe ich mir schon einmal das Kreuzband gerissen. Da war ich fast auf den Tag genau nach sechs Monaten wieder fit.
Was hat für Sie den Ausschlag gegeben, zu Waldhof Mannheim in die 3. Liga zu wechseln?
Ich hätte nach meinem Vertragsende beim 1. FC Köln auch relativ viel im Ausland machen können, aber das kam für mich nicht in Frage. Ich habe mir Waldhof wegen der großen Tradition ausgesucht. Ich mag solche Vereine, bei denen etwas los ist. In Mannheim passt einfach alles. Fans, Vita, Tradition, Stadion. Dazu ist es von der Entfernung nicht ganz so weit nach Köln, wo meine Frau weiterhin wohnt. Mannheim ist auch eine ganz coole Stadt – nicht ganz so groß wie Köln, aber durchaus vergleichbar. Ich fühle mich hier rundum wohl.
Dann fehlt eigentlich nur noch die passende Liga für Waldhof, oder?
(lacht) Ja, es wird Zeit, dass Mannheim in die 2. Liga aufsteigt. Ehrlich gesagt finde ich es besser, wenn Vereine wie Waldhof, 1860 München, Duisburg oder Osnabrück in der 2. Liga spielen. Da steckt Tradition drin, da macht es Bock, Fußball zu spielen. Wir hatten gegen 1860 München 18.000 Zuschauer in Mannheim. Das ist schon richtig klasse und sicherlich mehr als 3. Liga.
Am Sonntag spielen Ihre beiden Ex-Klubs Schalke 04 und 1. FC Köln in der Bundesliga gegeneinander. Für welchen Verein schlägt Ihr Herz mehr?
Eigentlich ist es ausgeglichen. Bei beiden Vereinen hatte ich eine schöne Zeit, aber ich habe es sein Kindheitstagen eingehaucht bekommen, Köln-Fan zu sein. Meine ganze Familie ist kölsch.
Was verbinden Sie mit Schalke?
Bei Schalke hatte ich nach meinem Wechsel aus Aachen meine erste Bundesligastation. Ich habe dort in der Champions League und in der Europa League gespielt. Mein Herz hängt schon an den Königsblauen. Ich finde den Verein einfach geil.
War es für Sie als junger Spieler leicht, mit der enormen Wucht des Vereins umzugehen?
Grundsätzlich bin ich ein Typ, der es geil findet, wenn ein gewisser Druck herrscht. Man will das spüren, komplett im Fokus zu stehen. Das hast du in Deutschland vielleicht bei drei Vereinen in sehr extremer Form: Dortmund, Schalke, Hamburg. Als ich bei Schalke war, haben wir zu den Top-Fünf in der Bundesliga gehört. Ich kann mich noch erinnern: Wir waren Dritter, haben einmal auswärts verloren und zuhause nur Unentschieden gespielt – da war schon krisenähnliche Stimmung. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Wenn wir mit unserer top-besetzten Mannschaft damals Letzter gewesen wären, hätten wir vermutlich alle ins Zeugenschutz-Programm wechseln müssen (lacht).
Wie hat sich das für Sie angefühlt, als ganz junger Spieler mit einem Weltstar wie Raúl zu trainieren und zu spielen?
Das war unglaublich. Früher hatte ich ein Real Madrid-Trikot mit Raúl-Schriftzug hinten drauf. Und auf einmal spielt man mit ihm zusammen. Wir hatten auf Schalke neben Raúl noch etliche Stars: Klaas-Jan Huntelaar, Jefferson Farfan, Ibrahim Affelay, Michel Bastos. Leute wie Ciprian Marica oder Chinedu Obasi saßen da teils nur auf der Bank. Wenn man das heute einem kleinen Jungen erzählt, dann wird er das kaum glauben können. Aber jetzt sind die Zeiten auch anders, ganz klar.
Was waren Ihre sportlichen Highlights auf Schalke?
Das Champions League-Achtelfinale gegen Real Madrid im März 2015. Wir haben im Bernabeu-Stadion 4:3 gewonnen. Da hat ganz Deutschland drüber gesprochen. Real hatte zu dieser Zeit einen sportlichen Durchhänger, da haben uns selbst die Real-Fans nach dem Erfolg gefeiert. Auch das Achtelfinale 2013 auswärts gegen Galatasaray Istanbul war ganz besonders. Da sind die Fans noch mal emotionaler, noch fanatischer, als wir das hier kennen. Das war die krasseste Kulisse, die ich jemals erlebt habe. Das ist nochmal eine Stufe über den West-Derbys Dortmund-Schalke oder Köln-Mönchengladbach. Zu den Highlights zählt natürlich auch mein Derby-Tor gegen den BVB. Wir haben 2012 auswärts 2:1 gewonnen. Nach dem Spiel haben mir Schalke-Fans Weinkisten vor die Tür gestellt. Das war einfach unfassbar. Du machst ein Tor in einem Spiel, auf das ganz Deutschland schaut – und wirst dann auch noch beschenkt (lacht).
Schafft Schalke in dieser Saison den Klassenerhalt?
Ich drücke ihnen alle Daumen. Ich traue ihnen zu, dass sie drinbleiben, aber es wird sehr schwer. Wenn man sich die Frankfurt-Leistung anschaut: Da haben sie gut gespielt, aber 0:3 verloren. Das erinnert mich etwas an meine Abstiegssaison mit Köln. Da haben wir auch gute Spiele gezeigt, aber zu wenig gepunktet. Das ist dann irgendwann ein sehr schmaler Grat.
Wo schauen Sie sich das Spiel Schalke-Köln an?
Vielleicht bin ich sogar live vor Ort. Da wird richtig was los sein, die Fanlager mögen sich ja nicht so besonders. Bei Schalke kenne ich noch viele Leute. Mit Dominick Drexler bin ich noch relativ viel in Kontakt, mit Ralf Fährmann habe ich früher noch zusammengespielt. Zeugwart Enrico Heil war zu meiner Zeit auch schon da. Nur in der Chefetage hat sich mittlerweile auf Schalke alles verändert, aber das ist im Fußball mittlerweile keine Seltenheit. Der SC Freiburg ist da sicherlich die Ausnahme.